NSU-Prozess


0

NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 95. Verhandlungstag, 19.03.2014

Als erster Zeuge wird an diesem Prozesstag der BKA-Beamte B. angehört, der Andreas S. 2012 vernommen hatte. Er schildert die Aussagen zur Beschaffung der Tatwaffe und das Auftreten von S. während der Vernehmung.

Von: Holger Schmidt, Alf Meier, Tim Aßmann

Stand: 19.03.2014 | Archiv

NSU Prozess Gerichtsprotokoll | Bild: BR

Im Anschluss wird ein Zeuge aus der rechten Szene vernommen, der 1998 den Mietvertrag für eine Wohnung des untergetauchten Trios in Chemnitz (Altchemnitzerstr.) unterschrieben hat. Enge Kontakte zum Trio will er nicht gehabt haben, nur mit Zschäpe habe er sich öfter unterhalten, wenn er zu Besuch in der Wohnung war. Er habe sich nie die Frage gestellt, warum die Drei untergetaucht waren.

Zeugin:

  • Jörg B., BKA (Vernehmung Andreas S. zur Beschaffung der Tatwaffe)
  • Carsten R. (Umfeld Angeklagte, Anmietung einer Chemnitzer Wohnung)

ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal

(Tim Aßmann, BR)
11.00 Uhr
Es kommt der Zeuge Jörn B., 40 Jahre alt, BKA (Lederjacke, Pferdeschwanz),
Götzl: Geht um Vernehmung Andreas S. (der die Ceska-Pistole an den Angeklagten Carsten S. verkauft haben soll)
B: Ging in Karlsruhe um drei Dinge: Ob noch weitere Waffe verkauft wurden, ob bei der ersten Waffe ein Schalldämpfer mitverkauft wurde und um die Identifizierung des Jugoslawen, von dem er die Waffe gekauft haben will.
Fragten ihn nach weiterer Waffe, wurde verneint, in seinem Leben nur diese eine Waffe verkauft.
Sollte Prozedere des Verkaufs schildern, hatte in erster Vernehmung auf Lichtbild Carsten S. nicht eindeutig erkannt, nun auf anderem Bild eindeutig wieder erkannt als den, an den die Waffe verkauft wurde und von dem er Geld bekam, konnte sich noch erinnern, dass Waffe aus Osteuropa sein sollte. Da war er sich relativ sicher.
Dann Vorhalt, dass Schalldämpfer dabei war, wieso er das nicht gesagt hatte, hat das zunächst wieder bestritten, dann Vorhalt dass Carsten S. sagte, Schalldämpfer mit gekauft, dann sagte er: ja, sei elf Jahre her, wisse er nicht mehr genau, dann sagte er: Ja. Es war ein Schalldämpfer mit dabei.
Hat gesagt Schalldämpfer sei explizit mit bestellt worden, er würde nichts liefern, was nicht bestellt worden wäre. Er sollte dann genau Ablauf des Waffengeschäfts beschreiben, er war sich nicht ganz sicher. Carsten S. und Wohlleben waren damals häufiger Kunden im "Madley", erst nicht sicher, ob bei Waffe auch Wohlleben dabei, später sicher, dass nur S. dabei war.
Fragten, ob er sich Gedanken über Zweck gemacht habe, sagte nein, habe nur das Geld haben wollen und sich über den Rest keine Gedanken gemacht. Konfrontiert mit Aussage von Frank L., dass der Waffeninteressenten immer an ihn, Andreas S., verwiesen habe. Der sagte nun, das wäre ihm nicht bekannt.
Haben ihm gesagt, der Waffenlieferant "Boban" ist identifiziert worden. S. hat erst rum gedruckst, dann sagte er, er müsse Aussage revidieren, Waffe sei von einem Bekannten, den er schützen wolle, und er habe gedacht, "Boban" würde die Polizei sowieso nicht finden.
Er habe wg. Waffe Jürgen L. angesprochen, der sei der Waffenbeschaffer. Dem habe er den Auftrag erteilt, ungefähr zwei Wochen später war Waffe da, wurde in nem Park oder einer Seitenstr. in Jena übergeben, er hätte 2000 Mark bezahlt vom eigenen Ersparten, dann Kontakt mit Carsten S. gesucht, dauerte ein, zwei Wochen. Zwei, drei Tage später fand dann Übergabe in nem Kleinwagen statt. Er übergab verpackte Waffe und er bekam von S. 2500 Mark.
Vermutung, dass zweite Waffe von Andreas S. verkauft wurde, ließ sich aus Aussagen von Carsten S. und Holger G. ableiten. Wohlleben sagte ihnen zufolge, er habe von jemandem aus dem "Madley" Waffe bekommen. Andreas S. ist dabei geblieben, von zweiter Waffe wisse er nichts, sagte Frank L. (Besitzer "Madley") und Wohlleben hätten sich gekannt, ob näher dazu könne er nichts sagen.
Zeuge S. war augenscheinlich sehr nervös, hat stark geschwitzt, woran das lag kann ich nicht beurteilen, auffällig war, dass er entsprechende Taten und Sachverhalte immer erst dann einräumte, wenn wir ihm Vorhalte machten. Dann räumte er umfassend ein, aber eben immer nur auf Vorhalt.
Zuerst sagte er, er habe kein Waffenzubehör verkauft. Erst als wir ihn explizit auf Schalldämpfer ansprachen und Aussage Carsten S. vor hielten, räumte er das ein. Die Munition hat er von Anfang an eingeräumt.
Götzl hält nun diverse Fragen und Antworten aus der Vernehmung vor.
G. hält vor: "L. hat Interesse an Waffe durch Wohlleben und Carsten S. angekündigt."
B: Ja
G. hält vor aus Aussage L: "Ende der 90er waren öfter Leute im Laden und fragten nach Waffen.“ Dazu S.: "L. kam zu mir. Von anderen Leuten wüsste ich nicht, dass ich nach Waffen gefragt worden wäre."

