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Asylpolitik in Österreich Obergrenze für Flüchtlinge - funktioniert das?

37.500 Asylverfahren will Österreich in diesem Jahr maximal akzeptieren, beschlossen wurde die Obergrenze noch unter SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann. Allerdings ist noch immer ungeklärt: was passiert wenn diese Grenze erreicht ist?

Von: Ralf Bochard

Stand: 09.09.2016

Eine Flüchtlingsfamilie aus Syrien geht am 01.11.2015 nahe Wegscheid nach der Überquerung der Grenze von Österreich nach Deutschland zu einer Aufnahmestation.  | Bild: pa/dpa/Sebastian Kahnert

Vor allem der konservative Koalitionspartner ÖVP hatte auf die Obergrenze gedrängt. Faymanns Nachfolger, Christian Kern, fühlt sich an den Beschluss gebunden: „Wir haben uns auf 37.500 verstanden, und dabei bleibt es.“

Doch die Frage "Was passiert, wenn die Obergrenze erreicht ist?" ist nach wie vor offen. Die österreichische Regierung betont, dass man die Flüchtlinge an den Grenzen zurückgeweisen werde. Ungarn allerdings – von dort kommen nach wie vor die meisten Flüchtlinge – hat schon jetzt angekündigt, dass die Flüchtlinge nicht mehr zurückgenommen werden würden. Ebenfalls ungeklärt ist, wann die entsprechende Asyl-Notverordnung in Kraft tritt. Erst mit Erreichen der Obergrenze, sagt SPÖ-Kanzler Kern. Schon vorher, sagt hingegen ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka.

"Ich glaube, hier irrt der Bundeskanzler schlicht und ergreifend. Denn wenn die Grenze erreicht ist, was soll sie dann bewirken? Das Feuerwehrauto erst zu kaufen, wenn’s bereits brennt, macht wenig Sinn."

Wolfgang Sobotka, österreichischer Innenminister

Asyl-Notverordnung noch nicht beschlossen

Noch ist die entsprechende Asyl-Notverordnung gar nicht beschlossen, sie ist noch bis Anfang Oktober im Beratungsprozess. Und der Linzer Europarechtsexperte Franz Leidenmühler rechnet mit mehrjährigen Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Schlicht zu sagen: "Stopp, wir akzeptieren keinen Asylantrag mehr", sei für ein Land nicht so einfach.

"Es ist so, dass da wirklich der Staat bedroht sein muss, das Bestehen des Staates, das Funktionieren des Staates bedroht sein muss. Es müssen nahezu bürgerkriegsähnliche Zustände drohen. Also doch eine sehr hohe Schwelle, die der EuGH hier anlegt."

Franz Leidenmühler, Europarechtsexperte

Ist das verschärfte österreichische Asylgesetz also juristisch gar nicht haltbar? Es sei sehr zweifelhaft, dass eine Überschreitung einer Zahl, die einigermaßen willkürlich vor einem Jahr gesetzt worden sei, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die Innere Sicherheit darstelle, so Leidenmühler weiter.

Auch der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk, der die Regierung zum Thema Obergrenze beraten hat, sagt zur Durchsetzung der Asyl-Verordnung: „Inkrafttreten kann sie schon, aber ob sie dann wirklich umgesetzt werden kann, mit dem Erfolg, den man sich davon erwartet, das ist eine andere Frage.“

Scharfe Kritik von Amnesty International

Die schärfste Kritik an der Regierung kommt von Amnesty International. Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty Österreich, meint auf die Frage, ob die beschlossene Obergrenze hält:

"Wenn Österreich in irgendeiner Form noch ein menschenrechtsdefinierter Staat sein will, wenn ein einziger Minister oder Ministerin noch ein Restgewissen, ein menschenrechtliches hat – dann: Nein."

Heinz Patzelt, Amnesty Österreich

Die meisten Bürgerinnen und Bürger, die in der Flüchtlingshilfe aktiv sind, die die Integrationsarbeit leisten, würden gar keinen Notstand erkennen, meint Patzelt weiter. Die Politik sei es, die ständig von Überforderung spreche und damit Flüchtlinge zu Sündenböcken mache.

"Wenn man im Schulsystem seit Jahren nichts weiterbringt. Und was ich unfassbar finde ist, dass jetzt auch noch das Gesundheitssystem mit all seinen Schwächen, das gerade kaputtgespart wird, auch noch den Flüchtlingen in die Schuhe geschoben wird."

Heinz Patzelt, Amnesty Österreich

Patzelts Fazit: Alles habe weniger mit 'nicht können' zu zun, "sondern ausschließlich mit hässlichem Populismus.“


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Erich, Freitag, 09.September 2016, 08:39 Uhr

1. Klar funktioniert das,

man muß nur den Willen dazu haben.