NSU-Prozess


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NSU-Prozess, 270. Verhandlungstag V-Mann wichtiger als Ergreifung des NSU-Trios?

Die Anwälte der Opferfamilie Yozgat sind sich sicher: Die drei untergetauchten Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe hätten gefasst werden können - und zwar schon 1998, im Jahr ihres Untertauchens. Nach den Dreien wurde damals schon per Haftbefehl gesucht.

Von: Mira Barthelmann

Stand: 16.03.2016 | Archiv

Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos (v.l.n.r.) | Bild: picture-alliance/dpa

Grundlage dieser Behauptung der Nebenklageanwälte sind Vermerke von mindestens zwei Treffen zwischen Vertretern des Innenministeriums Brandenburg und dem Landesamt für Verfassungsschutz Thüringen.

Der Ex-V-Mann Carsten Sz. alias "Piatto" hatte seinem Quellenführer zum einen gesagt, dass der damalige "Blood&Honour"-Sektionschef Sachsen, Jan W., den Auftrag habe, Waffen zu beschaffen und zum anderen, dass Antje P., damals auch B&H-Mitglied, den drei Untergetauchten ihren Ausweis zur Verfügung stellen wolle. Und zwar für die Flucht nach Südafrika – nach einem Banküberfall.

Verhinderten Verfassungsschützer die Ergreifung des NSU-Trios?

Diese Informationen gelangten über das brandenburgische Landesamt für Verfassungsschutz an die Kollegen aus Thüringen. Das dortige LKA wollte bei Gericht Observierungsmaßnahmen beantragen. Doch die Brandenburger mauerten, indem sie sich weigerten, nähere Informationen herauszugeben. Sie stellten offenbar den Schutz der Quelle "Piatto" über die Ergreifung von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe.

Die Nebenklagevertreter der Yozgats sind der Annahme, dass, wenn man das LKA Thüringen in ihren Ermittlungen hätte gewähren lassen, die Mordserie des späteren NSU mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte verhindert werden können. Sie haben heute beantragt, die Teilnehmer der Treffen zwischen den Behörden zu ermitteln und als Zeugen zu vernehmen.

Mehr Gerüchte als handfeste Informationen

Festzuhalten ist: Der damalige Aufenthaltsort von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe war den Behörden 1998 nicht bekannt. Auch der V-Mann "Piatto" hatte dazu keine Informationen geliefert, sondern versorgte die Ermittler lediglich mit Gerüchten über die Unterstützer des späteren NSU-Trios.

"Was ist mit den Bumms?"

Text einer SMS

Eine SMS mit dieser Frage war am 25.8.1998 um 19 Uhr 21 auf dem Handy des Ex-V-Manns "Piatto" eingegangen. Sie soll von Jan W., dem damaligen B&H-Sektionschef Sachsen, abgesendet worden sein. Mit der Frage war wohl gemeint, wo die Waffen, die "Piatto" besorgen sollte, blieben. Der V-Mann-Führer von "Piatto", war schon mehrfach als Zeuge im NSU-Prozess gehört worden. Der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes Brandenburg hatte vor dem Münchner OLG ausgesagt, dass "Piatto" die SMS nicht mehr erhalten habe, weil er ihm das Handy bereits um 16 Uhr abgenommen und ausgeschaltet habe.

Auch in diesem Punkt sind sich die Yozgat-Anwälte sicher: Der Zeuge hat die Unwahrheit gesagt. Das wollen sie nun mit der Hinzuziehung von Unterlagen belegen. Das Gericht muss entscheiden, ob es den Beweisanträgen nachkommt.


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