Der Zeuge Kommissar B. erzählt nun wie Andreas S. zunächst immer von "Boban" als Waffenlieferanten erzählte und in allen Details schilderte, wie er die Waffe von „Boban“ und einem Begleiter erhielt, um später einzuräumen, dass das gar nicht stimmte. S. hatte dann offenbar große Angst, dass "Boban" davon erfahren könnte.
G. hält aus der polizeilichen Vernehmung von Andreas S. vor: "Jetzt krieg ich es mit der Angst zu tun. Der "Boban" ist ein völlig Irrer. Habe die Waffe in Wirklichkeit von einem Kumpel in Jena, der jetzt sehr begeistert sein wird"
B: Als wir dann fragten, wer der Kumpel sei, sagte er: Jürgen L.
B: Vernehmung wurde von Schreibkraft wörtlich protokolliert. S. las sich Protokoll durch, hatte ein, zwei Änderungswünsche. Er unterschrieb das Protokoll.
G. hält vor: "L. war dafür bekannt, dass er quasi alles beschaffen konnte. Setzten uns gegenüber von Laden auf Bank und ich fragte ihn, ob er Waffe mit Schalldämpfer besorgen könne."
Pause bis 11.20 Uhr

(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 11.24 Uhr
Weingarten (Bundesanwaltschaft): Nach meiner Erinnerung (Weingarten war bei der Vernehmung von Andreas S. in Karlsruhe auch dabei) hat die Schreibkraft nicht selbständig protokolliert, sondern es ist ihr diktiert worden. Wenn Sie nochmal darüber nachdenken.
B: Ähm. Ja. Die Fragekomplexe sind ihr diktiert worden, die Antworten hat sie vom Zeugen S. übernommen. Die hat dann letztendlich der Herr S. diktiert.

Rechtsanwalt Stahl (Verteidigung Zschäpe): Sind S. die Themenbereiche nochmal bekannt gemacht worden?
B: Explizit, worauf wir abzielen, nicht. Haben dann darauf hingearbeitet, diese drei Komplexe möglichst genau zu klären.
B: Warum er als Zeuge geladen war, wusste er.
Stahl: Vor erster Frage, irgendwelche Vorgespräche über Vernehmungsgegenstand?
B: Bevor protokolliert wurde? Nein.
B: Der Zeuge wurde mündlich auf sein Recht zur Aussageverweigerung hingewiesen, ist auch ein Hinweis auf dem Vordruck für Zeugenvernehmungen. Warum sich das nicht in der Akte befindet, weiß ich nicht.
Stahl: Welchen Eindruck machte der Zeuge, als er Schalldämpfer einräumte?
B: Wirkte sehr konsterniert
Stahl: Woran machen Sie das fest?
B: Dass er von der Körpersprache her etwas in sich zusammen gesunken ist, dass er stark geschwitzt hat. Er hatte die Hände auf dem Tisch. Man hat die körperliche Reaktion sehr deutlich gesehen. Ob das alles dem geschuldet ist oder der Vernehmungssituation in Karlsruhe, kann ich nicht sagen.
S: Hatte der Zeuge Angst?
B: Angst würde ich es nicht nennen, aber er wusste eben nicht so genau, was auf ihn zukommt.
S: Haben ihm doch erklärt, dass er Zeuge war. Was soll denn da auf ihn zukommen?
B: Ne Zeugenvernehmung.
(Lachen)
S: Gab es Anhaltspunkte, dass er Angst vor Strafverfolgung hat?
B: Wüsste nicht, wie sich das ausdrückt.
S: Dass er fragt: "Muss ich ins Gefängnis?"
B: In der Richtung ist von Herrn S. nichts gekommen. Hat nichts in der Form formuliert.
B: Hat gesagt, dass der Schalldämpfer explizit mitbestellt wurde. Da war seine Aussage eindeutig.
S: Hmmh.
Rechtsanwältin Sturm (Verteidigung Zschäpe): Wurde jede Frage ins Protokoll diktiert?
B: Kann ich nicht mehr sagen. Tut mir leid.
Sturm: Wie kam der Zeuge S. nach Karlsruhe?
B: Ich meine mit der Bahn

