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"Generation What"-Studie Terror verändert die Sichtweise junger Deutscher

Die Terroranschläge in Frankreich und Bayern zeigen Wirkung. Deutsche zwischen 18 und 34 Jahren haben einer aktuellen Studie zufolge mehr Angst vor sozialen Unruhen, sind skeptischer gegenüber Zuwanderung - und vertrauen der Polizei mehr als zuvor.

Von: Tobias Bönte und Michael Kubitza

Stand: 13.09.2016

Symbolbild: Jugendliche umarmen sich auf einem Festival | Bild: Colourbox

Das sind die ersten Ergebnisse von "Generation What?", der europaweiten Studie zur Lebenswelt junger Menschen, an der sich bisher mehr als 880.000 Menschen aus 34 Ländern Europas beteiligt haben. Das SINUS-Institut verglich mit Hilfe repräsentativer Stichproben das Antwortverhalten der Teilnehmer von "Generation What?" vor den Anschlägen von Nizzar, Ansbach und Würzburg, währenddessen und danach.

Die erste Erkenntnis: Auf die generelle Einschätzung der Zukunft haben die Anschläge bisher keinen großen Einfluss. Rund 56 Prozent der 18- bis 34-Jährigen bezeichnen sich weiter als "optimistisch" oder gar "sehr optimistisch" - ein Wert, der nur unter den jüngsten Befragten relevant zurückgegangen ist.

Infografik: Wenn du an die Zukunft denkst...

Bemerkenswert allerdings: Während Frauen etwas weniger zuversichtlich in die Zukunft blicken, ist der Optimismus unter den befragten Männern sogar leicht gestiegen.

Infografik: Optimistisch? Unterschiede bei Frauen und Männern

Auch bei den weiteren Fragen lassen sich relevante Verschiebungen erkennen.

Zustimmung zur Zuwanderung: weiter hoch, aber leicht sinkend

Nachdem die Gewalttaten mit Ausnahme des Amoklaufs von München einen islamistischen Hintergrund hatten, wird in Politik und Gesellschaft das Thema Zuwanderung wieder intensiv diskutiert. Auch bei jungen Menschen hat die Gewaltwelle Spuren hinterlassen.

  • "Zuwanderung von Menschen aus anderen Ländern bereichert unsere kulturelle Vielfalt" : Dieser Aussage konnten bis einschließlich Juni 2016 noch 78 Prozent der Teilnehmer zustimmen, ab dem 15. Juli waren es nur noch 73 Prozent. Während Multi-Kulti bei den Hochgebildeten gesetzt zu sein scheint (87 Prozent vor und 85 Prozent nach den Terroranschlägen), fallen die Unterschiede bei den formal niedrig Gebildeten deutlicher aus (74 Prozent vorher versus 67 danach). Am größten ist der Effekt bei den 18- und 19-Jährigen, deren Zustimmung von 83 Prozent auf 74 Prozent sinkt.
  • "Wähle die drei Dinge aus, die dir momentan am meisten Angst machen“ : Bei dieser Frage wurde Terrorismus nach dem 15. Juli von 34 Prozent der Befragten gewählt - das sind vier Prozent mehr. Auch hier ist auffällig, dass jüngere und bildungsfernere Teilnehmer deutlich mehr durch die aktuellen Ereignisse beeinflusst wurden.

Die Angst vor sozialen Unruhen wächst

Überraschend, auch für die Forscher des SINUS-Instituts, war eine Veränderung im Antwortverhalten auf die Frage "Wähle die drei Punkte, über die Du Dir am meisten Sorgen machst“. Hier kam es zu einem signifikanten Anstieg bei der Auswahlmöglichkeit „Soziale Unruhen“. Bis 30. Juni: 35 Prozent, ab 15. Juli: 41 Prozent.

"Besonders bemerkenswert ist, dass dieser Anstieg alters-, geschlechter- und bildungsübergreifend ist"

Maximilian von Schwartz, Studienleiter für 'Generation What?' beim SINUS-Institut.

Großes Vertrauen in die Polizei

Positive Effekte hatte die Gewaltwelle auf das Vertrauen in die Polizei. So gaben nach den Anschlägen 69 Prozent an, der Polizei zu vertrauen. 19 Prozent vertrauen der Polizei sogar "völlig". Das sind immerhin fünf Prozentpunkte mehr als noch Ende Juni.

