NSU-Prozess


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Tageszusammenfassung, 222. Tag, 29.7.15 Zschäpes Anzeige gegen Pflichtverteidiger gescheitert

Beate Zschäpes Strafanzeige gegen drei Pflichtverteidiger ist vom Tisch. Die Staatsanwaltschaft verfolgt sie nicht weiter. Im Prozess wurde ein maskierter Beamter der Verfassungsschutzes vernommen und für seine Vermummung kritisiert. Von Eva Frisch.

Von: Eva Frisch

Stand: 29.07.2015 | Archiv

Es wird nicht weiter gegen die Verteidiger im NSU-Prozess, Anja Sturm, Wolfgang Stahl und Wolfgang Heer ermittelt | Bild: dpa-Bildfunk

Kurz vor Beginn des 222. Verhandlungstages im NSU-Prozess erfuhr der Bayerische Rundfunk, dass die Strafanzeige von Beate Zschäpe gegen ihre drei Anwälte von der Staatsanwaltschaft München I nicht weiterverfolgt wird. Dem leitenden Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch zufolge sei die Anzeige geprüft worden. Allerdings habe die Münchner Staatsanwaltschaft in dem angezeigten Sachverhalt keine strafbare Handlung erkennen können. Aus diesem Grund sei auch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.

Staatsanwaltschaft verwirft Ermittlungen gegen Zschäpes Anwälte

Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess hatte ihre drei Pflichtverteidiger Anja Sturm, Wolfgang Stahl und Wolfgang Heer am letzten Freitag wegen der Verletzung der anwaltlichen Schweigepflicht angezeigt. Beate Zschäpe warf den drei Anwälten vor, mit dem Vorsitzenden Richter des NSU-Prozesses Manfred Götzl über die Frage gesprochen zu haben, ob sie im Verfahren aussagt oder nicht. Laut Steinkraus-Koch handelte es sich aber um ein legitimes Verhalten der Verteidiger, da sie Informationen zu Schuld oder Unschuld ihrer Mandantin nicht an das Gericht weitergegeben hätten. Sie seien fest davon ausgegangen, dass die Entscheidung der Münchner Staatsanwaltschaft genauso ausfallen würde, sagte Verteidiger Heer dem BR. Im Gerichtssaal fand heute keinerlei Kommunikation zwischen Beate Zschäpe und ihren drei Pflichtverteidigern statt. Nur mit ihrem vierten Anwalt Mathias Grasel sprach die Angeklagte angeregt. In der Verhandlung wurde die Anzeige heute nicht erwähnt.

Beamte des Verfassungsschutzes wegen Maskierung in Kritik

Am Vormittag war zunächst ein Zeuge vom brandenburgischen Verfassungsschutz geladen. Er erschien mit Perücke und Kapuze vor Gericht um nicht erkannt zu werden. Der Zeuge sollte Auskunft über seinen V-Mann "Piatto" geben, der die rechte Szene ausgespäht hatte. Die Angaben zur Sache rückten allerdings in den Hintergrund, da über die Maskierung des Verfassungsschutzbeamten und die Herausgabe von Unterlagen, die er mitgebracht hatte, gestritten wurde. Zur Mittagspause unterbrach Richter Götzl seine Vernehmung. Der Zeuge soll noch einmal geladen werden.

Adresssammlung jüdischer und islamischer Einrichtungen und Personen

Nach der Mittagspause befragte Götzl einen Kriminalhauptkommissar zu prozessrelevanten Asservaten. Der Zeuge berichtete über Telefondateien und Ausdrucke des NSU-Terror-Trios, die Adressen diverser Personen aus München, Nürnberg und Dortmund enthielten. In den systematisch angelegten Datensätzen fanden sich Daten zu Politikern, Waffengeschäften, jüdischen und islamischen Einrichtungen, Friedhöfen oder Kindergärten. Teilweise waren die Ausdrucke mit handschriftlichen und despektierlichen Vermerken versehen. Neben einer Adresse stand zum Beispiel "rote Sau", erinnerte sich der Zeuge.


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