28

Scharf und der Bayern-Ei-Skandal "Nach Recht und Gesetz agiert"

Längere Zeit über schwieg Umweltministerin Ulrike Scharf zum Bayern-Ei-Skandal - nun hat sie sich geäußert. Im exklusiven Sommer-Interview mit Landtagsreporterin Irene Esmann. Dabei weist sie eine Verantwortung der Behörden zurück - alle hätten nach Recht und Gesetz gehandelt.

Von: Irene Esmann, Lena Deutsch

Stand: 06.09.2015 | Archiv

Ulrike Scharf, Bayerische Umweltministerin | Bild: BR/Lena Deutsch

Ein kleiner Weg zwischen grünen Wiesen: auf der einen Seite der Wald, auf der anderen ein wunderschöner Blick hinunter auf Maria Thalheim, einen der ältesten Wallfahrtsorte Bayerns. Die bayerische Umwelt- und Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf liebt die Anhöhe oberhalb des kleinen Dörfchens mit bester Aussicht auf ihre Heimat. Hier ist sie aufgewachsen, hier ist ihr Rückzugsort zum Krafttranken.

Gegen den Strom zum Wohl der Region

Die bayerische Umwelt- und Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf mit Landtagsreporterin Irene Esmann.

Ein Ort der Ruhe und Stille? Nicht ganz. Das Dröhnen der Flugzeuge über dem Kopf der Umweltministerin dürfte alle Tagträume durchbrechen. Eine konstante Mahnung an die Arbeit. Maria Thalheim liegt zwischen Erding und Dorfen – unweit des Münchner Flughafens. Ein Flughafen, der aufgrund der "unheimlichen wirtschaftlichen Dynamik" wichtig ist für die Region, wie Ulrike Scharf betont, der aber auch ziemlich laut ist. Deshalb ist sie gegen den Bau einer dritten Startbahn. Selbst wenn sie sich damit offen gegen die Mehrheit in ihrer Partei stellt.

"Ich fühle mich respektiert – und akzeptiert. Das hat mir auch der Ministerpräsident bestätigt."

Ulrike Scharf

Meisterin des Ausweichens

Horst Seehofer stand auch hinter ihr während des Bayern-Ei-Skandals. Ein Skandal, der das erste Jahr ihrer Amtszeit überschattet hat. Und so wirkt der Ort des Sommerinterviews fast symbolisch. Denn um auf die schöne Anhöhe zu kommen, musste Ulrike Scharf erst einmal einen steilen Hügel bewältigen. Ein mühsamer Aufstieg, den die Ministerin – bildlich übertragen – politisch noch nicht ganz bewältigt hat. Schließlich ist die Krise rund um Bayern-Ei nicht überwunden. Selbst wenn Ulrike Scharf gerne betont, dass man jetzt unbedingt nach vorne blicken müsse.

Es ist eben nicht angenehm, immer wieder die gleichen Fragen rund um den Skandal beantworten zu müssen: Wie viel hat das bayerische Umweltministerium vor der Aufdeckung durch den Bayerischen Rundfunk und die Süddeutsche Zeitung gewusst? Und wieso haben die Behörden nicht früher gehandelt?

Ulrike Scharf zieht es vor nicht auf diese Fragen zu antworten. Zumindest nicht direkt.

Gute Kontrollen: Vorher wie nachher

Sie betont lieber, dass die Behörden stets nach Recht und Gesetz agiert hätten.

"Ich glaube, dass wir 2014 richtig gehandelt haben."

Ulrike Scharf

Die Verbraucherschutzministerin weist immer wieder darauf hin, dass das Ministerium inzwischen Konsequenzen aus dem Skandal gezogen habe: Beispielsweise seien 20 zusätzliche Stellen geschaffen worden, um die Kreisverwaltungsreferate bei der Kontrolle der Geflügelgroßbetriebe zu unterstützen. Außerdem würden nun die Eigenkontrollen der Betriebe besser überwacht. Und man strebe an bis 2023 die Käfighaltung in Bayern abzuschaffen. Laut Ulrike Scharf gab es in Deutschland in dem Zeitraum des Skandals keine besondere Häufung bei Salmonellenerkankungen - und weicht dabei der Frage aus, ob es auch hierzulande Krankheitsfälle gibt, die auf Bayern-Ei zurückzuführen sind.

