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EU ringt um einheitliches Recht Verschärftes Waffengesetz im Visier

Nach dem Amoklauf in München forderte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ein vereinheitlichtes Waffengesetz auf EU-Ebene. Doch das wird schwierig, zu unterschiedlich sind die Interessen.

Von: Kai Küstner

Stand: 25.07.2016

Waffe der Firma Glock | Bild: BR

Dass es in Europa ungleich schwieriger ist, eine Waffe zu erwerben oder zu besitzen als in den USA, ist kein Geheimnis. Das bedeutet aber nicht, dass es keinen Verbesserungs- oder Verschärfungsbedarf gäbe. Den jedenfalls sieht die EU-Kommission unbedingt. Sie hatte bereits im November 2015 - nur wenige Tage nach der Terrorserie von Paris - ein Gesetzespaket zum Thema Schusswaffen vorgeschlagen.

"Ziel war es, sich strengere und besser aufeinander abgestimmte Regeln zu geben, die sich mit der Beschaffung und dem Handel von Schusswaffen befassen."

Elzbieta Bienkowska, EU-Binnenmarktkommissarin

Große Unterschiede innerhalb der EU

Bienkowska hat das aber selbstredend nicht allein zu entscheiden. Ab September wird also nun das Ringen mit den EU-Hauptstädten und dem Parlament um das richtige Vorgehen beginnen. Das Problem: In der EU gibt es Staaten wie Deutschland, die sich selbst relativ scharfe Waffengesetze auferlegt haben, und andere - Tschechien etwa -, die weniger streng sind.

Problem "Theaterwaffe"

Immer wieder sollen Terroristen bei ihren Anschlägen, aber auch der Amokläufer von München, sogenannte "Theaterwaffen" verwendet haben. Das sind Waffen, die eigentlich unbrauchbar gemacht, aber wieder in tödliche Werkzeuge zurückverwandelt wurden. Hier versucht die EU-Kommission nun europaweit radikal umzusteuern, überhaupt Standards einzuführen, die einen Umbau "deaktivierter Waffen" verhindern.

"Bislang werden die nicht als Waffen betrachtet, sondern einfach als Metallgegenstände, die im Binnenmarkt frei gehandelt werden können."

Elzbieta Bienkowska

Sportschützen und Jäger fürchten Einschränkungen

Überhaupt sieht das geplante Gesetzespaket vor, es Terroristen und anderen zu erschweren, sich Waffen zu beschaffen - ob im Internet oder anderswo. Doch die europäische Kompromissfindung ist schwierig: Sportschützen und Jäger fürchten Einschränkungen ihrer Tätigkeit und klagen, sie würden mit Mördern in einen Topf geworfen. Museen fürchten um ihre Sammlungen. Gleichzeitig drängen Staaten wie Frankreich, die wiederholt Opfer von Terrorattacken wurden, auf eine Verschärfung der europäischen Waffengesetze. Und das alles in einem Themengebiet, das selbst vom Sprecher des Bundesinnenministeriums, Tobias Plate, als "super-komplex" bezeichnet wird.

"Das ist ein Thema 'von Nerds für Nerds'. Das soll nicht heißen, dass das nicht wahnsinnig wichtig ist. Aber das ist wirklich kompliziert."

Tobias Plate, Sprecher des Bundesinnenministeriums

Manche EU-Staaten bestehen auf Ausnahmen

Klar ist, dass die weitgehenden Vorschläge der EU-Kommission bereits jetzt von den Einzelstaaten verwässert wurden: Für jeden, der die Papiere mit den jeweiligen Positionen nebeneinander legt, ist das unschwer zu erkennen. So wollte die Brüsseler Behörde viel strengere Regeln für halbautomatische Waffen - also solche, die nicht aktiv nachgeladen werden müssen. Die EU-Staaten wollen hier zahlreiche Ausnahmen einbauen.

"Wir rufen die Einzelstaaten und das EU-Parlament dazu auf, das ehrgeizige Niveau, das unsere Vorschläge auszeichnet, zu bewahren, während sie daran arbeiten - um die Sicherheit unserer Bürger zu gewährleisten."

