NSU-Prozess


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365. Verhandlungstag, 24.5.2017 Das seltsame Verhalten von Zschäpes Wunschgutachter

Beate Zschäpes Wunschgutachter setzt den NSU-Prozess laut Nebenklage einer "Hexenverbrennung" gleich - und die Aussage ihrer Mutter hilft ihr auch nicht viel weiter. Die Strategie von Beate Zschäpe und den Verteidigern ihres Vertrauens erscheint immer fragwürdiger.

Von: Ina Krauß

Stand: 24.05.2017 | Archiv

Ina Krauß | Bild: BR/Julia Müller

24 Mai

Mittwoch, 24. Mai 2017

Zum zweiten Mal war Beate Zschäpes Mutter heute im NSU-Prozess geladen. Sie verweigerte erneut ihre Aussage, stimmte aber der Verwertung ihrer polizeilichen Vernehmung aus dem November 2011 zu. Damals, kurz nach dem Auffliegen des NSU, schilderte sie den Polizeibeamten ihren Lebensweg. 1975 gab sie ihr neugeborenes Baby mal zur Großmutter, mal zu ihrem neuen Mann, heiratete zweimal und ließ sich kurz darauf wieder scheiden.

Beate Zschäpe und ihre Mutter

Ihre Tochter schilderte sie als liebes aufgeschlossenes Kind. Beate habe gewusst, was sie will und sei nicht leicht zu beeinflussen gewesen.

"Wenn sie von einer Sache überzeugt war, dann vertrat sie die konsequent."

Die Mutter von Beate Zschäpe über ihre Tocher

Im Teenageralter, als Beate Zschäpe zuerst mit Uwe Mundlos verlobt, dann mit Uwe Böhnhardt liiert war, kam es zum Zerwürfnis zwischen Mutter und Tochter. Das hat auch an der Mutter gelegen, die arbeitslos war und deshalb einen Durchhänger hatte. Dass Beate in der rechten Szene aktiv war, hat sie erst 1996 richtig realisiert, nach einer Hausdurchsuchung der Polizei und zwei Jahre vor dem Untertauchen des Trios. Sie selbst war eher linksgerichtet eingestellt.

Die Aussage von Zschäpes Mutter hätte nicht verwertet werden dürfen

Dass all diese Erkenntnisse spät aber doch in den NSU-Prozess eingeführt werden, geht auf die neuen Verteidiger Beate Zschäpes zurück. Die Rechtsanwälte Grasel und Borchert stellten das Protokoll der polizeilichen Vernehmung Prof. Joachim Bauer zur Verfügung, übersahen aber, dass die Mutter eigentlich der Verwertung widersprochen hatte. Peinlicher Fehler, der nun im Nachhinein behoben wurde.

Bauer hatte sein Gutachten über Beate Zschäpe wesentlich auf den Aussagen der Mutter aufgebaut und seine Diagnose einer dependenten Persönlichkeitsstörung daraus abgeleitet. Bauer hält Beate Zschäpe nach insgesamt 16 Stunden Exploration für vermindert schuldfähig, ja sogar für unschuldig. Zschäpe war demnach von ihrem Partner Uwe Böhnhardt krankhaft abhängig und konnte sich nicht lösen, obwohl sie die Morde missbilligte. Doch Bauers Gutachten wird immer fragwürdiger.

Zschäpes Wunschgutachter schreibt von Hexenverbrennung

Zschäpes Wunschgutachter Joachim Bauer

Vergangene Woche wurde bekannt, dass er versucht hatte, Beate Zschäpe Pralinen mit in die JVA zu bringen. Schon das warf Fragezeichen auf. Heute berichtete Nebenklage-Anwältin Doris Dierbach von einer Email, die Prof. Bauer am 21. Mai an die "WeltN24 Mediengruppe" schickte. Er bot darin einen exklusiven Beitrag über Beate Zschäpe und die Situation im NSU-Prozess an. Er habe ein Gutachten verfasst, dass einigen nicht passe.

"Das Stereotyp, dass Beate Zschäpe das nackte Böse in einem weiblichen Körper ist, darf nicht beschädigt werden. Eine Hexenverbrennung soll ja schließlich Spaß machen."

Joachim Bauer, der Wunsch-Gutachter von Beate Zschäpe

Opfer-Anwältin Doris Dierbach findet diese Email skandalös und beantragte, den Wunschgutachter von Beate Zschäpe wegen Befangenheit abzulehnen. Ihm fehle die professionelle Distanz. Über den Befangenheitsantrag wurde noch nicht entschieden. Die Bundesanwaltschaft will vor einer Stellungnahme erst prüfen, ob die Email richtig zitiert wurde.


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