Ulrike Scharf beharrt auch darauf, dass man auch vor dem öffentlichen Skandal ein gutes Kontrollkonzept gehabt habe. Schließlich würden jährlich 150.000 Betriebskontrollen in Bayern durchgeführt und 70.000 Lebensmittelproben entnommen.

"Vor zehn Jahren waren noch 30 Prozent der Eier salmonellenverseucht, jetzt sind es zwei Prozent. Da ist durchaus eine positive Entwicklung festzustellen."

Ulrike Scharf

Die Verantwortung der Eier-Käufer

Letztlich sieht die Ministerin auch die Käufer von Eiern in der Pflicht. Schließlich könnten durch den falschen Umfang mit Eiern auch Salmonellen entstehen.

"Wir haben festgestellt, dass die Verbraucher oft nicht gut genug aufgeklärt sind."

Ulrike Scharf

Deshalb habe sie eine Hygienekampagne gestartet. Um die Menschen aufzuklären, wie sie mit frischen Eiern umgehen müssen.

Die wichtigste Frage bleibt offen

Doch all die Erklärungen können die wichtigste Frage nicht klären: Wieso hat das Ministerium erst nach der massiven Berichterstattung angefangen, Konsequenzen aus dem Bayern-Ei-Skandal zu ziehen? Schließlich wirkt das fast wie ein Schuldeingeständnis: Einerseits betont Ulrike Scharf konsequent, dass die Behörden und das Ministerium vor und während des Skandals korrekt gehandelt hätten. Andererseits bringt der Skandal dann aber doch eine Reihe von Änderungen mit sich.

Viele Baustellen

Immerhin: Ulrike Scharf gibt sofort zu, dass sie falsch informiert war, als sie im Umweltausschuss des Landtags aussagte, dass in Bayern keine Bayern-Ei-Eier verkauft wurden. Das bedauere sie sehr. Personelle Konsequenzen im Ministerium wären dennoch nicht richtig gewesen, sagt sie und stellt sich damit vor ihre Mitarbeiter.

Aller Anfang ist schwer?

Die Umwelt- und Verbraucherschutzministerin hatte keinen leichten Start. Denn neben dem Bayern-Ei-Skandal, gibt es ja auch noch den Streit um den Steigerwald. Die Regierung von Oberfranken hatte das Aufhebungsverfahren geschützter Landschaftsbestandteile eigenständig vorangetrieben, das Umweltministerium unterstützt das Vorgehen. Der Bund Naturschutz und der Vogelschutzbund haben dagegen geklagt. Die Fronten zwischen Ministerium und Interessenverbänden sind verhärtet.

Schweigen ist Silber, Reden ist Gold

Ulrike Scharf hofft, im persönlichen Dialog mit allen Betroffenen die Spannung etwas herausnehmen zu können. Deshalb lädt sie im Oktober zu einer Regionalkonferenz ein.

Ihr ist bewusst: Das Amt der Umweltministerin ist eines im kontinuierlichen Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen und umweltpolitischen Interessen. Beim Steigerwald genauso wie bei den Hochwasserschutzmaßnahmen.

"Wenn ich 365 Tage zurückschaue, kann ich sagen, dass ich viele Dinge auf den Weg gebracht habe. Ich fühle mich positiv, was die Zukunft betrifft."

Ulrike Scharf

Es ist eine tägliche Herausforderung, hier die richtige Balance zu finden. Ohne die Akzeptanz der Bevölkerung geht sowie nichts. Mit den Menschen zu reden ist deshalb die wesentliche Grundlage ihrer Politik, sagt Ulrike Scharf.

Und damit möchte sie weitermachen: "Ich freue mich auf die nächsten Jahre", so die Ministerin im Sommerinterview der Redaktion Landespolitik.


28