Bayern 2

     

Zündfunk Generator Über die Verbindung von Bürokratie und Populismus

Sonntag, 10.07.2016
22:05 bis 23:00 Uhr

BAYERN 2

Verwalten im Rückwärtsgang: Über die Verbindung von Bürokratie und Populismus
Von Sammy Khamis
Internet: www.bayern2.de/zuendfunk
Als Podcast verfügbar

Wir leben in einer "Ära der totalen Bürokratisierung". Diese Worte wirft uns kein Rechtspopulist aus der Brexit Kampagne an den Kopf, sondern der Anarchist und Ethnologe David Graeber. Sein neues Buch heißt "Bürokratie. Die Utopie der Regeln" und ist linke Bürokratiekritik, eine anarchistische und anarchische Kapitalismuskritik und zugleich eine Analyse der Utopielosigkeit unserer Gegenwart. Grund genug im Zündfunk Generator mit David Graeber, einer Galionsfigur der internationalen Linken zu sprechen.
Bürokratiekritik heute kommt vor allem von rechts. Das hat sich bei der "Vote Leave" Kampagne während des Brexit gezeigt. Bürokratiekritik ist so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner des europäischen Populismus, so die Politikwissenschaftlerin Paula Diehl. Und eines haben Populisten, Bürokraten und ihre Anhänger gemeinsam: Sie wünschen sich in einer globalisierten Welt wieder einen Status Quo von früher. Eine Zeit in der man seine Grenzen schließen konnte und darüber hinaus Beamten dafür sorgten, dass die Grenzen auch dicht bleiben. Notfalls unter Gebrauch der Schusswaffe.
"Ein Zeichen des Populismus ist es, dass er sich an Ideologemen, also an Versatzstücken von verschiedenen Ideologien, bedienen kann, ohne dass Widersprüche entstehen", so Paula Diehl. Populismus, egal ob von Links, Rechts, selbst aus der Mitte ist niemals Avantgarde, sondern immer im Rückwärtsgang unterwegs. Dass es keine Avantgarde mehr gibt liegt laut David Graeber daran, dass seit den 1970er Jahren keine neue Vision der Zukunft mehr entstanden ist. Wir sind im Alltag verhaftet, beschäftigt dem Ausfüllen von Papierkram oder Formularen und dem Mantra "Bisher ist alles ganz gut gegangen." auf den Lippen. Ja. Bisher.