Rechtsanwalt Klemke (Verteidigung Wohlleben): Auf Vernehmung heute vorbereitet?
B: Ja
K: Wie?
B: Indem ich mir das Protokoll nochmal durchgelesen und überlegt habe, was ich gefragt werden könnte. Habe mir diese Vernehmung von S. und die erste auch durch gelesen und Bezüge, wo es um die Waffen ging, z.B. Vernehmung Carsten S.
K: Haben Sie die gelesen?
B: Nicht die gesamte Vernehmung. Nur die Schalldämpfer-Stellen
K: Von wann datierte die Vernehmung?
B: Ich meine 2.12., aber ich weiß es nicht mehr genau.
K: Was hatte er da angegeben?
b: Nicht explizit Schalldämpfer bestellt, sondern mitgeliefert und er darüber überrascht.
K: Hatten Sie sich auf die Vernehmung am 9.12.12 in Karlsruhe vorbereitet?
B: Ja.
K: Was wollte Schulz später im Protokoll korrigiert haben?
B: Was genau, weiß ich nicht mehr. Ich meine ein oder zwei Punkte, aber weiß nicht mehr genau. Waren glaub ich nur Kleinigkeiten. Glaube, waren nur Formulierungen. Wenn, dann hat er es handschriftlich gemacht, ins Protokoll geschrieben, müsste abgezeichnet worden sein.
K: Wie oft ist das Protokoll ausgedruckt worden?
B: Weiß ich nicht mehr.
K: Wo stand der Drucker?
B: Weiß ich nicht (die Vernehmung war ja nicht beim BKA, sondern in Karlsruhe bei der Bundesanwaltschaft)
K: Haben Sie den Zeugen nach Persönlichkeitsstruktur von Jürgen L. gefragt?
B: Nein
K: Ob er vor dem auch Angst hat?
B: Nicht gefragt, aber den Eindruck hatte ich auch nicht.
K: Was ist für Sie eine Einlassung?
B: Ich lasse mich dazu ein, dass ich z.B. sage: Ich habe dem ne Waffe mit Schalldämpfer besorgt.
K: Heißt also für Sie etwas zu zugeben.
B: Ja
K: Gedanken gemacht, ob Vernehmung als Status Zeuge korrekt?
B: Nein. Nicht darüber nachgedacht. Zeugenstatus passte wunderbar.
K: Warum denn so wunderbar?
B: Weil es richtig war, ihn als Zeugen zu vernehmen.
B: Er ist umfänglich nach Paragraph 55 (Auskunftsverweigerung um sich nicht selbst zu belasten) belehrt worden.
K: Wie umfänglich?
B: Wortwörtlich kann ich es nicht wiedergeben
K: Wie können Sie dann sagen umfänglich?
B: Also gut: Er ist belehrt worden
K: Wie hat denn der Herr Weingarten den Zeugen zur Wahrheit ermahnt?
B: Sind verpflichtet, die Wahrheit zu sagen und müssen nur Fragen nicht beantworten, wo Sie sich selbst belasten könnten.
K: Das war alles?
B: Das war das, wo er zur Wahrheit belehrt worden ist.

Rechtsanwalt Pausch (Verteidigung Carsten S.): Sie haben gesagt, er druckste rum, machte nur auf Vorhalt reinen Tisch. Wie darf ich den Begriff als Fazit der Vernehmung verstehen?
B: War vielleicht keine glückliche Formulierung. Wenn er einräumte, hat er freimütig erzählt wie es gewesen ist. Ich kann nicht sagen, ob jetzt wirklich alles auf den Tisch gekommen ist, was der Zeuge S. weiß. Auffällig war, dass er mit allem rüberkam, wenn wir es eh schon wussten. Dass die Angaben mit dem Schalldämpfer und dem Jürgen L. der Wahrheit entsprachen - den Eindruck hatte ich schon.
P: Wer hat die Vorhalte gemacht? In welcher Atmosphäre?
B: Den mit dem Schalldämpfer hat Weingarten gemacht. Wurde keiner laut, war normales Gespräch, wurde nicht gebrüllt.
P: Entstanden denn Pausen?
B: Durchaus, ja. S. hat überlegt und dann seine Aussagen getätigt.
P: Warum wurde Andreas S. nicht vorgehalten, dass Carsten S. sagte, er habe keinen Schalldämpfer bestellt? Und warum auch deutsches Fabrikat nicht vorgehalten?
B: Kann es nicht mehr genau sagen.

