NSU-Prozess


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312. Verhandlungstag im NSU-Prozess, 22.9.16 Wie betrunken war Beate Zschäpe?

Beate Zschäpe war nach Berechnungen eines Rechtsmediziners deutlich alkoholisiert, als sie am 4. November 2011 die Fluchtwohnung der NSU-Terroristen in Zwickau anzündete.

Von: Alf Meier

Stand: 22.09.2016 | Archiv

Die Angeklagte Beate Zschäpe steht am 01.09.2016 im Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München (Bayern) an ihrem Platz.  | Bild: dpa/Peter Kneffel

Am 4. November 2011 trank Beate Zschäpe gegen 9 Uhr ihr erstes Glas Sekt an diesem Tag. Am Abend war die Hauptangeklagte im NSU-Prozess bereits betrunken zu Bett gegangen, hatte nach eigener Aussage drei Flaschen Sekt über den Tag verteilt getrunken. Ihre Mitbewohner und Freunde waren an diesem Morgen nicht da. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten einen Überfall auf eine Bank in Eisenach geplant.

"Ich wusste sofort, was passiert war"

Gegen Mittag erreichte Zschäpe dann die Nachricht, vor der sie sich immer gefürchtet hatte: Im Radio wurde über ein brennendes Wohnmobil mit zwei Leichen darin berichtet. "Ich wusste sofort, was passiert war", heißt es in einer der schriftlichen Antworten Zschäpes auf Fragen des Gerichts. Der Vorsitzende Richter Götzl trug diese heute vor.

Es war gegen 15:00 Uhr am gleichen Tag, als Beate Zschäpe mit rund zehn Litern Benzin, den letzten Unterschlupf des NSU, die Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße in Brand setzte. Ihrer Aussage nach erfüllte sie damit den letzten Wunsch von Böhnhardt und Mundlos nach deren Tod.

"Wahrscheinlich 2,85 Promille"

Zur Tatzeit war Beate Zschäpe betrunken. Sie hatte bis 15:00 Uhr eine Flasche Sekt konsumiert. Wenn man von einem Gewicht Zschäpes von etwa 58 Kilo ausgeht, Restalkohol und Alkoholabbau berücksichtigt, dann lag ihre Blutalkoholkonzentration bei wahrscheinlich 2,85 Promille, bei einem Gewicht von 63 Kilo bei wahrscheinlich 2,04 Promille. Zu diesem Ergebnis kommt der Sachverständige Prof. Oliver Peschel von der Rechtsmedizin in München.

Kein Kontrollverlust

Offensichtlich hat die Angeklagte aber trotz Trunkenheit differenzierte Erinnerung an den 4.11.2011, hatte an diesem Tag keine Ausfallerscheinungen. Zeugen beschreiben Zschäpe kurz nach der Brandstiftung als gefasst, ihr Gesichtsausdruck sei "normal" gewesen, sie sei sicher Straße entlang gegangen. Deswegen, und aufgrund von Beate Zschäpes eigenen Angaben, kommt Peschel zu der Beurteilung, dass bei ihr keine Beeinträchtigung physischer oder kognitiver Fähigkeiten durch den Alkohol vorlag. In ihrer Leistungsfähigkeit war sie demnach also bei der Brandstiftung, wegen der die Bundesanwaltschaft Zschäpe auch versuchten Mord vorwirft, nicht eingeschränkt.

Beweisaufnahme geht dem  Ende entgegen

Unterdessen, kaum zu glauben, deutet sich ein Ende der Beweisaufnahme an. Manfred Götzl forderte die Prozessparteien heute auf, "zeitnah" noch ausstehende Anträge zu stellen. Auch die Hauptangeklagte Beate Zschäpe, solle kommende Woche die noch ausstehen Antworten auf eine Reihe von Fragen liefern. Der psychiatrische Gutachter Henning Saß, der Zschäpes Persönlichkeit beurteilen soll, will sein vorläufiges Gutachten in der dritten Oktoberwoche präsentieren. Das psychiatrische Gutachten könnte den Schlusspunkt der Beweisaufnahme darstellen.


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