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Anfrage der Landtags-SPD Über 3.300 jugendliche Flüchtlinge verschwunden

Fast 17.000 Kinder und Jugendliche erreichten 2015 Bayern als Flüchtlinge - ohne ihre Eltern. Tausende reisten dann weiter, ohne sich abzumelden: Keine Behörde in Europa weiß, was aus ihnen geworden ist – das Schicksal von mehr als 3.300 minderjährigen Flüchtlingen, die im vergangenen Jahr in Bayern angekommen sind, ist weiter ungeklärt.

Von: Julia Häglsperger

Stand: 22.06.2016

Zwei Flüchtlingskinder gehen auf einer Straße | Bild: dpa-Bildfunk/Sebastian Kahnert

Das Sozialministerium geht zwar davon aus, dass die meisten der 3.300 minderjährigen Flüchtlinge nach der so genannten "Inobhutnahme" durch die bayerischen Behörden auf eigene Faust zu Angehörigen weitergereist sind, aber gesicherte Erkenntnisse gibt es nicht. Das geht aus den Antworten von Sozial- und Innenministerium auf zwei Anfragen der Landtags-SPD hervor.

Demnach wurden 2015 exakt 4.452 jugendliche Flüchtlinge als vermisst gemeldet, die ohne Eltern nach Bayern gekommen waren. Im Behördenjargon heißen sie "unbegleitete Minderjährige" - daher abgekürzt "uM" oder auch "umF". Lediglich 1.090 tauchten in Deutschland oder in Skandinavien wieder auf. "Darüber hinaus liegen derzeit keine weiteren Erkenntnisse vor", heißt es in der Antwort des Sozialministeriums.

Ungeklärtes Schicksal

Bundesweit waren im vergangenen Jahr 5.835 geflohene Kinder und Jugendliche verschwunden, nun steht fest, dass der Großteil dieser Fälle die bayerischen Jugendämter betrifft. Ein Sprecher des Sozialministeriums verwies darauf, dass viele jugendliche Flüchtlinge zwar in Bayern in Obhut genommen wurden, weil die Hauptfluchtrouten über Bayern führen. "Für viele ist Bayern oder Deutschland gar nicht das Ziel."

Auch Unicef, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, gehe nicht davon aus, dass die Jugendlichen in großen Zahl Opfer von Drogen- oder Prostitutionsringen würden, sagte die oberbayerische SPD-Abgeordnete Doris Rauscher. "Aber wir dürfen das nicht auf die leichte Schulter nehmen." Denn ungeklärt ist auch, ob nicht zumindest einzelne Kinder und Jugendliche zu Opfern von Verbrecherbanden geworden sind. In der bundesweit einheitlich geführten polizeilichen Kriminalstatistik gibt es kein Merkmal "unbegleiteter minderjähriger Flüchtling". Dabei werden die vermissten Jugendlichen keineswegs nur in Deutschland gesucht, sondern im Schengener Informationssystem EU-weit zur Fahndung ausgeschrieben.

"Niemand weiß etwas"

Der Münchner SPD-Abgeordnete Florian Ritter wollte vor allem wissen, ob junge Mädchen und Frauen Zuhältern und Sextätern in die Hände fallen. Dafür gibt es bislang keine Indizien. "Beim Bayerischen Landeskriminalamt liegen derzeit keine Erkenntnisse über Flüchtlinge (Erwachsene und auch umF) vor, die Opfer von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung oder zur Ausbeutung der Arbeitskraft geworden sind", heißt es in der Antwort des Innenministeriums auf Ritters Anfrage. Mit dieser Auskunft möchte Ritter sich aber nicht begnügen. "Niemand weiß etwas", sagte der SPD-Politiker. "Die Staatsregierung sollte genauer nachforschen."


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Wanda, Mittwoch, 22.Juni 2016, 16:09 Uhr

6. Verschwundene Flüchtlingskinder

- Was sind das für Eltern, die ihre Kinder instrumentieren und losschicken damit ihr Anspruche auf Nachzug gesichert ist ? Sie riskieren deren Leben. Es müsste ihnen sofort wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht die Elternschaft entzogen werden mit allen strafrechtlichen Konsequenzen...
- Den Behörden kann man ausnahmsweise keinen Vorwurf machen, denn die wurden mit dem politisch ausgelösten Flüchtlingsansturm allein gelassen...

Unterfranke, Mittwoch, 22.Juni 2016, 14:02 Uhr

5. Deutsche Statistik am Ende!

Wer vertraut denn heute noch einer Statistik vom Innenminister oder Bamf? Die sollten das Finanzamt beauftragen, die wissen über "kleine Bürger" bestens Bescheid!

Ma, Mittwoch, 22.Juni 2016, 11:19 Uhr

4. Was ist daran verwunderlich?

"... minderjährige Flüchtlinge nach der so genannten "Inobhutnahme" durch die bayerischen Behörden auf eigene Faust zu Angehörigen weitergereist ..."

Bedeutet das, dass Kindern und Jugendlichen die Weiterreise zu Verwandten oder Bekannten verweigert wird? Dass Minderjährige allein in einem fremden Land, unter fremden Menschen, mit fremder Sprache und fremden Kulturgewohnheiten festgehalten werden, ohne deren nachvollziehbaren Wunsch nach Kontakt mit vertrauten Personen zu beachten? Wäre ich als Jugendlicher in einer derartigen Situation gewesen, hätte ich ebenso meinen Rucksack gepackt und wäre zu Menschen, die ich kenne, geflüchtet.

