Brexit am Londoner Immobilienmarkt Dem Luxus geht die Luft aus
Die Preise auf dem britischen Immobilienmarkt - vor allem in London - kannten viele Jahre nur eine Richtung: nach oben. Doch der Brexit-Entscheid hinterlässt erste Spuren. "Shocking" finden das viele der immobilienverrückten Briten - und die Banker rufen bereits wieder nach staatlicher Hilfe.
Ein Townhouse in der Nähe des Regent’s Park: drei Wohnzimmer, sechs Badezimmer, zehn Schlafzimmer, auf dem Markt für knapp 12 Millionen Pfund - ein aktuelles, keineswegs außergewöhnliches Angebot von KnightFrank für eine Top-Lage in London. Den ersten Brexit-Schock habe der Markt besser verdaut als erwartet, sagt Tom Bill, der für die Makler-Kette die Lage in der Hauptstadt beobachtet.
"Zwei Monate nach dem Brexit läuft das Geschäft in London doch noch recht gut."
Tom Bill, Makler bei KnightFrank
Heulen und Zähneklappern hatten EU-Befürworter Immobilienbesitzern im Brexit-Fall prophezeit. Einige Makler berichten, dass manche Verkäufer nach dem Volksentscheid tatsächlich den Preis um bis zu zehn Prozent senken mussten, um Luxus-Immobilien loszuwerden. Bill meint allerdings, der Brexit sei nur der Auslöser, der Katalysator gewesen für eine längst überfällige Korrektur.
"Der Brexit ist doch nur ein Katalysator für überteuerte Immobilien, die jetzt angepasst wurden."
Tom Bill, Makler bei KnightFrank
Sinkflug eingeleitet
Seit mehr als einem Jahr schwächelt der High-End-Immobilienmarkt bereits, weil der Staat seitdem von Käufern höhere Steuern kassiert. Für dieses Brexit-Jahr sagt KnightFrank nun voraus, dass die Preise für Immobilien in 1-A-Lagen rund um den Hyde Park im Schnitt um zwei Prozent sinken. Für Lucian Cook vom Konkurrenten Savills ist die große Frage, was dann passiert.
"Das ist ist die Schlüsselfrage, was als nächstes passiert. Es gibt wichtige Indikatoren, die ein Abbremsen auf dem Markt andeuten"
Lucian Cook, Makler bei Savills
Stimmungsindikatoren signalisieren weitere Bremsspuren. Die Bank of England hat den Leitzins gesenkt und stützt die Kreditvergabe, um Kaufanreize zu setzen. Auf dem Markt für Büro- und Gewerbeimmobilien hat sich die Brexit-Unsicherheit im Sommer bereits gezeigt. Ben Burston vom Immobilien-Dienstleister Jones Lang LaSalle ist zwar nicht allzu pessimistisch – erwartet aber, dass in den nächsten zwölf Monaten die Preise unter Druck geraten.
"Ganz klar haben wir durch den Brexit einen Einfluss gesehen. Und wir werden in den kommenden zwölf Monaten sehen, dass die Preis unter Druck kommen werden."
Ben Burston vom Immobilien-Dienstleister Jones Lang LaSalle
Deal geplatzt, Projekt auf Eis und Geld verloren
Einige geplante Deals sind nach dem Brexit geplatzt; mehrere Immobilienfonds wurden eingefroren, so dass Anleger nicht an ihr Geld kommen. Ob die Preise sinken oder steigen, hängt aber vor allem davon ab, wie stark sich – nach dem Brexit-Votum - die Konjunktur eintrübt. Und der Immobilienmarkt nehme oft die Entwicklung in der Wirtschaft voraus.
"Der Immobilienmarkt rennt der Wirtschaft oft voraus."
Lucian Cook, Makler bei Savills
"Still early days", sagen viele Makler in der Hauptstadt: Die Robustheit der britischen Wirtschaft muss sich erst noch erweisen. Denn die Brexit-Ungewissheit bleibt, solange London und Brüssel die Scheidung und den neuen Beziehungsstatus verhandeln. Immobilien-Fachmann Tom Bill von KnightFrank hofft, dass insbesondere für die Finanzindustrie eine vorteilhafte Regelung herauskommt.
"Was am Ende der Verhandlungen rauskommen sollte, ist ein Deal der vor allem dem Finanzsektor in London entgegenkommt."
Tom Bill, Makler bei KnightFrank
Banker rufen nach Hilfe - mal wieder
Sollten Banker in Scharen von der Insel auf den Kontinent ziehen, dann dürften die Immobilienpreise fallen. Noch aber ist die Nachfrage groß und das Angebot gering, noch übt sich die Branche in Optimismus. Die Makler preisen London weiter als attraktiven Standort, auch nach dem Brexit. Zumal der drastische Pfund-Verfall den Kauf eines Hauses oder einer Wohnung jetzt günstiger macht für Investoren aus aller Welt. Sofern sie die eine oder andere Million übrig haben.
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drosch, Samstag, 27.August 2016, 12:57 Uhr
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