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Weniger Bier, weniger Besucher, mehr Platz "Wahrscheinlich eine der besten Wiesn"

Nach 17 Tagen ging in München das 183. Oktoberfest zu Ende. Bis 0.30 Uhr war heute Nacht Betrieb in den Festzelten. Besucher zündeten zum Abschied Wunderkerzen. Wiesn-Chef Schmid lobte die Wiesn, die ruhig und friedlich war. Offenbar waren in diesem Jahr nur rund 5,6 Millionen Besucher aufs Festgelände gekommen, so wenig wie seit 15 Jahren nicht mehr.

Von: Christine Kerler

Stand: 04.10.2016 | Archiv

Ausklang der Wiesn am 03.10.2016 | Bild: pa/dpa/Matthias Balk

Nach einer ersten Schätzung der Festleitung kamen rund 300.000 weniger als im Vorjahr. Seltener als sonst mussten Festzelte wegen Überfüllung geschlossen werden.

Im vergangen Jahr hatte das größte Volksfest der Welt bereits einen Besucher-Rückgang verzeichnet, die Zahl war um 400.000 auf 5,9 Millionen gesunken. Summa summarum haben die Besucher 109 Ochsen verzehrt – 13 weniger als im Vorjahr.
Schausteller, Wirte und besonders Rettungsdienst und Polizei meldeten zum Ausklang der Wiesn weniger Einsätze, die Abnahme war noch deutlicher als der Besucherrückgang. Wiesn-Chef Schmid wertet das als positives Signal für mehr Ruhe und Frieden und spricht von einer Gute-Stimmung-Wiesn:

"Insgesamt sind Festleitung, Marktkaufleute, Schausteller und Wirte mit der Wiesn sehr zufrieden. ... Das ist so, dass wir keine dramatischen Einbrüche haben. Aber was wir beobachten ist, dass sich das Verhalten auf dem Oktoberfest geändert hat. Man sieht, dass es später los geht … und dass es abends auch nicht übermäßig lang dauert. Das ist ein geändertes Wiesn-Verhalten."

Josef Schmid

Bierkonsum eingebrochen

Gemerkt haben die Wirte den Besucherrückgang natürlich. An den verregneten Tagen waren die Biergärten leer, und auch einige Boxen in den Zelten blieben an manchen Tagen unbesetzt, weil viele Firmen ihre Reservierungen storniert hatten. Der Bierkonsum ist im Vergleich zum Vorjahr um rund zwölf bis 15 Prozent eingebrochen, sagt Wirtesprecher Toni Roiderer. Dramatisch sei das jedoch nicht.

"Über die Wiesn brauchst nicht jammern. Die Wiesn war halt auch ein bisschen geprägt zuerst vom schlechten Wetter und dann von der Angst. Und der, der auf der Wiesn draußen war, der hat gesagt, die Wiesn ist eine Wiesn wie sie früher war – wo man rumgehen kann, ohne dass man geschoben wird. Und die Bierzelte waren kaum zu. Also, ich hätte zwar gern noch mehr Geschäft gemacht. Aber nicht zwecks dem, dass ich mehr Geld eingenommen hätte, sondern weil ich noch mehr Leute glücklich machen hätte können."

Toni Roiderer

Wiesn-Hendl als Verkaufsrenner

Das Wiesn-Hendl war wieder der Verkaufsrenner unter den Gerichten – daran hat sich in den Bierzelten nichts geändert. Gegessen wurden auch 58 Kälber. Die Stimmung war ausgelassen wie in den Jahren zuvor. Es wurde gesungen, geschunkelt und auf den Bänken getanzt. Nur die Schausteller, die hat’s in diesem Jahr wirklich hart getroffen. Vier verregnete Tage zum Auftakt und jetzt noch ein verregneter Wiesn-Endspurt – das bedeutet Umsatzeinbußen, die die Betreiber gar nicht beziffern möchten.

"Im Vergleich zu den letzten Jahren ist es von den Besucherzahlen auf jeden Fall extrem zurückgegangen. Durch das Wetter, durch das Sicherheitskonzept, es spielt alles bisschen zusammen. // Die ganzen Umstände, wie sie dieses Jahr sind … hat uns auch getroffen, dass es schlechter geworden ist. // Heute ist ja wieder Regen gemeldet … je nachdem wie es wird. Jetzt hoffen wir halt, dass trotzdem noch ein paar Leute kommen."