Nachrichten: kein reines Vergnügen

Ein weiterer Befund ist aus psychologischer Sicht interessant. So geben nach den Anschlägen vom Juli 2016 deutlich mehr Menschen an, ohne aktuelle Nachrichten und Informationen glücklich sein zu können. Die deutliche Steigerung um 9 Prozentpunkte insgesamt zeigt sich in allen Alters- und Bildungsgruppen beinahe gleichermaßen. Es kann spekuliert werden, dass solche Nachrichten die Menschen derart belasten, dass sie zum Schluss kommen, ohne diese Meldungen glücklicher zu sein (Verdrängungsstrategie).

Die Studie geht weiter

Noch bis November können junge Menschen zwischen 18 und 34 Jahren auf www.generation-what.de an der Umfrage teilnehmen: Sie umfasst 149 Fragen von Politik über Religion bis hin zu Sexualität und Lebensglück. Das Ziel: Die 18- bis 34-jährigen Europäer sollen die Chance erhalten, selbst ein Bild ihrer Generation zu zeichnen.

Koordiniert wird "Generation What?" von der Europäischen Rundfunkunion (EBU). In Deutschland begleitet der Bayerische Rundfunk zusammen mit dem ZDF und dem SWR das Projekt. Auf der Webseite stehen bereits nach Alter, Bildung und Geschlecht differenzierte Befunde in den Rubriken "So denkt Europa" und "So denkt Deutschland“. Im November wird das SINUS-Institut mit seinen Kooperationspartnern anhand einer repräsentativ gezogenen Stichprobe die Endergebnisse vorstellen.


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Wanda, Donnerstag, 15.September 2016, 03:10 Uhr

8. fragwürdig...

Traue keiner Umfrage, die du nicht selbst in Auftrag gegeben hast...

Truderinger, Mittwoch, 14.September 2016, 23:16 Uhr

7. Hoffentlich...

lernen junge Leute aus dem Erstarken rechter Gruppierungen , dass Freiheit und Demokratie nichts Gottgegebenes ist, sondern täglich verteidigt werden muss!

Opa Franz, Mittwoch, 14.September 2016, 17:51 Uhr

6. Bereicherung ?

Dass Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen - sofern bisher noch nicht oder minimal vertreten - kulturelle Vielfalt v e r m e h r e n (iSv erweitern) kann, liegt auf der Hand. Das allein ist aber per se noch keine B e r e i c h e r u n g, wie man dies Wort üblicherweise versteht, nämlich dass - salopp formuliert - "unter dem Strich" weitgehend positives Neues bilanziert wird.
Also:
warum wurde nicht nachgefragt, worin die Bereicherung gesehen wird:
Meint man etwa, "endlich mal" Menschen helfen zu können ? (Ggfrage: gabs solche bisher nicht) ?
Sind etwa Burka, Niqab, Burkini willkommene Mahnung, uns wieder mehr zu verhüllen ? (Immer weiter gehende Entblößungen sind doch wichtiges "errungenes" Kulturgut )
Retten uns etwa massenhaft zuströmende Facharbeiter und Hochqual. vor einem sonst unvermeidlichen Niedergang ?

Bereicherung ? Das ist so leicht gefragt und bejaht -. Man/frau will ja nicht "diskriminieren".

  • Antwort von N. Schöttl, Mittwoch, 14.September, 19:19 Uhr

    Dies klingt für mich wie die Titanic, aber wäre es dann nicht klüger, lieber die Piraten zu wählen? Die Piraten kennen sich immerhin mit der Seefahrt aus. Na dann, Schiff ahoi Matrose!

Mittsechziger, Mittwoch, 14.September 2016, 17:29 Uhr

5. Daraus sollte man auch in jungen Jahren die richtigen Schlüsse ziehen.

Da sollen die aber auch zu den nächsten Wahlen mit ihrer Stimmabgabe zeigen, dass sie Einfluss auf die Zukunft dieses Landes nehmen wollen. Es ist erschreckend, wie niedrig die Wahlbeteiligung bei den Mittdreißigern zur Europawahl war. Es gibt einfach zu viele Menschen, die sich nur mit ihrem Smartphone beschäftigen in der Freizeit und im Alltag wirken, als würden die nur noch durch ihr Dasein hetzen. Es soll wirklich Dreißig- und Vierzigjährige geben, die gar keine Nachrichten hören oder sehen. Die sicherlich gar nicht wissen, was im Land oder in der Welt passiert. Der andere Teil ist häufig links gepolt, besonders die Generation Daumen, also viele unter 25jährige. Da schrecken erst solche Ereignisse auf, wie das widerliche Zug-Attentat oder die schlimme Schießerei im Einkaufszentrum. Somit ist die Verunsicherung wohl deswegen sogar bei den jungen Leuten angekommen.

