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Proteste in Bulgarien Hass auf alles Fremde

"Bulgarien!", rufen sie, und: "Fremde raus!". Szenen vor dem Flüchtlingsheim der Stadt Harmanli im Süden des Landes vor wenigen Tagen. Organisiert hat die Proteste der nationalistische Europa-Abgeordnete Dzhambaski. Er will ein EU-weites Referendum gegen die Fremden.

Von: Stephan Ozsvath

Stand: 06.10.2016

Zaun zwischen Bulgarien und der Türkei | Bild: picture-alliance/dpa

"Man soll die Zahl der Flüchtlinge wenigstens beschränken. Die meisten sind junge Männer. Unsere Stadt ist klein. Und sie sind schon mehr als wir."

Eine Frau in Harmanli

10.000 Einwohner hat Harmanli - und 3.500 Migranten. Die meisten sind Pakistanis oder Afghanen. Das Städtchen liegt nahe an der Grenze zur Türkei.

"Sie sind nicht willkommen, denn sie unterscheiden sich von uns kulturell, zivilisatorisch, historisch und religiös. Sie wollen sich nicht in unsere Gesellschaft integrieren. Sie kommen hierher, um uns zu verändern. Wir wollen das nicht und werden es nicht zulassen. Deswegen bestehen wir darauf, dass die Migrantenzentren und Lager aufgelöst und ihre Bewohner dorthin zurückgeschickt werden, woher sie gekommen sind oder zu Erdogan."

Der nationalistische Europa-Abgeordnete Angel Dzhambaski

Wer kann, flieht aus Bulgarien

Fast 15.000 Migranten sind dieses Jahr laut Innenministerium nach Bulgarien gekommen, etwa die Hälfte ist noch im Land. Die Flüchtlingszentren sind völlig überfüllt. Wer kann, geht weiter. Meist nach Serbien, doch auch an der Grenze zum Nachbarn sind die Kontrollen mittlerweile schärfer. Innenministerin Rumjana Batschwarowa ist damit zufrieden.

"Wir kommen gut zurecht. Wir haben keine neue Migrantenroute über Bulgarien zugelassen, auf der die Migranten einfach durchziehen, ohne registriert zu werden. An der bulgarisch-serbischen Grenze halten wir die Migranten auf, die rübergehen wollen. Manche Menschen werden bis zehnmal aufgehalten. Sie bleiben hier, auch wenn es für uns sehr schwer ist, denn unsere Zentren sind voll. Wir machen aber keine Kompromisse bei Registrierung und Flüchtlingsstatus."

Innenministerin Rumjana Batschwarowa

Grenzaun auf 300 Kilometern

Grenzzaun zwischen Bulgarien und der Türkei

Derzeit kontrollieren Grenzpolizisten und Soldaten die Grenze, 150 Frontex-Beamte helfen dabei. 200 zusätzliche Kräfte plus Hunde und Ausrüstung sollen kommen, hat die europäische Grenzschutzagentur versprochen. Aus Brüssel kommt auch Geld: 160 Millionen Euro für Ausrüstung und Flüchtlingszentren. Demonstranten in Harmanli sind empört.

"Mit den EU-Geldern soll man keine Unterkünfte bauen, sondern sie in Flugzeuge stecken und dorthin zurückschicken, woher sie gekommen sind."

Eine Demonstrantin

Flüchtlinge als Bedrohung

Laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung, sieht jeder zweite Bulgare die Ankommenden als Bedrohung an. Fünf Prozent sagen sogar offen, dass sie die Fremden hassen. Die neueste Idee der bulgarischen Regierung: Die Ankommenden sollen in menschenleeren Dörfern angesiedelt werden. Neben den offiziellen Grenzschützern haben sich mittlerweile auch Private selbst ermächtigt. Sie patrouillieren an der Grenze, gehen äußerst rüde mit denen um, die sie schnappen. Die Regierung in Sofia lässt sie vorerst gewähren.

Bojko Borissow

"Letztlich wollen wir, dass diese Menschen zurück nach Hause gehen. Wir wollen nicht, dass sich einige Millionen Menschen dauerhaft in Europa ansiedeln, nicht wahr? Ich bin bereit, 1.200 Migranten zu helfen. So viele haben wir versprochen aufzunehmen. Aber derzeit haben wir mehr als 7.000 hier. Ich will auch wissen, wie lange: sechs Monate, ein Jahr ? Danach sollen sie zurück."

Der konservative Regierungschef Bojko Borissow

Das hänge aber von den Großmächten mit ihren Interessen im Nahen und Mittleren Osten ab, meint Borissow. Für diesen Freitag sind neue Proteste in der bulgarischen Hauptstadt Sofia angekündigt.


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