Umfrage Schausteller

Weniger Schlägereien, mehr Sexualdelikte

Die vorläufige Bilanz der Polizei ist weitgehend positiv: Auf der Sanitätsstation haben die Ärzte und Sanitäter knapp 7.000 Patienten behandelt – knapp 500 weniger als im Vorjahr. Die Münchner Polizei spricht von einer friedlichen Wiesn: weniger Maßkrugschlägereien, weniger Diebstähle und weniger Körperverletzungen, jedoch waren es mehr Sittlichkeitsdelikte und Angriffe auf Polizeibeamte als in den Jahren zuvor.

"Also zum Glück sind schwere Verletzungen und Erkrankungen ausgeblieben. Der Großteil der Patienten, die wir sehen, haben Schnittverletzungen … Kreislaufprobleme … und zu einem geringen Teil, das sind die Patienten mit Alkoholvergiftungen. Also, das ist gar nicht so wahnsinnig viel."

Einsatzleiter Jürgen Terstappen

Gesundheit auf der Wiesn

Für die gesundheitliche Versorgung der Wiesnbesucher ist seit 130 Jahren das Münchner Roite Kreuz verantwortlich. Es verbrauchte in den 17 Wiesn-Tagen 700 Blasenpflaster, 1.300 Infusionen, 26.250 Paar Einmalhandschuhe und ließ 731 Patienten in umliegende Krankenhäuser einliefern.

BRK-Bilanz in Zahlen

Hilfeleistungen

3.897 kleinere Blessuren, wie zum Beispiel Blasen an den Füßen oder Insektenstiche versorgt (Vorjahr: 3.312).

Ärztliche Versorungen

3.095 (Vorjahr: 3.166) Patienten wurden durch die Ärzte des Münchner Roten Kreuzes im Servicezentrum wegen internistischer, chirurgischer, und neurologischer Notfälle, ambulant versorgt. Dazu gehörten auch Alkoholvergiftungen. Zwar gab es weniger schwere Verletzungn, dafür mussten vier Patienten wiederbelebt werden (letztes Jahr: drei Patienten).

Transporte ins Krankenhaus

In der Sanitätsstation wurden 584 (Vorjahr: 584) chirurgische Wundversorgungen von den Rotkreuzärzten durchgeführt, meist Schnittverletzungen an Händen und Füßen, verursacht durch Glassplitter. Die Einsatzkräfte rückten zu 1.986 (Vorjahr 2.075) Einsätzen auf dem Festgelände mit ihren gelben Fahrtragen aus. 731 (Vorjahr 785) Patienten mussten in die umliegenden Krankenhäuser transportiert werden, da ihre Erkrankungen oder Verletzungen so schwerwiegend waren.

Einsatzkräfte und Ärzte

2.096 ehrenamtliche Rotkreuz-Sanitäter und 168 Ärzte aus nahezu allen Fachrichtungen waren bei der diesjährigen Wiesn eingesetzt. Unterstützt wurden sie von Rot Kreuz Helfern aus anderen DRK Gliederungen. An den Wochenenden leisteten die Kollegen vom Landesrettungsverein Weißes Kreuz aus Südtirol wertvolle Dienste beim Dolmetschen mit italienischsprachigen Patienten.

Übermäßiger Alkoholkonsum

593 (Vorjahr: 609) Patienten wurden wegen übermäßigen Alkoholkonsums im Überwachungsbereich der BRK-Sanitätsstation ärztlich versorgt, drei Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Jugendlichen unter 16 Jahren lag in diesem Zusammenhang mit elf (Vorjahr: 14) unter dem Niveau des Vergleichsjahres.

Kinderfundstelle

Die BRK-Frauen der Kinderfundstelle kümmerten sich um neun (Vorjahr: sieben) verloren gegangene Kinder unter 14 Jahren. Meist wurden die Kinder bereits nach kurzer Betreuungszeit von den Eltern abgeholt. 158 (Vorjahr 178) Eltern nutzen die Möglichkeit, abseits des Wiesntrubels Ihre Kinder zu wickeln oder zu stillen. Abends wurde die Anlaufstelle von Mitarbeitern des Stadtjugendamtes weiterbetrieben, die insgesamt 16 Kinder betreuten.

