BR24

                       

16

Rechtsextremer Kommentar eines Polizisten Ermittlungen wegen Volksverhetzung eingestellt

Ausgerechnet ein Polizist lässt sich auf Facebook zu einem extrem ausländerfeindlichen Kommentar zu Flüchtlingen hinreißen. Nun hat der Beamte aus Pocking (Lkr. Passau) zwar ein Disziplinarverfahren am Hals, aber tut weiterhin Dienst wie eh und je. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung wurden eingestellt.

Von: Silke Droll

Stand: 14.01.2015

Symbolbild: Polizist schreibt auf einer Computertastatur | Bild: picture-alliance/dpa/Armin Weigel

Eigentlich geht es in der Facebook-Gruppe "Spotted Pocking" um harmlose Themen. Die Mitglieder suchen beispielsweise Nebenjobs, Babysitter, Wohnungen, Computerersatzteile und neue Partner. Es kann aber auch richtig hässlich werden. Mitte November schreibt ein Gruppen-Mitglied "Hallo, kann mir evtl. jemand sagen wann genau am Freitag die Asylanten in Pocking/Hartkirchen eintreffen werden, da ich diverse Willkommensgeschenke (Spielsachen, Fernseher, Wii, DVD Player, Kleidung, Handy) zu verschenken hätte. Danke."

Zynischer Hass-Kommentar

Hate-Storm auf Facebook- mit dem Kommentar eines Polizisten

Als Reaktion kommt nicht etwa eine sachliche Antwort, sondern eine Flut an empörenden Hass-Beiträgen. Da heißt es etwa "Des einzige was i denen schenk is a One-Way Ticket zurück in die Heimat!!!" oder "I hätt nu a gasflasche und a handgranate rum liegen für des gfrast Lieferung frei Haus". Darauf folgt das unglaublich zynische Angebot eines Polizisten aus Pocking, der im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd als Verkehrspolizist eingesetzt ist.

"I häd nu 60 Eintrittskarten fürs Onkelzkonzert mit Zugticket herzugeben. Aber ohne Rückfahrt. De erübrigt sich dann sowieso."

Kommentar eines Polizisten aus Pocking zu einem Post über ankommende Asylbewerber auf Facebook

Die deutsche Rock-Band Böhse Onkelz war in der Vergangenheit eine beliebte Gruppe bei rechten Skinheads. Mehrere Lieder der Band wurden wegen ihrer Nähe zum Nationalsozialismus verboten. Zugtickets ohne Rückfahrt lassen zudem sofort an die Deportationen der Juden im Dritten Reich in Zügen zu Konzentrationslagern denken. Die Passauer Wochenzeitung "Am Sonntag" brachte den Fall ans Tageslicht.

Disziplinarverfahren eingeleitet

Wie kann sich ausgerechnet ein Polizist zu einer solchen rechtsextremen Entgleisung in einer öffentlichen Facebook-Gruppe hinreißen lassen? Die Dienststelle des Polizisten, das Polizeipräsidium Oberbayern Süd, leitete ein Disziplinarverfahren gegen den Mann ein und stellte ihn zur Rede. Der Kollege habe mit einer disziplinarrechtlichen Maßnahme zu rechnen, sagte Sprecher Jürgen Thalmeier dem BR. In dem Verfahren, das bereits seit Ende November läuft, geht es um die Frage, inwieweit der Beamte mit seinem Verhalten dem Ansehen der Polizei geschadet hat und ob er Reue zeigt.

"In seiner Einlassung hat er seine Äußerung bedauert und er war sich auch der Tragweite nicht bewusst."

Polizeisprecher Jürgen Thalmeier

Mit einer Entfernung aus dem Dienst hat der Mann aber nicht zu rechnen, wie das zuständige Polizeipräsidium bereits klarstellte. Die Staatsanwaltschaft Traunstein ermittelte zwar in dem Fall wegen Volksverhetzung, stellte das Verfahren aber inzwischen wieder ein. Der Tatbestand der Volksverhetzung sei nicht erfüllt, sagte Oberstaatsanwalt Volker Ziegler dem BR. Volksverhetzung könne nur zum Nachteil eines Teils der Bevölkerung begangen werden. Der Polizist habe sich aber nicht über Ausländer oder Asylbewerber allgemein geäußert, sondern über eine konkrete Gruppe. "Um den Tatbestand Volksverhetzung zu erfüllen, muss es eine größere Gruppe sein", sagt Ziegler.

Polizei-Leitfaden für Soziale Netzwerke

Den aktuellen Leitfaden der Polizei für Soziale Netzwerke befolgte der Polizist aus Pocking jedenfalls nicht. Das bayerische Innenministerium verschickte erst Ende Oktober 2014 an alle Polizeipräsidien Social Media Guidelines für die bayerischen Polizisten - mit der Bitte, die Broschüre zeitnah an alle Beschäftigten auszuhändigen. Damit verbunden war eine dienstliche Belehrung, wie sich Polizeibeamte in sozialen Netzwerken verhalten sollen.

Der nur polizeiintern verbreitete Leitfaden liegt dem BR vor. Es geht um einen verantwortungsvollen Umgang mit Facebook, Twitter und Co., um Risiken und mögliche Gefahren dabei. Speziell auf das Thema Rechtsextremismus oder Ausländerfeindlichkeit wird in der vom Landeskriminalamt herausgegebenen Broschüre nicht eingegangen. Allerdings wird von der Beteiligung an emotionalen Diskussionen abgeraten. "Lassen Sie sich nicht durch Gruppendynamiken zu einem Verhalten verleiten, das sie später bedauern." Spontane Äußerungen könnten fachlich unfundiert, beleidigend oder verletzend sein.

"Bedenken Sie vorher, welche Informationen Ihnen möglicherweise (ggf. auch erst in Zukunft) schaden oder sogar straf- bzw. dienstrechtlich relevant sein könnten!"

Leitfaden Soziale Netzwerke der Bayerischen Polizei

In der Broschüre wird auch darauf hingewiesen, dass bei privaten Aussagen von Polizisten die Gefahr besteht, dass sie der Institution Polizei allgemein zugeordnet werden.


16