Klemke: Hat Schulz von sich aus den Schalldämpfer beschrieben?
B: Nein
K: Haben Sie nachgefragt, wie der Schalldämpfer beschaffen war?
B: Nein
K: Warum nicht, wenn es doch der Knackpunkt war?
B: Knackpunkt war nicht wie er aussah, sondern ob er verkauft wurde.
K: Gab es denn bis dahin eine Beschreibung des Schalldämpfers?
B: Nein
K: Mal nachgefragt, ob er leicht war oder schwer?
B: Nein

Rechtsanwalt Heer (Verteidigung Zschäpe): Sind Sie so freundlich das Gebäude der Bundesanwaltschaft einmal zu beschreiben?
B (stöhnt): Großes Gebäude, Hintereingang
H: Was meinen Sie mit Hintereingang?
B: Ja, es gibt hinten auch nen Eingang
B: Erster Kontakt mit Zeuge S. war im Vernehmungszimmer
H: Gebäude noch in ein, zwei Sätzen beschreiben. Stichwort Umgrenzungsmauer.
B: Ja. Gibt die Mauer, Schranke, Posten, Gebäude nen Bisschen verwinkelt. Sind in den Haupteingang rein, dann war da ne Kontrolle, dann einen Stock rauf, erst links rum, dann rechts rum, dann Vernehmungszimmer.
H: Wenn jemand das betritt, nimmt er die Mauer wahr?
B: Also ich hab sie wahrgenommen, ja
H: Wo innerhalb des Gebäudes hat die Vernehmung statt gefunden?
B: War relativ großer Raum, eine Seite Fenster, mehrere Tische zusammen gestellt. Fenster zum Hof hin. Großer Raum, länger als breit.
H: Wie haben Personen da gesessen?
B: Kann ich nicht mehr sagen. Wir haben vorne gesessen und die Dame, die protokolliert hat, hinten. Wie genau kann ich Ihnen nicht mehr sagen. Wir haben auf jeden Fall nicht neben dem Zeugen gesessen.

Kurz darauf wird Zeuge entlassen.
Pause bis 14.15 Uhr

(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 14.20 Uhr
Erklärung Stahl zu Zeugenvernehmung Backeberg
Stahl: Es ist außerordentlich misslich, dass in der Vernehmung von Andreas S. die These hineintransportiert wurde, dass Schalldämpfer bestellt war. Nicht erklärlich wieso S. auf eine Frage antwortete, die so nicht gestellt war. Gefragt wurde, ob Schalldämpfer geliefert wurde. Geantwortet wurde, dass die drei definitiv einen bestellt haben. Sehr misslich, dass sich nicht mehr aufklären lässt, wieso Zeuge, der zunächst keine Ahnung hatte, aus dem Nichts heraus die Bekundung aufstellt, dass ein Schalldämpfer auf Bestellung geliefert worden sei. Man kann glauben, dass der Zeuge das spontan gesagt hat, aber man muss es nicht. Speziell bei den Lücken, die hier aufgetreten sind. Man kann annehmen, dass der Zeuge aus Angst aufgrund der Vernehmungssituation Wunschantworten gegeben hat. In der Annahme, dass die gerne gehört werden würden.

Es kommt der Zeuge Carsten R., 36 Jahre alt, Personalsachbearbeiter, mittlerweile wohnhaft in München.
Götzl: Geht um Wohnung in Altchemnitzerstr. [in Chemnitz, 1998 Unterschlupf für NSU]
R: Habe Wohnung angemietet und zur Nutzung überlassen. Man ist an mich heran getreten, hat gefragt, ob ich bereit wäre die anzumieten. Wohnung war schon bekannt, musste ich nicht suchen, mit Maklerin besichtigt, dann Übergabe.
Wer genau die Wohnung gesucht hat oder auf mich zukam, weiß ich nicht mehr. Tja. Weiß auch nicht mehr, wer bei der Wohnungsübergabe dabei war. Genaue Erinnerungen hab ich nicht mehr. Hab ich Polizei schon gesagt - dass ich mich an Einzelheiten nicht mehr erinnern kann.
Ist auf mich zugekommen, ob ich Wohnung anmieten kann, damit die drei Personen dort eben unterkommen können. Die Wohnung war schon ausgesucht. Die war schon da. Musste nur noch zur Wohnungsübergabe und den Mietvertrag unterschreiben.
G: Wie kams denn überhaupt dazu?
R: Man hat mich gefragt und dann hab ich ja gesagt (lacht).
G: Erklären Sie mir, wie Sie dazu kommen einen Mietvertrag zu unterschreiben?
R: Brauchten halt jemanden, der nicht polizeibekannt ist und da hab ich mich bzw. meinen Namen entsprechend zur Verfügung gestellt.
G: Wer brauchte?
R: Weiß ich eben nicht mehr.


(Holger Schmidt, SWR)
G: Wer? Ein Passant? Ich bitte Sie!
R: Aus dem Freundeskreis
G: Freundeskreis. Können Sie das Stichwort füllen?
R: Keine Erinnerung.