Stan, Mittwoch, 14.September 2016, 16:01 Uhr

4. Multi-Kulti ist tot

Kann mir nicht vorstellen, daß Ihre Statistik repräsentativ ist. Habe beruflich viel mit Menschen zu tun.
Die derzeitigen Veränderungen durch die Flüchtlinge finden mehrheitlich eine sehr negative Resonanz.
Eine Kollegin, mit der ich auf das Thema zu sprechen kam, bestätigte mir das gleiche. Die Einwanderung wird überwiegend mit Wut zur Kennnis genommen.
Multi-Kulti wird allenfalls von einer naiven Minderheit begrüsst.

  • Antwort von N. Schöttl, Mittwoch, 14.September, 16:10 Uhr

    Mein herzliches Beileid. Wie alt ist er / sie denn geworden?

  • Antwort von Wuiderer, Mittwoch, 14.September, 16:19 Uhr

    Ja klar, ist nicht repräsentativ, aber eine "Umfrage" unter einer Kollegin ist repräsentativ und vielleicht sind die Menschen mit denen Sie zu tun haben "formal eher niedrig gebildet"

  • Antwort von Isabell Speidel, Mittwoch, 14.September, 16:35 Uhr

    @Wuiderer
    Gerade unter den Gebildeten und Wohlhabenden wird das Thema argwöhnisch betrachtet.
    In manchen Stadtteilen von Berlin und Hamburg wehren sich die Bürger gegen derartige Unterkünfte.

    Der Dumme Zeitgenosse glaubt noch das "Wir schaffen das!"

  • Antwort von N. Schöttl, Mittwoch, 14.September, 16:48 Uhr

    @Isabell Speidel
    Nach sehr viel Selbstvertrauen klingt dies ja nicht. Wo drückt denn Ihnen der Schuh? Wenn Sie arm sind, dann haben Sie ebenso ein Recht zum Sozialamt zu gehen. Wenn Sie reich sind, dann freuen Sie sich, dass Sie zu den wenigen Priveligierten gehören, die ärmeren Menschen finanziell unter die Ärmel greifen können. Nächstenliebe kommt immer gut an. Kopf hoch, das bekommen Sie schon hin!

  • Antwort von Stan, Mittwoch, 14.September, 17:08 Uhr

    @ N.Schöttl: es macht immer wieder Spaß zu sehen, wie sich die Gutmenschen mit boshaften Kommentaren outen.
    @ Wuiderer: die Kollegin und ich haben mit Menschen jeden Alters zu tun, mit Frauen und Männern, mit Arbeitern, Angestellten und Akademikern, mit In- und Ausländern. Also ein guter Querschnitt der Bevölkerung. Auch ""formal eher niedrig gebildet" e Menschen pflegen Beschwerden zu haben, die auch Sie früher oder später ereilen, sollten Sie zu den Sterblichen gehören. Besserwisser gehören auch zu dem von uns betreuten Personenkreis, dem wir natürlich auch helfen.

  • Antwort von N. Schöttl, Mittwoch, 14.September, 17:36 Uhr

    @Stan
    Meinen Sie so: ?=)(/&%$§"! ??

  • Antwort von Antwort von Monaco an N. Schöttl, Mittwoch, 14.September, 17:40 Uhr

    Mein Beileid an Sie. Wenn Sie es immer noch nicht verstanden haben, dann verfolgen Sie bitte die Masseneinwanderung der Europäer in die USA. Da ist für die ursprüngliche Bevölkerung kein Stein auf dem anderen geblieben. Bildung und Weiterbildung hilft auf alle Fälle.

  • Antwort von PS_ED, Mittwoch, 14.September, 18:16 Uhr

    @Stan: Nach ihrem Kommentar für N.Schöttel sind sie wohl auch ein Gutmensch ;)!

    Nun es mag sein, dass man die "Zuwanderung" argwöhnisch betrachtet und das man sich sorgen macht, nun dies ist aber nicht neues und man muss diesen Menschen sagen, "Leute werdet endlich erwachsen: Leben bedeutet Veränderung!"

    Somit gilt,
    - Wer seine Hände in den Schoss legt, der wird von der Realität überrollt und letztlich abgehängt!
    - Wer mitmacht und sich der Veränderung stellt, muss evtl. Verluste akzeptieren, hat aber die Chance zu profitieren!

