Bayern 2 - Notizbuch


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Frauen in der Filmbranche Warum es Filmemacherinnen immer noch schwer haben

Im Filmgeschäft sind weit mehr Männer als Frauen vertreten - gerade im Fach Regie wird das deutlich. Es scheint, als würden Frauen immer nur die kleinsten Stücke vom Kuchen abbekommen. Das Notizbuch-Freitagsforum fragt: Warum ist das so?

Stand: 24.06.2016

Symbolbild: Frauenhände mit Nagellack, die Regieklappe halten | Bild: Colourbox

In seinem jüngsten Diversitätsbericht stellt der Bundesverband Regie fest, dass im Jahr 2014 gerade mal 19 Prozent der deutschen Kinofilme von Frauen inszeniert wurden. Noch deutlicher werden die Zahlen, wenn es ums Geld geht. Frauen durften demnach nur Filme mit kleinem oder mittlerem Budget drehen. Im High-Budget-Bereich ab fünf Millionen Euro hat im Jahr 2014 keine einzige Frau Regie geführt. Ein ähnliches Bild bietet sich im Bereich Fernsehen.

Frauen wird die Filmarbeit nicht zugetraut

Zu Gast bei Klaus Schneider:

  • Marie Noëlle: Drehbuchautorin und Filmemacherin
  • Satu Siegemund: Autorin, Regisseurin, Vorstandsmitglied von "Women in Film and Television Germany"
  • Dagmar Hirtz: Regisseurin und Filmeditorin

Und das vielfach auch von Frauen selbst nicht, zum Beispiel in den Filmredaktionen der Sender. Das Argument: Frauen könnten sich angeblich nicht im Filmgeschäft durchsetzen, erzählen die Gesprächsgäste. Sie erleben immer wieder Redakteurinnen, die offen zugeben, dass sie mit Filmemacherinnen nicht zusammenarbeiten wollen. Am mangelnden weiblichen Talent kann es nicht liegen, meint Regisseurin Satu Siegemund. Das belegen die Zahlen allein an den Filmhochschulen: "42 Prozent im Fach Regie sind Absolventinnen. Aber es hat sich dennoch durchgesetzt, dass man Frauen große Projekte nicht zutraut." Gerade vom Vertrauen lebt allerdings das Filmgeschäft.

Die Filmförderung liegt in vornehmlich männlicher Hand

In Deutschland werden aus Drehbüchern fertig produzierte Filme fast nur durch Filmförderung. Gremien entscheiden, welches Drehbuch finanziell gefördert wird. "Es ist aber so, dass in diesen Gremien weitestgehend Männer sitzen.", beklagt Regisseurin Dagmar Hirtz. "Ich selbst sitze in einem Gremium und merke die unterschiedliche Argumentationsweise." Das kann auch Marie Noëlle bestätigen. Sie hat jahrelang mit ihrem Mannn gleichberechtigt Filme gemacht, bis er verstarb. "Danach musste ich bei Null anfangen bzw. sogar schlimmer: Weil ich vorher zu zweit war, hat man es mir alleine nicht zugetraut."

Die Filmlandschaft würde sich verändern, wenn mehr Frauen Filme machen

Den Begriff "Frauenfilm" mögen die Filmemacherinnen nicht. Filme mit guten Frauenfiguren könnten Männer genauso gut wie Frauen und umgekehrt bei Männerfilmen. Dennoch besteht ein Unterschied in der Herangehensweise, sagt Dagmar Hirtz. "Es geht eher um die Wahl des Filmthemas." Außerdem tauchen in Filmen, die von Frauen gemacht wurden, mehr Frauen in Sprechrollen auf. "Es sind dann auch toughere Frauen zu sehen, die andere Rollenmodelle haben als sonst meist üblich.", stellt Satu Siegemund fest. Actionfilme werden derzeit allerdings nach wie vor hauptsächlich von Männern dominiert - vor und hinter der Kamera.

Wichtig ist, sich zu vernetzen mit anderen Frauen

Satu Siegemund ist Vorstandsmitglied von "Women in Film and Television Germany". Ziel ist es, Frauen aus unterschiedlichen Bereichen der Filmbranchen zusammenzubringen: Regisseurinnen, Filmeditorinnen, Redakteurinnen, Medienanwältinnen usw. Bei Fragen oder Projekten können sich die Frauen gegenseitig unterstützen, erklärt Satu Siegemund. "Es ist ja nicht so, dass Männer böse sind, sondern dass sie Frauen einfach vergessen. Das liegt daran, weil Frauen sozialisationsbedingt ein anderes Auftreten haben, nicht so forsch sind. Und wenn sie forsch auftreten, lehnt man sie erst recht ab." Kampfgeist lernt man eben auch nicht auf der Filmhochschule.

Die Lage verbessert sich nur mit mehr Aufmerksamkeit für das Problem

Der Verein "Pro Quote Regie" fordert u.a. eine Quotenregelung für die Vergabe von Regieaufträgen und eine paritätische Besetzung der Fördergremien. Natürlich geht das nicht von heute auf morgen, da sind sich die Gesprächsgäste einig. Wichtig ist, dass über die Ungleichverteilung im Filmgeschäft in die Öffentlichkeit getragen wird und diskutiert wird. Das gelingt bereits ganz gut. Nicht ohne Gegenwind, stellen die Filmemacherinenn fest, aber der Verein bekommt zunehmend Gehör.


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