Zentrales Landwirtschaftsfest

Auf dem ZLF waren rund 60 Patienten zu versorgen, davon wurden fünf in umliegende Krankenhäuser gebracht. Hier setzte das Münchner Rote Kreuz das erste Mal sogenannte SanCarts ein. Ein SanCart ist ein umgebautes Golfcart, auf dem eine Trage montiert ist. Die Carts ermöglichen bei Festveranstaltungen einen komfortableren Patiententransport über längere Wegstrecken.

Interessante Zahlen

In den 17 Tagen wurden rund 700 Blasenpflaster, 1.500 Verbandpäckchen, 250m Pflaster verbraucht. Weiter fanden 1.300 Infusionen, 800 Coolpacks und gut 26.250 Paar Einmalhandschuhe Verwendung. Die Tragenteams haben zusammen gut 1.800 Kilometer über die Festwiese zurückgelegt.

Verschärfte Kontrollen

Die verschärften Sicherheitsmaßnahmen mit Einlasskontrollen, kompletter Umzäunung und einem Verbot großer Taschen haben sich laut Stadt bewährt und sollen das Grundgerüst für das kommende Oktoberfest bilden. Die verschärften Kontrollen an der Landesgrenze sowie eingeschränkte Zugverbindungen wegen der Flüchtlingskrise hielten allerdings manche Besucher aus Österreich und Italien fern.

"Nach den Anlaufschwierigkeiten, die wir hatten, aber die auch absehbar waren, mit neuen Regeln, die erst gelernt werden müssen und neuen Ordnern sind wir sehr zufrieden … ich hab jeden gefragt … sind sie gut reingekommen und jeder hat gesagt, wunderbar, das ist richtig wie ihr das macht. Wir fühlen uns sicher und es ist ein tolles Gefühl da heraußen."

Josef Schmid

Na ja, ganz einig waren sich die Besucher da nicht. Manchen war die „Oktober-Festung“, wie sie scherzhaft auch genannt wird, doch etwas unheimlich.

"Ungewohnt, ich hoffe eigentlich, dass es irgendwann nicht mehr notwendig ist , die Wiesn war ja immer ein freies Fest // ging völlig problemlos, Kontrolleure waren nett, ging völlig reibungslos."

Umfrage

Was viele Besucher tatsächlich vermisst haben, war die Oide Wiesn. Die musste in diesem Jahr dem Zentral-Landwirtschaftsfest weichen. Im nächsten Jahr wird sie wieder aufgebaut – damit Nostalgie-Fans auch voll auf ihre Kosten kommen.

Wiesn-Bilanz-Telegramm

+++ Das Wiesn-Fundbüro registrierte 2.915 Fundstücke, darunter 680 Kleidungsstücke, 660 Geldbeutel, 580 Ausweise, 410 Smartphones und Handys, 250 Brillen, 90 Taschen , 55 Regenschirme sowie 15 Fotoapparate. Abgegeben wurden auch zwei Paar Stöckelschuhe, eine Kinderlederhose, zwei handsignierte Bücher, ein Attest mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Dauer der Wiesn, zwei Hörgeräte sowie 510,70 Euro Bargeld. +++ Aufmerksame Ordner nahmen den Andenkenjägern rund 96.000 Bierkrüge in den Zelten und an den Ausgängen des Festgeländes ab. +++
+++ Das Rennen um den Wiesn-Hit 2016 hat "Hulapalu" von Andreas Gabalier gewonnen und verweist "Ham kummst“"von Seiler und Speer auf den zweiten Platz. +++ Die Wiesn-Pressestelle zählte 5.348 Journalistenkontakte aus aller Welt, es wurden 469 Dreh- und Fotogenehmigungen erteilt sowie 55 Pressemitteilungen herausgegeben. +++ Der Stromverbrauch auf der Wiesn lag mit 2,69 Millionen Kilowattstunden sieben Prozent unter dem Verbrauch von 2012, auch der Wasserverbrauch lag etwas niedriger als im Vergleichsjahr, ebenso der Gasverbrauch. +++ Als Camper kamen zum Wiesn-Kehraus vor allem Italiener, Australier, Brasilianer, Neuseeländer, Uruguayer und US-Amerikaner. +++