(Tim Aßmann, BR)
G: Woher wissen Sie, dass es Freundeskreis ist, wenn Sie gar keine Personen vor Augen haben?
R: Freundeskreis ist ja größer
G: Fangen Sie mal an
R: Kann ich nicht.
G: Wäre schon froh, wenn Sie mir nur eine Person nennen würden.
R: Kann ich nicht
G: Welche Freunde hatten Sie denn damals?
R: Viele.
G: Nennen Sie mir halt einen.
R: Kann ich mich nicht mehr genau dran erinnern. Möchte keine Namen nennen, um..
G. unterbricht: Sie möchten keine Namen nennen. Das wird aber nicht gehen. Habe Sie belehrt, dass Sie die Wahrheit sagen müssen.
R: Ich meine, dass der Ralf H. damals auf mich zugekommen ist. Genau wissen tue ich es aber nicht.
G: Um welche drei ging es denn?
R: Mundlos, Böhnhardt und die Frau Zschäpe.
G: Wieso benötigten die ne Wohnung?
R: Wurde mir nicht gesagt, nur dass sie halt abhauen mussten und nen Unterschlupf brauchten. Wieso die aus Jena weg mussten, hab ich nicht gefragt
G: Warum nicht?
R: Weils mich nicht interessiert hat. War aus Kameradschaft oder was weiß ich, war normal so ne Wohnung anzumieten. Hab nicht nachgefragt. Hatte keine Nachteile.
G: Waren Sie selbst in der Wohnung?
R: Einmal im Monat oder so bin ich halt vorbei gegangen. Hab geguckt, ob es Probleme gibt, ob die irgendwas brauchen. Mir wurde gesagt sei Übergangslösung. Hab ich geschaut, ob Abwicklung der Wohnung dann praktisch ansteht. Ich meine Mietvertrag war unbefristet. Ich hatte eigene Wohnung in der Augsburgerstr. War ja auch noch beim Wehrdienst in Kümmersbruck.
G: Sagt Ihnen die Glauchauerstr. was?
R: Meine Eltern. Da hab ich vorher gewohnt.
G: Wie lange sollten die Drei dort wohnen?
R: Das war unbestimmt. Bis sie was anderes hatten. Hielten sich nicht mal nen Jahr dort auf. Halbes, dreiviertel Jahr (lt. Anklage von Ende 08/98 bis 04/99). Dann hieß es, dass sie dort ausziehen. Dann hab ich dort noch renoviert und die Wohnung der Maklerin zurückgeben. Hab weiß gestrichen.
G: Wie viele Schlüssel gab es?
R: Mindestens zwei. Meine ich hatte keinen.
G: Wie kam das Geld an den Vermieter?
R: Kann ich nicht sagen. Also, ich habs nicht irgendwo eingezahlt. Gehe davon aus, dass es überwiesen wurde an den Vermieter.
G: Wie waren die Besuche dort?
R: Nie allzu lang. Haben uns über Allgemeines unterhalten. Wetter und so. An Gesprächsinhalte kann ich mich nicht erinnern.
G: Haben Sie nicht gefragt, warum die Drei untergetaucht sind?
R: Nein (wie aus der Pistole geschossen)