@ Bernhard: "... Fürsorgeaufsicht für 24 - 48 Stunden ..."
Wie sollten Jugendliche rund um die Uhr, d.h. absolut lückenlos beaufsichtigt werden? Was würde das in der Praxis bedeuten?

Letztendlich bleibt wahrscheinlich nur die Hoffnung, dass es den Minderjährigen gut geht und sie viele, viele Schutzengel als Begleiter haben.

  • Antwort von Bernhard, Mittwoch, 22.Juni, 12:19 Uhr

    Sehr geehrte Frau/Herr "MA".
    Ich hatte das Thema vor Jahren selbst erlebt. Eine mir nicht anvertraute Person (Volljährig, jedoch leicht Depressiv) steht an der Autobahn und versuchte per Autostopp nach Hause (Belgien) zu kommen.
    Nach dem Aufgriff wurde mein Name (bin ein Onkel) genannt, und dann hatte kam die Polizei mit den Vorwürfen in mein Haus. Er war Gast bei Ihnen und damit bin ich für die Aufsicht verantwortlich.
    Es wäre sicher auch kein so großes Thema, wenn es um eine zweistellige Zahl ging.
    Aber mal ehrlich, die Zahl 3.000 ist sehr groß, aber keiner sieht die Notwendigkeit, die Personen zu befragen, denen die Kinder übergeben wurden.
    Frage mich auch, wie die Buchführung aussieht. Es werden ja schließlich auch Gelder bezahlt, die sich ja nur nach der Kopfzahl berechnen lassen.

  • Antwort von Ma, Mittwoch, 22.Juni, 15:24 Uhr

    @ Bernhard:

    Vielen Dank für Ihre Antwort! Jetzt kann ich Ihren Kommentar besser nachvollziehen. Ob jedoch die Vorwürfe der Polizei begründet waren, bezweifle ich sehr, zudem es sich, wie Sie es beschrieben, um eine "nicht anvertraute Person, volljährig ..." handelte. Weshalb die beschriebene Person, trotz Volljährigkeit, nicht nach Belgien durfte, ist ein wenig rätselhaft. Aber diese Frage ist hier nicht Thema.

    Die flüchtenden Kinder und Jugendlichen haben auf jeden Fall mein Mitgefühl. Die Ämter scheinen überfordert zu sein. Ich vermute, darin sind wir uns einig.

Laura, Mittwoch, 22.Juni 2016, 10:51 Uhr

3. Ja, wohin werden sie denn wohl sein? Diese Frage kann nicht euer Ernst sein.

"Dafür gibt es bislang keine Indizien. "Beim Bayerischen Landeskriminalamt liegen derzeit keine Erkenntnisse über Flüchtlinge (Erwachsene und auch umF) vor, die Opfer von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung oder zur Ausbeutung der Arbeitskraft geworden sind", heißt es in der Antwort des Innenministeriums auf Ritters Anfrage."

Natürlich liegen diese "Erkenntnisse" nicht vor, weil die Täter mehr als genau darauf achten, keinerlei Spuren zu hinterlassen.
Jeder mit gesundem Menschenverstand weiß, dass diese Frauen/Mädchen/Kinder solchen menschenverachtenden Schwerverbrechern zum Opfer gefallen sind.

  • Antwort von 4fuessler, Mittwoch, 22.Juni, 14:02 Uhr

    Liebe Laura,
    wenn man denn den gesunden Menschenverstand tatsächlich bemüht, dann wird man zwangsläufig anerkennen müssen, daß diese Kinder anscheinend ohne Begleitung mindestens 3-4 fremde Länder duchquert haben müssen! Davon sind mindestens zwei Länder darunter die nicht halb so sicher sind wie Deutschland und Österreich°!
    Demnach ist es ein Tränendrüsenmärchen daß diese nun Alle in Deutschland den Schwerverbrechern zu Opfer gefallen sein sollen!
    Ein bischen mehr Menschenverstand ist bei diesem Thema warlich mehr als angesagt!

Bernhard, Mittwoch, 22.Juni 2016, 09:38 Uhr

2. Kinder und Jugendlichen nicht aufzufinden.

Der Staat hat die Pflicht, für Kinder und Jugendliche ohne Eltern die Fürsorgeaufsicht zu 100 % zu übernehmen.
Würden die Eltern die Fürsorgeaufsicht für 24 - 48 Stunden in dieser Art vernachlässigen, wäre die Sozialaufsicht da und die Eltern würde ein Verfahren erwarten.
Das ist sehr beschämend und ein Armutszeugnis aller Verantwortlichen. Politik, Beamten und Angestellten.
Wobei die kleinste Schuld die Beamten und Angestellten haben, da diese chronisch Unterbesetzt sind.
Aber die schwarze Null anstreben und sich auf die Schulter klopfen.
Und wenn es übergriffe von Pädophilen gibt, hat natürlich wieder keiner eine Schuld auf sich geladen.
Ändert endlich Euren Parteinahmen: Statt CSU oder CDU = ESU oder EDU (E für Egoistisch)

  • Antwort von Josef, Mittwoch, 22.Juni, 12:42 Uhr


    Erstens ist es schlicht unmöglich, Jugendliche unter einer Art Daueraufsicht zu halten, wer eigene Kinder hat, weiß, dass das unmöglich ist. Zweitens haben die meisten unbegleiteten Flüchtlinge Eltern, da sie diese vermutlich auf die Reise geschickt haben, ergo haben die sich unverantwortlich benommen. Drittens ist die Frage, die ich mir stelle, ob ein Familiennachzug bei solchem Verhalten Sinn macht, weil es dann sehr wahrscheinlich Nachahmungstäter gibt.