NSU-Prozess


0

191. Verhandlungstag, 11.03.2015 Wenig Erhellendes von rechtsextremem Musiker

In den 90er Jahren war Marcel D. einer der führenden Köpfe des rechtsextremen Musiknetzwerks "Blood & Honour" in Deutschland. Gleichzeitig soll er auch als V-Mann gearbeitet haben - das bestritt er im NSU-Prozess aber vehement.

Stand: 11.03.2015 | Archiv

NSU-Prozess in München: Mikrofon und Namensschild von Beate Zschäpe | Bild: picture-alliance/dpa

Blauer Kapuzenpulli, schwarze Brille, kurze Haare, aber keine Glatze. Man sieht Marcel D. seine rechte Vergangenheit nicht an. Dabei leitete der Mann mit dem Spitznamen „Riese“ von 1996 bis 2000 zuerst die Sektion Thüringen und danach den Bereich „Mitteldeutschland“ von „Blood & Honour“. Das rechtsextreme Musiknetzwerk stammt ursprünglich aus England. Über „Blood & Honour“ koordinieren sich neonazistische Bands miteinander, so soll die nationalsozialistische Ideologie weiter verbreitet werden. Zudem wird Geld für die „Bewegung“ gesammelt, etwa mit Konzerten.

Angeblich kein V-Mann

Zu Beginn der heutigen Verhandlung sprach der Vorsitzende Richter Manfred Götzl den Zeugen auf dessen angebliche Tätigkeit für den Thüringer Verfassungsschutz an. D. bestreitet jemals als Quelle zur Verfügung gestanden zu haben. Seit 2001 hätte er mit solchen Vorwürfen, die auch aus der Presse stammen würden, zu kämpfen. Ehemalige Weggefährten hätten sich deshalb von ihm abgewandt. 1997 seien einmal zwei Personen vor seiner Haustür gestanden, die hätten LKA-Ausweise gehabt und  ihn anwerben wollen, sagte der Zeuge. Er hätte die Beiden aber rausgeschmissen. Er vermute nun, dass der Verfassungsschutz bewusst falsche Informationen in die Öffentlichkeit trage, um ihm zu schaden.

Akten im NSU-Prozess

„Unbeschränkte Aussagegenehmigung“

Gegen die Version von Marcel D. spricht allerdings, das das Thüringer Innenministerium dem Zeugen eine „unbeschränkte Aussagegenehmigung“ für den NSU-Prozess erteilt hatte. Götzl hielt D. auch Teile einer Vernehmung beim Bundeskriminalamt im Jahre 2012 vor. Damals hatte D. gesagt, zu einer möglichen Zusammenarbeit keine Angaben machen zu wollen. Das Thüringische Landesamt für Verfassungsschutz hatte dem BKA zuvor mitgeteilt, das Marcel D. von 1997 bis 2000 für die Behörde als V-Mann tätig gewesen sei.

„Quelle 2010“

Im Laufe des Nachmittags wird es für den Zeugen dann noch enger: Götzl weist darauf hin, dass Norbert Wiesner am 11.11.2014 im NSU-Prozess Marcel D. als Quelle bestätigt habe. Wiesner gehörte von 1994 bis 2002 dem Landesamt für Verfassungsschutz in Thüringen an. Er war auch für die Werbung von V-Leuten zuständig.

"Sie sind als Quelle 2010 bezeichnet worden. Möchten Sie Ihre Aussage korrigieren?"

Manfred Götzl, Vorsitzender Richter

Marcel D. will seine Aussage nicht korrigieren. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Die Befragung wird unterbrochen, der Zeuge soll in einem anderen Termin weiter vernommen werden.

„Weiße Bruderschaft Erzgebirge“

So nannte sich eine rassistische Organisation , die die Brüder E. um die Jahrtausendwende gründeten. Andre E. ist im NSU Prozess als Unterstützer angeklagt. Am Nachmittag sagte ein ehemaliges Mitglied der „Weißen Bruderschaft“ als Zeuge aus. Man habe damals was für die Jugend aufbauen wollen, sagte Steffen H., es habe damals viele Drogen in der Gegend gegeben. Geländespiele, Fußballspiele  und Konzerte habe man organisiert. Anfangs seien es so acht Mann gewesen, später 20. Frauen seien nicht zugelassen gewesen. Auch ein oder zwei  Fanzines seien herausgegeben worden.

Erst auf Nachfrage von Götzl nennt der Zeuge den Titel: „Law and Order“. Als dann ein Konzert von der Polizei aus Sicherheitsgründen verboten worden sei, hätte das der Bruderschaft wegen finanziell das Genick gebrochen, sagte H.

„Türken und Juden müssen weg“

Man habe für die „weiße Bevölkerung“ was auf die Beine zu stellen, so H., der nach eigener Aussage aus der Szene ausgestiegen ist. Auch ein NPD-Mann sei einmal eingeladen worden. Von Ausländern habe man nichts gehalten. „Türken seien böse und müssen weg“, so die gemeinsame Auffassung. Gleiches habe auch für die Juden gegolten. Er habe aber keinen Juden persönlich gekannt, so H.

 


0