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Oberlandla , Mittwoch, 05.Oktober 2016, 07:08 Uhr

34. Warum wiesn

Ich denke jeder eingesessene Bayer weiß, dass die Wiesn absolut rein gar nichts mit traditionellen bayrischen Festen zu tun hat. Das ist alles nur Show für die große weite Welt. Also warum sollte man sich den Menschenmassen den überteuerten Preisen den Plastiktrachten und dem rein profitbezogenem Ambiente freiwillig aussetzen? Die meisten Feste im Hinterland (die die einheimischen sehr wohl kennen) sind viel besser. Gemütliches Zusammensein, Eine Mass für 6,50, und gelebte bayrische Werte.
Der Wiesneinbruch ist genau richtig so. Vielleicht überlegen Zuständige warum das so ist und wohin die Wiesn wieder zurück sollte

Sonny, Dienstag, 04.Oktober 2016, 15:22 Uhr

33. Oktoberfest-Ende

So wie es heuer war, ist die Wiesn schön gewesen - man konnte durchschlendern, bekam Platz in der Sonne - einfach gemütlich und trotzdem weltoffen! Ich wollte eigentlich gar nicht "raus"gehen, aber offensichtlich haben auch die passablen Kontrollen zum Nachdenken endlich beigetragen!!

Max, Dienstag, 04.Oktober 2016, 10:15 Uhr

32. Wahrscheinlich eine der besten Wiesn

Weniger Besucher, weniger Umsatz, dafür mehr Sexualdelikte laut Polizei. Geht doch!

PJ, Dienstag, 04.Oktober 2016, 00:31 Uhr

31. das größte Volksfest der Welt?!?!

Ich war vor ein paar Jahren das erste und auch das letzte Mal auf dem Oktoberfest, weil ich zu der Zeit aus anderen Gründen in München war.
Da hatte ich mir aber deutlich mehr versprochen. Fressstände, die alle dasselbe verkaufen, völlig überteuerte Fahrgeschäfte
und Bierzelte nur mit lauten, betrunkenen Menschen. Das ist alles???
Liebe Leute, da kann ich als Kielerin euch nur das größte Segelevent der Welt ans Herz legen. Das Straßenfest zur Kieler Woche ist jedes Jahr wieder ein Erlebnis.
Viele tolle Musiker auf verschiedenen Bühnen, vom Lokalmatador bis internationalen Stars und Kleinkünstler an jeder Ecke. Und das ohne Eintritt.
Das Essen reicht vom dänischen Softeis bis zum marokkokanischen Couscousgericht und vom finnischen Rentiergeschnetzelten bis zum australischen Bier.
Für jeden was dabei und immer was Neues zu entdecken.
Genug Werbung - vorbeikommen und erleben!!!

  • Antwort von @PJ, Dienstag, 04.Oktober, 10:21 Uhr

    Hallo PJ, ja, das ist alles, und genau dafür/ deswegen kommen die Australier und Italiener wie die Blöden nach M: Zum Saufen, bis sie Überlaufen. Bezeichnenderweise heißt das dann auf italienisch auch Festa della Birra, da redet keiner von Volksfest, Kultur oder Kulinarik. Damit macht M richtig schön Kohle - und letztlich geht es darum. Die Einheimischen gehen eher auf die Volksfestlein der umilegenden kleineren Gemeinden. Oder die im Hirschgarten. An der Auer Dult - die Wiesn ist nur Ballermann für Touris.

KHB, Montag, 03.Oktober 2016, 21:33 Uhr

30. Oktoberfest Konzept

Bin am ersten Mittwoch nachmittag drübergegangen ,(hatte beste Erinnerungen bzgl.vergangener Jahre) . 1km Stände , überall die gleiche Ware , Lachssemmel,
Lk Semmel , Hähnchen , und all das was man bis zu Überdruß kennt .Danach hab ich in der SZ gelesen , daß alles von ca 10...15 Zulieferern im Griff ist für ALLE!.Gehen Sie mal im asiatischen Ausland in Essmeilen , ein Paradies , Vielfalt ohne Ende .Mir san Mir reicht halt net.Das erträgt man nur im Vollrausch . das Konzept ist zu schwach. Im Zelt wird gegen Abend die Musik vom Band gespielt , ja wo samma denn .