Flüchtlingspolitik Katholiken "entsetzt" über CSU-Kurs
Katholiken contra Christsoziale: Prominente Kleriker wie Laien-Vertreter kritisieren die jüngsten Äußerungen der CSU in der Flüchtlingspoltik scharf: Von Spaltung der Gesellschaft, Polarisierung und mangelnder Verfassungstreue ist die Rede.
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg (CDU), hält den Forderungskatalog der CSU für unverantwortlich und gefährlich.
Sternberg sagte im Deutschlandfunk, er sei "entsetzt" darüber, dass das Papier Vorurteile bediene und politische Forderungen unsachgemäß vereinfache. Statt Ängste zu bedienen, sei Sachlichkeit gefragt und keine "verwilderte politische Diskussion".
Sternberg sieht ein Hauptproblem darin, dass in der Debatte vieles durcheinandergeworfen werde, etwa Fragen von Zuwanderung, Flüchtlingshilfe und Integration. Mit Schlagworten wie Obergrenze, Burkaverbot oder Leitkultur präsentiere man Scheinlösungen, die gar nicht umzusetzen seien.
Zugleich nahm er die CSU aber in Schutz gegen eine seiner Meinung nach überzogene Kritik. Im Papier sei nicht davon die Rede, dass man Flüchtlinge sortieren wolle nach Christen und Muslimen. "Das wäre auch eine Ungeheuerlichkeit" und eine "antichristliche Position".
"CSU betreibt das Geschäft der Rechtspopulisten"
Der Kölner Kardinal Rainer Woelki wirft der CSU eine Spaltung der Gesellschaft vor. Mit Forderungen nach Obergrenzen für Flüchtlinge oder einer Bevorzugung von Zuwanderern aus dem "christlich-abendländischen Kulturkreis" trage die Partei zur Polarisierung bei und betreibe das Geschäft der Rechtspopulisten von der AfD, sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger":
"Ich halte nichts davon, das nachzubeten, was andere falsch vorgedacht haben."
Rainer Woelki, Kardinal und Erzbischof von Köln
Zugleich rief der Erzbischof die CSU zur Verfassungstreue auf, die unsinnige Diskussion über Obergrenzen bei den Flüchtlingszahlen müsse aufhören:
"Wenn die CSU das Grundgesetz ernst nimmt, kann sie keine Obergrenze verlangen. Das lässt das Asylrecht nicht zu."
Rainer Woelki, Kardinal und Erzbischof von Köln
Jesuiten sehen CSU-Politik von Angst bestimmt
Der Provinzialobere der deutschen Jesuiten, Pater Stefan Kiechle, warnt die CSU vor einer Annäherung an die AfD. Kiechle sagte auf domradio.de, hinter vielen Forderungen der CSU etwa nach Obergrenzen oder einem Burka-Verbot stecke vor allem die "Angst, Wählerstimmen nach rechts zur AfD zu verlieren".
Er wolle sich zurückhalten darin, eine Politik als christlich oder nicht-christlich zu beurteilen, sagte Kiechle,aber:
"Ich persönlich muss aber sagen, dass eine andere Willkommenskultur für Menschen in schwerer Not eigentlich ein urchristliches Anliegen wäre."
Pater Stefan Kiechle, Provinzial der Jesuiten in Deutschland