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Bayern-Ei-Skandal Gutachter wirft Staatsregierung Verstöße vor

In der Bayern-Ei-Affäre geraten die bayerischen Behörden weiter in die Kritik. Ein renommierter Jurist wirft der Staatsregierung vor, deutsches und europäisches Recht gebrochen zu haben. Das Schweigen der Behörden könnte tödliche Folgen gehabt haben.

Von: Philipp Grüll und Frederik Obermaier

Stand: 01.12.2015 | Archiv

Bayern-Ei Skandal | Bild: Bayerischer Rundfunk

In einem 40-seitigen Gutachten, das dem BR-Politikmagazin Kontrovers und der Süddeutschen Zeitung vorliegt, kommt der Hamburger Juraprofessor Martin Holle zu dem Schluss, die bayerischen Behörden hätten im August 2014 einen öffentlichen Rückruf von Eiern der Firma veranlassen oder die Verbraucher über eine mögliche Salmonellen-Gefahr informieren müssen.

Ein Todesfall, der mit mutmaßlich salmonellenverseuchten Eiern des größten bayerischen Eierproduzenten in Verbindung gebracht wird, hätte damit womöglich verhindert werden können. Auf Anfrage teilte das bayerische Verbraucherschutzministerium am Dienstag mit, die zuständigen Behörden hätten “nach Recht und Gesetz” gehandelt.

Die Landtags-SPD hat das Gutachten inzwischen ins Internet gestellt:

Der Skandal

Im Sommer 2014 waren europaweit hunderte Menschen an Salmonellen erkrankt, mindestens drei Männer starben. Die Europäische Seuchenschutzbehörde wurde alarmiert, Wissenschaftler verfolgten den ungewöhnlichen Ausbruch schließlich zur niederbayerischen Firma Bayern-Ei zurück. Dort waren schon Monate vor den mysteriösen Krankheitsausbrüchen bei amtlichen Tests Salmonellen auf Eiern festgestellt worden.

Die Auswertung von amtlichen Proben dauerte allerdings teilweise mehr als sechs Wochen. Dies wertet Gutachter Martin Holle als Verstoß gegen EU-Recht.

 Warnungen ignoriert

Spätestens im August 2014 gab es nach Auffassung des Juristen deutliche Hinweise, dass von den Eiern der niederbayerischen Firma ein Gesundheitsrisiko ausging: Mehrere Tests bei Bayern-Ei hatten eine Salmonellenbelastung ergeben. In Teilen Niederbayerns gab es eine auffällige Häufung von Salmonellose-Erkrankungen. Außerdem lagen in Bayern Warnmeldungen aus Österreich und Frankreich vor, die Rede war explizit von der Firma Bayern-Ei.  

Seit langem auffällig: Der sogenannte "Hühnerbaron" Anton Pohlmann (l.) mit seinem Sohn 1996 auf dem Weg zur U-Haft.

Holle zufolge wäre es geboten gewesen, die Firma Bayern-Ei zu einem öffentlichen Rückruf aufzufordern. Bei einer Weigerung des Unternehmens hätten die Behörden einen Rückruf anordnen oder selbst die Öffentlichkeit informieren müssen. Dennoch erfuhren die Verbraucher in Deutschland 2014 nicht, dass womöglich salmonellenverseuchte Eier im Umlauf sind. Der Fall wurde erst durch Recherchen von Kontrovers und SZ öffentlich. Bayern-Ei-Eigentümer Stefan Pohlmann wurde kurze Zeit später festgenommen. Er sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft.

Das Gutachten

In Auftrag gegeben hat das rechtliche Gutachten zum Fall Bayern-Ei die SPD-Fraktion im bayerischen Landtag. Der Verfasser Martin Holle zählt zu den renommiertesten Lebensmittelrechtlern in Deutschland. Auch für die bayerische Behörden ist der Juraprofessor ein geschätzter Experte. Erst im Mai hatte ihn Bayerns Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit  als Referenten eingeladen.

Rückblick: Verweste Kadaver und federlose Hühner bei Bayern-Ei in Ettling


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vivaschrader, Samstag, 05.Dezember 2015, 02:00 Uhr

8. Anton Pohlmann der Vater aus Niedersachsen

Ich war als junger Erwachsener 1985 in Niedersachsen am sog. Dümmer dies ist ein kleiner See in der Nähe von Nienburg damals war noch Anton Pohlmann aktiv, aber schon voll in der Kritik, dann ist der Sohn offensichtlich nach Bayern emigriert,ich dachte immer die Grenzkontrollen über den Weißwurstäquator seien streng, dies scheint nicht so zu sein Es gibt dafür jede Menge Sprichwörter sicher fallen Ihnen auch welche ein. Ein Bsp: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm !! Wie können ihre Behörden so "blauäugig" sein gerade in dem weiß/blauen Bayern u den Sohn des Eierbaron, so wurde er damals genannt, nicht auf das Schärfste zu überwachen, müssen erst Menschen in GB sterben, bis Sie anfangen zu ermitteln ? U. die Bestätigung haben wir heute 04.12. bekommen, das hat jetzt nicht direkt etwas mit Eiern zu tun , aber wie will uns ein BKA vor Terrorristen schützen, wenn noch nicht mal die Landesbehörden zwischen Niedersachen u Bayern in der Lage sind gewisse Wirtschaftskriminelle aufzuhalten

John R., Freitag, 04.Dezember 2015, 22:08 Uhr

7. Bestürzt ;-)

"Die Verbraucherschutzministerin zeigte sich bestürzt über die Vorfälle. Sie hätte sich nicht vorstellen können, "dass es einen Behördenmitarbeiter gibt, der solche kriminelle Energie aufbringt ..."

Es gibt ja auch genügend "Vorbilder" in der Regierung: Haderthauer Schmied, Kreidl...

Da braucht man nicht bestürzt tun.

Hubertus, Donnerstag, 03.Dezember 2015, 21:24 Uhr

6. Respekt an den BR für die Aufdeckung des Skandals!

weiter so!

Jana Nowak, Mittwoch, 02.Dezember 2015, 17:31 Uhr

5. Schließung aller Standorte der Bayern Ei Gmbh & Co. KG

Die einzig vernüftige Folge aus dem ganzen, müsste eine Schließung aller Anlagen (Aiterhofen/Aholming/Wallersdorf) sein. Die Juristen müssen sich mit dem fehlverhalten der Behörden auseinander setzen und ich hoffe sehr, dass auch die Gewerbeaufsicht in Landshut durch den Amtsleiter Herrn Franz Maier zu dem Entschluss kommt, dass diese Tierfabriken/Vorgesetzten eine Gefahr für die dortigen Arbeitnehmer sind.

Jetzt ist es am Bürger und der Presse, um Druck auf die gewerblichen und staatlichen Ämter auszuüben. Aufklärung und Information sind jetzt lebenswichtig!

Barbara, Mittwoch, 02.Dezember 2015, 16:15 Uhr

4. Solche industrialisierten Ställe sind keine Tierhaltung,

sondern das ist Tierquälerei! Warum werden solche Ställe überhaupt genehmigt?