Bayern 2 - Gedanken zum Tag


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Georg Magirius Gedanken zur Passionszeit

Ich bin zu Fuß unterwegs, um Ruhe zu finden.

Stand: 18.03.2024

Gedanken zur Passionszeit | Bild: BR

18 März

Montag, 18. März 2024

Ich bin zu Fuß unterwegs, um Ruhe zu finden. Und das auf einer Schnellstraße! Sie ist in der ersten deutschen Entfernungskarte von 1690 als wichtige Nord-Süd-Verbindung eingetragen und war wichtig für die Handelsroute Nürnberg-Antwerpen. Auf der einstigen Hauptverkehrsader begegne ich alle paar Stunden einem Fußgänger oder einer Fahrradfahrerin. Der Wald ist so dicht, als ob er das Klischee vom unduchdringlichen Spessartwald unbedingt erfüllen wollte. Gelegentliche Vertiefungen im Boden erinnern noch an die zweiachsigen Pferdefuhrwagen und die Fuhrleute aus dem im Tal liegenden Spessartort Frammersbach. Sie legten manchmal 100 statt der üblichen 30 Kilometer pro Tag zurück. Das Gehen auf dem oft moosigen, wurzeldurchsetzten Weg beruhigt mich. Zugleich machen sich schmerzhafte Erfahrungen und Wünsche, die sonst vom Tageslärm übertönt werden, bemerkbar. Mit einem Mal eine Lichtung. Und eine Kapelle, an der sich mehrere Wege kreuzen. Womöglich war sie einst das, was heute eine Autobahnkirche ist? Niemand ist in der Kapelle. Und doch wirkt sie, als ob sie erfüllt wäre von Gebeten, Seufzern und Fragen, die ohne Antwort auskommen müssen. Ursprünglich geht die Kirche auf Glasmacher zurück, wie es im Spessart viele gab. Am Kreuz, dort wo die Wunden Jesu sind, entdecke ich rotes Glas. Es erzählt von dem Versprechen, dass der Schmerz zur Kostbarkeit wird.

Georg Magirius / unveröffentlichter Text


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