    Lieider reicht hier der Text nicht aus, sonst könnte ich es ihnen dies mathm. / wissenschaftlich belegen:

    Es ist eine grundsätzliche Erkenntnis der Chaostheorie (Bekanntes Bild, Flügelschlag eines Schmetterling!) man kann auch sagen Kleine Ursache große Wirkung! Menschen in Not sind da, ob wir wollen oder nicht, d.h. irgendwie schaffen wir es, es geht um die Werte der Humanität unddes GG!

  • Antwort von N. Schöttl, Mittwoch, 14.September, 19:03 Uhr

    @Stan
    Wären Ihnen Gauner und Halunken denn lieber?

  • Antwort von N. Schöttl, Mittwoch, 14.September, 19:12 Uhr

    @von Monaco
    Also dafür, dass in den USA "kein Stein auf dem anderen geblieben" ist, finde ich die Rocky Mountains ziemlich hoch. Der Mount Robson misst sogar 3954 Meter. Da liegen sicherlich noch etliche Steine wie ursprünglich übereinander.

  • Antwort von Stan, Mittwoch, 14.September, 19:22 Uhr

    @ PS_ED: Ich helfe gerne, Menschen, Tieren. Pflanzen. Aber ich bin deswegen kein Gutmensch.
    Als Naturwissenschaftler halte ich mehr von evidenzbasierten Erkenntnissen. Der Flügelschlag des Schmetterlings ist altbacken und bei Esoterikern hoch im Kurs.
    Veränderungen bieten hin und wieder Chancen.
    Zuwanderung bietet die "Chance", überwunden geglaubte Krankheiten wie die Tuberkulose bei uns wieder pandemisch einzubürgern.
    Ich halte nichts davon, "Kuckuckseier" hochzupäppeln, damit der ins Nest gelegte "Zuwanderer" schließlich den eigenen Nachwuchs aus dem Nest wirft.
    Wie Monaco schon andeutete, ich werde nicht daran mitwirken, das Fundament zu legen, um der einheimischen Bevölkerung der nächsten Generationen den Pfad ins Reservat zu bahnen.

  • Antwort von Gabi P., Mittwoch, 14.September, 20:14 Uhr

    @PS-ED
    Ihre Argumentation lässt sich zu großen Teilen auch von der Gegenseite übernehmen und ist somit kein Wert an sich, der zwangsläufig zu einem positiven Umgang mit Flüchtlingen führt.
    Denn wer argwöhnisch beobachtet, wie Rechte und AfD erstarken und gesellschaftsfähiger werden, dem könnte man auch sagen "Leben bedeutet Veränderung".
    Und wer sich aktiv gegen die Flüchtlingspolitik stellt, könnte ebenso für sich in Anspruch nehmen, dass er nicht die Hände in den Schoß legt, um nicht überrollt zu werden.
    Sich der Veränderung stellen, kann also zu allen möglichen Reaktionen führen, nicht nur zu 'wir schaffen das', sondern auch zu 'wir wehren uns'. Somit kann diese Aufforderung durchaus nach hinten losgehen.

  • Antwort von Zwiesel, Mittwoch, 14.September, 20:44 Uhr

    @Monaco:
    Ihr Hinweis "Europäer als Einwanderer in den USA". Europäische Amerikaner haben sich auch Sklaven aus Afrika geholt. Die Europäer haben auch Afrika zu Grunde gerichtet und lassen denen auch weiterhin keine Luft zum Atmen. Europäer haben auch die arabische Welt im eigenen Interesse bekämpft und tun es heute noch. Warum von den Europäern aber immer auf Andere schließen? Viele kommen, weil wir Ihnen die Lebensgrundlage zerstört haben und weiter zerstören. "Bildung und Weiterbildung hilft auf alle Fälle."

  • Antwort von Truderinger, Mittwoch, 14.September, 20:56 Uhr

    Stan, es ist immer wieder erheiternd, wenn ausgerechnet Hetzer wie Sie anderen Boshaftigkeit vorwirft!

  • Antwort von Stan, Donnerstag, 15.September, 18:52 Uhr

    @ Truderinger, wenn ich für Sie ein "Hetzer" bin, dann sagt das mehr aus über Sie. Tatsachen nüchtern zu beschreiben oder die Wahrheit zu nennen hat etwas mit Gelassenheit und Scharfsinn zu tun.