G: Können Sie die drei beschreiben?
R: Wirkten normal, nicht besonders auffällig. Mit Mundlos und Böhnhardt hatte ich so gut wie gar nichts zu tun.
G: Was heißt das?
R: Dass ich kaum Kontakt hatte. Hauptkontakt war dann zu Frau Zschäpe.
G: Frau Zschäpe auch woanders getroffen?
R: Nur in der Wohnung
G: Wie groß war Hauptraum?
R: 20, 25 qm
G: Was haben die beiden Männer gemacht wenn sie sich im Hauptraum mit Zschäpe unterhalten haben.
R: Keine Ahnung
G: Sie müssen sie ja gesehen haben
R: Ja, aber nicht jedes Mal, kann mich vielleicht noch an ein, zwei Mal erinnern. In der Wohnung. Außerhalb der Wohnung hab ich die Drei nie gesehen. Kannte nur die Vornamen. Dass beide Uwe hießen und die Frau Zschäpe eben Beate.
G: Können Sie mir ihr Aussehen beschreiben?
R: Meine, dass die Jungs längere Haare hatten. Mindestens so wie ich jetzt (seine sind max. 5 mm)
G: Wie sind die Drei miteinander umgegangen?
R: Freundschaftlich
G: Wie war die Wohnung eingerichtet?
R: Sehr spärlich. Nicht komplett ausgestattet
G: Gabs irgendwelche Computer?
R: Nicht, dass ich wüsste
G: Telefone?
R: Nee. Vielleicht nen Handy.
G: Haben Sie ne Tel-Nummer gehabt?
R: Nein
G: Um eine bemüht?
R: Nein
G: Direkt mit den Dreien verkehrt?
R: Ja. In der Wohnung.
G: Gabs irgendwelche Kontakte?
R: Nein
R: Meine, dass ich mit Zschäpe bei der Wohnungsübergabe war - mit der Maklerin. Mietvertrag unterschrieben. Schlüssel übergeben.
G: Kaution entrichtet?
R: Vermute ja. Weiß es aber nicht
G: Wie hoch war der Mietzins?
R: Vielleicht nen paar hundert Mark. Kann ich nicht sagen.
G: Wie häufig waren die Besuche?
R: Genau kann ich es nicht sagen. Vielleicht einmal im Monat. Immer ca. ne Viertelstunde.
G: Wie hat sich Zschäpe im Gespräch verhalten?
R: Unauffällig. Normal.
G: Was haben denn die beiden Uwes gemacht in der Zeit?
R: Is schon nen paar Jahre her. Deshalb kann ich mich nicht mehr erinnern.
G: Solche Gefälligkeiten öfter gemacht?
R: Nein
G: Name Ralf H. erwähnt. Wer ist das?
R: Gehörte halt zu meinem Freundeskreis damals. Meine, dass er auf mich zugekommen ist und gefragt hat, ob ich das eben machen würde.
G: Wie kommen Sie denn auf den?
R: Weil wir in dem Zusammenhang mal gesprochen haben mit den Dreien.
G: Wie soll ich den Satz verstehen?
R: Er wusste, dass die drei in Chemnitz sind. Wir hatten uns unterhalten und deswegen meine ich, dass er derjenige ist, der auf mich zugekommen ist. Er kannte die vom Hörensagen, ob er persönlichen Kontakt hatte, weiß ich nicht.
G: Welche Informationen konkret von wem bekommen?
R: Ist genau das, was ich nicht mehr weiß
R: Herr H. und ich haben uns darüber unterhalten und ich wusste, dass da Geheimnis draus gemacht wird und nur begrenzter Kreis wusste, dass die Drei in Chemnitz sind.
G: Sagt Ihnen der Name Thomas S. etwas?
R: Vom Namen her ja, aber ob er damit was zu tun hatte, kann ich nicht sagen.
G: Was verbinden Sie mit dem Namen?
R: Kommt mir bekannt vor, schon mal gehört, kann ihn nicht einordnen.
G: Von wem ist der Name gefallen?
R: Von Hr. H.
G: In welchem Zusammenhang?
R: Kann ich nicht mehr sagen.

(Holger Schmidt, SWR)
G: Wurde nicht darüber gesprochen, ob die drei von der Polizei gesucht werden?
R: Doch, darüber wurde gesprochen. Deshalb sind die drei ja von zu Hause weg
G: Haben Sie dann nicht nachgefragt?
R: Nein
G: War die Anmietung kein Risiko für Sie?
R: Ging ja nur um eine begrenzte Zeit
G: Begrenze Zeit hat ja nichts mit dem Risiko zu tun. Ist ja nur Dauer
R: Vielleicht war ich naiv.
G: In welcher persönlichen Situation waren Sie damals?
R: Was heißt das?
G: Alles, was Ihnen einfällt!
R: Wehrdienst, zuvor Ausbildung als Maler, danach Job wieder aufgenommen. G: Finanzielle Verhältnisse?
R: Bin zurecht gekommen.
G: Was heißt das?
R: Keine Reichtümer, keine Schulden
G: Konnten Sie sich zwei Wohnungen leisten?
R: Nein
G: Wie ging das dann?
R: Mir wurde versichert, dass da nichts auf mich zukommt.
G: Von wem?
R: Herrn H.

(Tim Aßmann, BR)
G: Wann war erster Kontakt zu Zschäpe?
R: Bei Wohnungsbesichtigung.
G. Wann erster Kontakt zu den Uwes?
R: In der Wohnung.
G: Mit wem Einzelheiten wg. Bezahlung besprochen?
R: Nehme an mit Frau Zschäpe, weiß es aber nicht.
G: Bedurfte es eines Bürgen?
R: Bei der Polizei wurde mir gesagt zwei hätten unterschrieben. Weiß nicht, wer das noch war.

