NSU-Prozess


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285. Verhandlungstag, 1.6.2016 BKA-Beamtin in Erklärungsnot

Stundenlang wurde eine Ermittlerin teils sehr konfrontativ befragt und machte dabei nicht immer eine gute Figur.

Von: Tim Aßmann

Stand: 01.06.2016 | Archiv

Tim Aßmann | Bild: BR/Tim Aßmann

01 Juni

Mittwoch, 01. Juni 2016

Es sind zentrale Angaben für die Anklage im NSU-Prozess – die Aussagen des Kronzeugen Carsten S. Er hat eingeräumt, den Rechtsterroristen Mundlos und Böhnhardt eine Pistole mit Schalldämpfer übergeben zu haben und sitzt deswegen nun auf der Anklagebank in München. Den Mitangeklagten und Ex-NDP-Funktionär Ralf Wohlleben hat Carsten S. als Auftraggeber der Waffenbeschaffung schwer belastet. Vor allem eine lange zurückliegende Vernehmung von S. stand nun im Mittelpunkt des heutigen Verhandlungstages. Auf dem Zeugenstuhl: die Hauptkommissarin Ellen G. vom Bundeskriminalamt. Sie war im Februar 2012 dabei, als Carsten S. rund acht Stunden lang in einer Polizeiwache in Köln befragt wurde.

Wie wurde der Kronzeuge vernommen?

Die Wohlleben-Verteidigung versuchte, die Angaben der Polizistin zu erschüttern, um so Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Kronzeugen Carsten S. zu säen. Wie lief die Vernehmung in Köln damals ab? Was genau fragten die Ermittler? Wurde wirklich alles protokolliert? Wie wurde Carsten S. über seine Rechte aufgeklärt? Die Zeugin G., eine erfahrene Kriminalbeamtin, wirkte in ihren Antworten nicht immer sehr sicher. Mal schien ihr der durchaus wichtige Unterschied zwischen der Befragung als Beschuldigter oder als Zeuge nicht geläufig. Mal sprach sie erst davon, Carsten S. habe bei der vorgeschriebenen Belehrung vor der Vernehmung noch zusätzliche mündliche Erläuterungen bekommen, um nach hartnäckigen Nachfragen der Wohlleben-Verteidigung dann einzuräumen, mit ihrer ersten Antwort habe sie "einigermaßen falsch" gelegen.

Disput zwischen Verteidiger und Bundesanwalt

Vor allem Wohlleben-Anwalt Olaf Klemke befragte die Zeugin sehr konfrontativ, was mehrmals zu Wortgefechten mit Bundesanwalt Jochen Weingarten führte. Der warf Klemke vor, die Zeugin vorführen zu wollen. Klemke erwiderte, Weingarten vergifte das Verhandlungsklima. Morgen könnte der Disput in die nächste Runde gehen. Dann will das Gericht den Kollegen der Zeugin G. befragen. Thema: Dieselbe  Vernehmung von Carsten S..


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