Bayern 2

     

hör!spiel!art.mix Wassily Kandinsky: Klänge (1/2)

Wassily Kandinsky | Bild: SZ-Photo

Freitag, 16.01.2015
21:05 bis 23:00 Uhr

BAYERN 2

Klänge (1/2)
Von Wassily Kandinsky
Mit Jeff Beer, Lydia Daher, Saam Schlamminger, Antye Greie, Federico Sanchez, Wrekmeister Harmonies, Emily Manzo, Glenn Jones, David Grubbs, Chris Cutler und Sophia Domancich
Realistion: Karl Bruckmaier/Various Artists
BR 2015
Ursendung
Zur Ursendung
Als Podcast verfügbar im Hörspiel Pool
Kandinskys Künstlerbuch "Klänge"
Cara Schweitzer, Kunsthistorikerin, im Gespräch mit Christine Grimm
Zur Sendung
Als Podcast verfügbar in der artmix.galerie

Als "Klänge" von Wassily Kandinsky 1912 im Münchner Piper Verlag erschien - Auflage: bescheidene 345 Stück - ahnten weder Verlag noch Öffentlichkeit, dass mit diesem schmalen Bändchen mit seinen Holzschnitten und Prosagedichten ein heute legendäres Bindeglied zwischen Epochen und Stilen publiziert wurde. Kandinsky selbst betrachtete die in jahrelanger Arbeit entstandene Verknüpfung von Bild und Text als Befreiung, als Akt der Überwindung künstlerischer Beschränkungen: "In der Vergangenheit wurde ein Künstler stets schief angeschaut, wenn er sich schriftlich auszudrücken suchte - als Maler hatte man sogar mit dem Pinsel zu essen und so zu tun, als gäbe es keine Gabel." So wie sich Kandinsky in seiner Malerei Schritt für Schritt von der Gegenständlichkeit entfernte, so versuchte er parallel dazu in einer ihm (eigentlich) fremden Sprache die oberflächliche Bedeutung der Wörter zu überwinden, die Möglichkeit einer neuen Bedeutung, die sich nur in Klang und Rhythmus des jeweiligen Wortes erschloss, zu ergründen. Manches erinnert hierbei an die expressionistische Dichtung der Zeit, doch geht Kandinsky oft auch einen Schritt weiter, gelingen ihm Zeilen, die schon auf etwas verweisen, das bald Dada heißen wird. Kein Wunder, dass Hugo Ball über "Klänge" ins Schwärmen gerät: "Niemand, nicht einmal die Futuristen, haben die Sprache dermaßen ausgemistet." Wenn Kandinsky schreibt, können wir dem Maler beim Sehen zuhören - so nahe kommen wir selten dem Schaffensprozess eines Bildenden Künstlers.
Das "Klänge"-Projekt der Redaktion Hörspiel und Medienkunst des Bayerischen Rundfunks, übergibt nun diese Texte Kandinskys nach über einem Jahrhundert einer neuen, pop-sozialisierten Generation von Künstlern, um auszuloten, welche Wechselwirkung die "pression intérieure" des nachgerade archetypischen "modernen Künstlers" Kandinsky in einem neuen Kontext auszulösen in der Lage ist - eine Wechselwirkung mit der Musik unserer Zeit in ihrer ganzen Bandbreite von Metal bis Jazz, von abstrakter Gitarrenmusik bis hin zu elektronischen Klängen. Karl Bruckmaier als ausführender Produzent des Projekts hat elf Musiker aus Deutschland (Jeff Beer, Lydia Daher, Saam Schlamminger, Antye Greie, Federico Sanchez), den USA (Wrekmeister Harmonies, Emily Manzo, Glenn Jones, David Grubbs), Großbritannien (Chris Cutler) und Frankreich (Sophia Domancich) gebeten, Kandinskys Texte zu Musik zu setzen und dies in möglichst vielfältigen Arbeitskombinationen vom Solo-Piano bis zum Streichquartett, von solipstistischem Schlagwerk bis zu abstrakten Gitarrenklängen.

Wassily Kandinsky, geb. 1866 in Moskau. Ab 1986 Jura- und Volkswirtschaftsstudium in Moskau, 1893 Promotion. Wechsel zur Malerei. 1896 Übersiedlung nach München. Studium bei Anton Azbé und Franz von Stuck. 1901 Mitbegründer der Künstlervereinigung "Phalanx" und Lehre an der daran angeschlossenen Schule. Beziehung mit Gabriele Münter. 1904 gemeinsame Reisen durch Europa nach Tunis, 1906-07 Aufenthalt in Paris. Rückkehr nach München, Sommeraufenthalte in Murnau mit Besuchen von Künstlerkollegen wie Alexej von Jawlensky, Franz Marc, August Macke. 1909 Gründung der "Neuen Künstlervereinigung", die ungegenständliche Malerei vorantreiben will. 1911 entsteht Kandinskys erstes abstraktes Gemälde "Komposition V", das auf Widerstände stößt. Deshalb zusammen mit Franz Marc Gründung der Künstlergemeinschaft "Der blaue Reiter". Zahlreiche theoretische Schriften u.a. "Über das Geistige in der Kunst". 1914 mit Gabriele Münter Umzug nach Zürich, Trennung und Rückkehr nach Moskau, wo er eine Professur inne hat. 1922 Berufung ans Bauhaus in Weimar. 1996 Mitbegründung der Ausstellungsgemeinschaft "Blaue Vier" und Veröffentlichung der Schrift "Punkt und Linie zu Fläche". 1933 Emigration nach Neuilly-sur-Seine bei Paris, wo er 1944 stirbt.