Nun wird der Mietvertrag am Richtertisch vorgelegt.
G: Kennen Sie diesen Vertrag?
R: Erkenn ihn nicht wieder. Scheint der Mietvertrag von der Wohnung zu sein.
G: Als Wohnraumfläche vermerkt 26,9 qm
R: Kann hinkommen ja.
G: Keine Haustiere?
R: Vermieterwunsch
R: Mit Zschäpe bei Maklerin als Paar ausgegeben
G: Wie oft bei Polizei vernommen?
R: Zweimal
G: Wann hatten Sie denn letzten Kontakt zu Hr. H.?
R: Zehn Jahre? Weiß ich nicht.
G. hält nun aus einer pol. Vernehmung des Zeugen vor: "Ich war ungefähr zwei bis dreimal alle zwei Monate in der Wohnung. Mir war bekannt dass sie aus der rechten Szene kommen."
R: Ja und das sie Probleme in Jena hatten und deshalb dort weg mussten.
G: Waren Sie damals in der rechten Szene?
R: Ja. In keiner Partei aktiv. Hatte zumindest mal ne rechte Meinung.
G: Mit welchen Personen hatten Sie Umgang?
R: Ralf H., nen Ronny, nen Steve kenn ich noch.
G: Wie kam man auf Sie?
R: Weil man jemand brauchte, der noch nicht polizeibekannt war.
G: Waren Sie mal erfasst worden?
R: Nein. Nicht, dass ich wüsste. Zumindest wurde ich nicht verurteilt, keine Vorstrafen.
G: Wer hat Ihnen denn gesagt, dass Sie deshalb in Frage kamen?
R: Der Herr H.
G: Haben Sie mal Waffen in der Wohnung gesehen?
R: Nein
G: Wie kam es zu Kontakten zu rechter Szene?
R: Weiß ich nicht genau wie ich da rein kam.
G (frustriert): Man muss fragen und fragen und fragen. Will mich ja nicht selbst vernehmen.
R: Ist alles so lange her. Verstehen Sie?
G: Wen haben Sie denn auf den Fotos erkannt (bei der Polizei)?
R: Nur die drei.

Lichtbildervorlage
Er erkennt die Nummer zwei - "is einer von den Uwes" (stimmt, Mundlos) "So wie auf dem Bild kenn ich ihn nur aus dem Fernsehen, weil er zu meiner Zeit längere Haare hatte."
Nächstes Blatt: "Nummer sieben wäre der andere Uwe. Aber eben auch wieder nur aus dem Fernsehen, den kenne ich nur mit etwas längeren Haaren"

Es geht nun nochmal darum, wie der Zeuge die Person Ralf H. kennen lernte.
G: Warum musste ich heute so lange fragen bis wir zu dem Punkt kamen?
R: Weil Ihre Fragen so vage sind
G: Meine Fragen?
G: Daran lags nicht. Woran lags?
R: Ist Ihre Wahrnehmung
G: Sprache ist auch etwas Verräterisches und meine Wahrnehmung ist, dass Sie mir ausweichen wollten. Meine Frage lautet warum?
R: Weiß nicht.

G. hält weiter vor: "Wir haben uns dann in einer Gruppe getroffen und alles besprochen."
R: Keine Ahnung, kann sein.
G: Hoffentlich liegt das jetzt nicht an meiner Frage.
G: Wer war bei der Gruppe dabei? Haben Sie da gar keine Erinnerung?
R: Welche Gruppe meinen Sie jetzt?
G: Die, von der Sie in der Vernehmung gesprochen haben.
R: Ja, aber ich weiß nicht, wer dabei war.
G: Die Personen, die später in der Wohnung gewohnt haben? Waren die dabei?
R: Möglich. Ich weiß es nicht.
G: Frage Sie nochmal: Wie ist Abrechnung der Miete erfolgt?
R: Ich kann es Ihnen nicht sagen.
Pause bis 16.25 Uhr

(Alf Meier, BR)
Nach Pause 16:30 Uhr. Fortsetzung der Vernehmung des Zeugen Carsten R.
Götzl: 2. Polizeiliche Vernehmung Vorhalt: "Habe in der Berufsschule Leute kennengelernt, die in der Szene waren. Habe in gewissen Dingen auch Einstellungen mit denen geteilt." - Was meinten Sie damit?
R: Dass an der Wehrmacht nicht alles schlecht war und die Asylpolitik
G: Kennen Sie weitere Person aus Chemnitz, die Carsten R. heißt?
R: Nein
G: Mit Zschäpe bei Wohnungsübergabe als Pärchen ausgegeben?
R: War einfachste Erklärung, damit das nicht auffliegt
G: Vorhalt: Trio und Sie haben Computerspiele gespielt, Flugsimulatoren, Polizeispiel?
R: Ja
G: "Pogromly" ein Begriff?
R: Nein

Fragen Bundesanwaltschaft Oberstaatsanwältin Greger
Greger: Sind Personen mal zwischenzeitlich aus der Wohnung ausgezogen?
R: Nein
Greger: Woher stammte die Wohnungseinrichtung?
R: Weiß nicht
Greger: Haben die drei andere Namen verwendet?
R: Keine Kenntnis
Greger: Daten auf Mietvertrag realistisch?
R: Ja
Greger: Kenntnis zur Folgewohnung, wo die drei anschließend hinziehen würden?
R: Nein
Greger: Kennen Sie Angeklagten Carsten S.?
R: Nein
Greger: War bekannt in der Szene, warum die drei untergetaucht waren?
R: Nein

Rechtsanwalt Hoffmann (Nebenklage Keupstr.): Nach Ihren Angaben hatten Sie nur zwei Freunde in der ganzen Stadt: Ronnie und Ralf H.

Diese Freundschaft hat Sie bewogen, polizeigesuchte Personen unterzubringen?
R: Wie beim Militär, ging um Kameradschaft, war eine Art Zwangsgemeinschaft, weil die auch in der Szene waren, darum hab ich das gemacht. Mir hat gereicht, dass die auch aus der rechten Szene waren.

