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Landtag billigt neues Gesetz CSU gibt dem Verfassungsschutz mehr Rechte

Der Bayerische Landtag hat mit seiner CSU-Mehrheit gegen die Stimmen von SPD und Grünen, bei Enthaltung der Freien Wähler ein neues Verfassungsschutzgesetz für Bayern beschlossen.

Von: Rudolf Erhard

Stand: 07.07.2016

Mann neben Serverschrank  | Bild: dpa/pa/Julian Stratenschulte

Es gibt den zuletzt viel kritisierten bayerischen Verfassungsschützern mehr Rechte, die bei Vorratsdatenspeicherung oder dem Einsatz von V-Leuten weiter gehen als beim Bund oder anderen Ländern. Dazu zählen auch bundesweit einmalige Zugriffsrechte auf Telefonverbindungs- und Internetdaten. Zudem erlaubt das Gesetz ausdrücklich den Einsatz krimineller V-Leute, von Ausnahmen abgesehen. Im Landtag prallten die Meinungen zur Reform des Bayerischen Verfassungsschutz der Fraktionsmitglieder Hans Reichart, CSU und Katharina Schulze, Grüne, höchst gegensätzlich aufeinander:

"Der Bayerische Verfassungsschutz ist die Speerspitze zur Verteidigung der Demokratie!"

Hans Reichart, CSU

"Der NSU musste sich selbst enttarnen. Die Sicherheitsbehörden haben versagt!"

Katharina Schulze, Grüne

Die CSU verteidigte das neue Gesetz als notwendig für den Kampf gegen Terrorismus und Extremismus. SPD und Grüne warfen CSU und Staatsregierung dagegen vor, weit übers Ziel hinauszuschießen. Die Grünen bezeichneten das umfangreiche Regelwerk als verfassungswidrig.

Umstrittener Einsatz verdeckter Ermittler

Der Vorsitzende des Rechts- und Verfassungsausschuss des Landtags, Franz Schindler, SPD, kritisierte, im neuen Gesetz seien die Aufgaben der bayerischen Verfassungsschützer bewusst unscharf beschrieben. Auch verdeckte Ermittler dürften immer noch eingesetzt werden.

"Wir haben das ja erlebt, dass das, was verdeckte Ermittler bekämpfen hätten sollen, das haben sie zunächst einmal aufgebaut."

Franz Schindler, SPD

Bundesweit einmalig sei auch das Recht auf Telefonverbindungs- und Internetdaten der Mobilfunkanbieter zugreifen zu können. Aber nicht auf Inhalte sondern nur wegen der Ortung sprich Überwachung und auch nur mit parlamentarischer Genehmigung, hielt Innenminister Joachim Herrmann den Kritikern entgegen:

"Wenn wir nicht einmal diese Daten unseren Nachrichtendiensten zur Verfügung stellen, frage ich mich ernsthaft, wie wir uns in Zukunft überhaupt noch gegenüber Terroristen und Verfassungsfeinden behaupten sollen."

Innenminister Joachim Herrmann

NSU-Aufarbeitung macht Missstände deutlich

Die Novelle war notwendig geworden, weil sich zum einen bei der politische Aufarbeitung der NSU-Mordserie in Bayern zahlreiche Missstände beim Landesamt für Verfassungsschutz zeigen. Zum anderen, weil das Bundesverfassungsgericht und Bundesgesetzgeber bei der Trennung von Polizei und Verfassungsschutz oder bei V-Leuten neue Grenzen zogen.

SPD und Grüne behalten sich Verfassungsklage vor

Die neuen Befugnisse für Bayerns Verfassungsschützer bei der Vorratsdatenspeicherung oder der Online-Untersuchung gibt es sonst deutschlandweit nirgendwo. Selbst den Kampf gegen die organisierte Kriminalität, sonst überall Aufgabe der Landeskriminalämter bzw. des BKA, haben CSU und Staatsregierung nun den bayerischen Verfassungsschützern zugeschrieben.


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Scowi, Freitag, 08.Juli 2016, 02:33 Uhr

5. Blödsinn

Denk einer von euch wirklich, dass die Möglichkeiten ausschließlich für Terrorbekämpfung benutzt wird? Der GROßTEIL wird nicht dafür verwendet!

G.W., Donnerstag, 07.Juli 2016, 18:49 Uhr

4. Sicherheit

Sicherheit geht vor, wir wissen nicht wer alles in unserem Land ist und noch mit den Flüchtlingen hier rein gekommen ist. Sagt ja keiner, Hey- ich bin Terrorist.

Barbara, Donnerstag, 07.Juli 2016, 15:41 Uhr

3. Was sind die Ursachen für Kriminalität und Terror?

Wenn die Eltern nicht in der Lage sind, ihre Kinder ordentlich zu erziehen, dann muß die Schule diese Erziehungs-Defizite aufholen. Kann die Schule oder die Pfarrei die Erziehung auch nicht gewährleisten, dann ist es für viele meist schon zu spät.

Karl Dall, Donnerstag, 07.Juli 2016, 15:22 Uhr

2. Neue Aufgaben?

Man kann über vieles diskutieren, z.B. ob die Befugnisse wirklich neu oder nur präzisiert, mglw. sogar eingeschränkt wurden, Fakt ist aber, dass die Bayern die Organisierte Kriminalität schon seit 1994 durch den Verfassungsschutz beobachten lassen!

Andreas Bohl, Donnerstag, 07.Juli 2016, 10:39 Uhr

1. Ein falscher Weg

Fest steht doch: In die Mordserie des NSU sind Angehörige diverser Verfassungsschutzämter verstrickt. Bei der Aufklärung, sei es vor parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, sei es vor dem Münchner Landgericht, mauern die Verfassungsschutzämter. Und politisch sollen sie nun noch "belohnt" werden mit der Ausweitung von Befugnissen?? Wie wichtig eine glasklare Trennung polizeilicher und nachrichtendienstlicher Tätigkeit ist, wissen wir aus der NS-Zeit. Ist dies jetzt schon zu lange her, dass erneut der Weg in Verhältnisse eingeschlagen wird, die den demokratisch verfassten Rechtsstaat aushöhlen?