Ricardo Cardoso, Sprecher der EU-Kommission

Zum Beispiel eine Kalaschnikow: illegal relativ leicht zu beschaffen

Wie streng und wie europäisch die Waffengesetze am Ende wirklich ausfallen, ist nun Verhandlungssache. Auch bei verschärfter Rechtslage allerdings dürfte es Europa weiter schwer fallen zu verhindern, dass sich Kriminelle oder Terroristen illegal Tötungswerkzeuge beschaffen können. Wer über die nötigen Beziehungen verfüge, sagen Experten, könne sich nach wie vor auf dem Schwarzmarkt auch schwere Waffen wie Kalaschnikow-Sturmgewehre besorgen.


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Jinks Plays, Dienstag, 26.Juli 2016, 17:51 Uhr

2. Wo wirkt ein Waffenrecht

Bei der Betrachtung des Waffenrechts wird immer wieder vernachlässigt, dass Waffengesetze grundsätzlich von Terroristen und Verbrechern nicht befolgt werden. Das bedeutet, unabhängig davon wie scharf ein Waffengesetz formuliert ist, werden Terroristen und Verbrecher sich nicht daran halten und weiterhin zuverlässige, illegale Quellen für Ihre Tötungswerkzeuge haben, denen man mit Gesetzen nicht beikommt.
Ein Beispiel: Allein die Sturmgewehre zu besitzen, die Terroristen üblicherweise verwenden ist in Deutschland bei Strafe verboten. Diese Art Gewehr - vollautomatische Waffen - verwendet kein Jäger oder Sportschütze.
Trotzdem macht man entsprechende schärfere Gesetze, die Sportschützen und Jäger betreffen - die sich daran halten - und verfehlt die tatsächlichen Schuldigen, die auch die neuen Gesetze einfach weiterhin ignorieren.

Das bedeutet, jedes Waffengesetz, welches aufgrund und im Hinblick auf Terrorismus oder Verbrechen erlassen wird, ist eine Mogelpackung.

  • Antwort von Thorsten Strakosch, Mittwoch, 27.Juli, 22:33 Uhr

    Richtig. Terroristen und Amokläufer beschaffen sich keine legalen Waffen. Werden Waffen falsch oder zugänglich aufbewahrt, ist das ein Verstoß gegen das Waffengesetzt, diese Personen sind i.S. des Waffengestzes nicht zuverlässig! Aber wie Anschläge der letzten Zeit zeigen, kommen Waffen aus dem Darknet. Weitere illegale Beschaffungswege sind über die Türkei oder massenhafte Bestände aus dem ehemaligen Krieg in Jugoslawien usw.! Hier hilft kein Waffengesetz. Das ist reiner Populismus, durch den die Politik die Unkenntnis der Bevölkerung für den Zugewinn von Wählerstimmen missbraucht. Der Bürger, der sich an Gestze und Vorschriften hält, wird mit Füßen getreten und mit Terroristen und Mördern gleichgestellt. Einzige Ausnahme zu den Vebrechern: seine Steuergelder finanzieren diese katastrophale Politik!

Bernhard, Montag, 25.Juli 2016, 20:46 Uhr

1. ich bin von unserem "Geheimdienst" sehr enttäuscht.

Es muss doch möglich sein, wenn Attentäter mit 17 - 18 Jahren ins "sogenannten Damknet" kommen, dass der Geheimdienst dies auch schaffen müsste.
Bei den "NSU" Morden waren so viele von verschieden Geheimdienststellen im Umfeld der Täter und den Tatorten, und niemand hat etwas bemerkt.
Entweder die bekommen für schlechte Arbeit guten Lohn, oder der Wille zur guten Arbeit ist sehr klein.
Und die Subjektive Sicherheit und zum Teil auch die Objektive Sicherheit geht halt nur über mehr Personal bei der Polizei.
Wenn ich die wenigen Polizisten nur noch aus Bildern kenne, nimmt das Gefühl der Sicherheit ab.