Bayern 2 - Gedanken zum Tag


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Georg Magirius Gedanken zur Passionszeit

Ich bin zu Fuß unterwegs, um dem nachzugehen, was ich vermisse.

Stand: 22.03.2024

Gedanken zur Passionszeit | Bild: BR

22 März

Freitag, 22. März 2024

Ich bin zu Fuß unterwegs, um dem nachzugehen, was ich vermisse. Der Fränkische Marienweg führt unweit von Würzburg durch einen ganz besonderen Kiefernwald. Nirgendwo sonst kommt die Schwarzkiefer in dieser Häufigkeit vor wie auf dem Volkenberg. Der Wald lässt mich Geborgenheit spüren, aber auch das Gefühl der Freiheit vermisse ich nicht. Denn die Stämme sind auffällig schlank, sehr elegant. Der Wald tritt nicht massig auf, ist nie verschattet, sondern luftig. So kann ich durch den Wald hindurch schon aus der Ferne das Erlabrunner Käppele sehen. Es liegt oberhalb des Winzerortes Erlabrunn an einem Steilhang. Weit schaue ich übers Maintal bis nach Würzburg. Auf dem Volkenberg, erzählt eine Sage, soll ein Einsiedler gelebt haben. Sein Rückzug aber war eine besondere Form der Zuwendung: Denn viele kamen zu ihm und sprachen aus, was sie beschwerte und was sie vermissten. Einmal suchte ihn ein erschöpfter Ritter auf, der seinen Besitz verloren hatte. Als er von seinem Bruder erzählte, den er seit vielen Jahren suchte, erkannten sie sich. Die Geschwister bauten als Dank für ihr Wiedersehen unweit ihrer Burg eine Kapelle. Im Erlabrunner Käppele hängt ein Seil, mit dem jeder die Glocke läuten kann. Ein Ton, der über dem im Tal liegenden Verkehrsrauschen schwebt und unten manchmal gehört wird.

Georg Magirius / unveröffentlichter Text


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