Hoffmann: Später gab es auch Fahndungsaufrufe und Bilder. Mitbekommen?
R: Nein, erst wieder 2010/11 durch Medien erfahren.
Hoffmann: Haben Sie sich dann gemeldet?
R: Nein, dachte das wär nicht wichtig

Rechtsanwältin Pinar (Nebenklage Tasköprü): War Ihnen egal, warum die gesucht werden?
R: Im Grunde ja.
Bundesanwalt Diemer will auf Fragen Pinars reagieren, wird aber lauthals von ihr unterbrochen.
Götzl muss schlichten.
Pinar unterbricht auch Götzl, der regt sich nun total auf. Rechtsanwalt Hoffman beginnt rumzubrüllen, Götzl ermahnt auch ihn, Pinar fängt wieder an, braucht anscheinend immer das letzte Wort, Götzl ermahnt sie und unterbricht zur allgemeinen Beruhigung die Verhandlung
Pause


(Alf Meier, BR)
17:40 Uhr
Verhandlung geht weiter
Rechtsanwältin Pinar verzichtet auf Ausübung des Fragerechts, andere Nebenklägervertreter auch, wollen Erklärung abgeben nach Äußerungen von Bundesanwalt Diemer. Es stehe die Beanstandung von Diemer im Raum. Diemer hat offenbar sinngemäß gesagt, die Nebenklage würde Fragen stellen, die höchstens vom jüngsten Gericht beantwortet werden können.
Götzl: Erklärung zurückstellen, Beanstandung von Diemer steht nicht mehr im Raum.
Der Zeuge muss den Saal vorübergehend verlassen, um nicht durch die Debatte beeinflusst werden zu können.

Stahl : Beanstandung ist vom Tisch
Götzl: Stimmt. Es gibt keinen Streitpunkt mehr. Frage ist nicht beanstandet
Pinar: Zeuge kann jetzt eigentlich nicht mehr befragt werden
Götzl: Befragung muss jetzt fortgesetzt werden
Pinar: Beantrage Senatsbeschluss, dass ich gestört wurde und Erklärung verlesen darf.
Weingarten: Wir verstehen den Antrag nicht, können deshalb nicht Stellung nehmen
Pinar: Nehme Antrag zurück, manchmal stellt man eben Anträge, um die Ansichten anderer zu erforschen (sinngemäß geschrieben).

Vernehmung wird fortgesetzt
Stahl: Haben Sie mitbekommen, dass alle drei da auch gewohnt haben?
R: Hab sie mal zu dritt gesehen, aber nicht, dass sie permanent da waren
Stahl: Zschäpe war nach meinem Informationsstand bei Wohnungsübergabe nicht dabei. (hat er diese Information von seiner Mandantin?)

(Tim Aßmann, BR)
R: Wir hatten Kontakt (Zschäpe und er mit der Maklerin), aber zu welchem Zeitpunkt das war, kann ich nicht sagen.
Stahl hält vor: Ist zu vermuten, dass es sich bei Mietbürgen "Fiedler" um Böhnhardt handelt.
Stahl: Kommen Sie da irgendwie weiter?
R: Kann sein, dass es so gewesen ist.

Zeuge wird wenig später entlassen.

Erklärung von Rechtsanwalt Kienzle (Nebenklage Yozgat): Stellungnahme zur Äußerung von Bundesanwalt Diemer.
Kienzle: Diemer sagte wörtlich "Wir sind hier nicht das jüngste Gericht"
Er gab damit zu erkennen dass Wahrheitsfindung keine Rolle spielt.


Rechtsanwalt Reinecke (Nebenklage Keupstr.): Erklärung zu Zeuge Carsten R.: Es ist ausgeschlossen dass er nicht nachfragte, worum es ging bei Anmietung. Offensichtlich, dass der Zeuge gelogen hat. Die Kündigungserklärung stammt vom 13.12. und der Beleg vom 22.12.98. Dazwischen liegt der erste Raubüberfall. Spricht vieles dafür, dass Raub geplant war, um aus der zu kleinen Wohnung rauszukommen.
Pinar: Protokollierungsantrag: Aussage des Zeugen, er habe gegenüber Polizei versucht zur Kenntnis zu bringen, dass Erinnerung schlecht.
Polizei hat dagegen nichts protokolliert, was darauf schließen lässt. Das ist Hinweis auf Falschaussage.
Diemer (Bundesanwaltschaft): Stellungnahme zu Erklärung Kienzle: Inhalt meiner Beanstandung war, dass es Aufgabe des Zeugen ist hier Wahrheit zu bekunden und nicht was er früher gedacht hat.
Ansonsten weise ich den Vorwurf der Nebenklage als böswillige Unterstellung aufs Schärfste zurück.

Wenig später Verhandlungsende.

Hinweis

Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.


0