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Die Gesundheit der US-Präsidenten Krank sein verboten

Wie gesund ist Hillary Clinton? Und wie sieht es bei Gegner Donald Trump aus, der im Fall seiner Wahl als ältester Debütant ins Weiße Haus käme? Bisher haben sich beide darüber ausgeschwiegen. Doch das Thema ist in der Welt - und könnte Folgen haben.

Von: Jan Bösche, Washington, und Michael Kubitza

Stand: 13.09.2016

Hillary Clinton | Bild: Bayerischer Rundfunk

Wie fit ist der Präsident - und wie fit sind die Leute, die es werden wollen? Diese Frage ist nicht "persönlich", sondern eine Frage der nationalen Sicherheit. Davon ist eine Mehrheit der US-Amerikaner überzeugt. Und dafür gibt es Gründe, meint der Medizin-Historiker Howard Markel: "Der Präsident der USA ist die machtvollste Person auf dem Planeten. Seine oder ihre Gesundheit kann wirklich so viele Dinge auf unserer Welt beeinflussen."

So gesehen ist es nicht verwunderlich, dass Hillary Clinton nach ihrem Schwächeanfall ohne weitere Erläuterung zur Tagesordnung übergehen wollte. Ihr Unterstützer Bakari Sellers tat den Zwischenfall im Fernsehesender CNN wie folgt ab:

"Bei dieser Frau ist eine Lungenentzündung diagnostiziert worden, aber sie hat sich zusammengerissen. So wie die meisten Frauen in diesem Land. Die lutschen nicht ihren Daumen und legen sich ins Bett, wenn es ihnen schlecht geht, sie stehen auf und gehen zur Arbeit."

Bakari Sellers auf CNN

Auch die überraschende Zurückhaltung des Rivalen Trump erklärt sich so: Clintons Gesundheitszustand ist ein Thema, auch wenn Trump sich auf fromme Genesungswünsche beschränkt.

Umfrage- und Fieberkurven

In landesweiten Umfragen führt Hillary Clinton derzeit mit durchschnittlich drei Punkten Vorsprung. Noch unklar ist, ob sich ihre Erkrankung und ihr Umgang damit sich auf ihre Umfragewerte niederschlagen - die Befragungen decken den Zeitraum vor diesen Vorfällen ab.

Bis auf weiteres hat Clinton alle Termine abgesagt, Wahlkampfauftritte in Kalifornien verschoben. An ihrer Stelle geht US-Staatschef Barack Obama auf Stimmenfang. In Philadelphia im US-Staat Pennsylvania will Obama am Dienstag eine Rede halten und dort sowie in New York Wahlkampfspenden für seine Parteikollegin einsammeln.

Donald Trump will offenbar punkten, indem er seine eigene Stärke betont, ohne direkt auf Clintons derzeitige Schwäche einzugehen. Schon Ende 2015 hatte er einige Auskünfte über seinen "exzellenten" Gesundheitszustand erteilt. Jetzt teilte Trump mit, er habe gerade eine ausführliche Untersuchung hinter sich gebracht und er werde alle Daten in den kommenden Tagen veröffentlichen.

Der Bart muss bleiben

Schon immer wurde diskutiert, wie fit die Kandidaten sind. Und immer wieder haben Präsidenten versucht, geheim zu halten, wie es ihnen wirklich geht. Grover Cleveland war einer von ihnen. 1893 hatte er gerade seine zweite Amtszeit angetreten, das Land steckte tief in einer wirtschaftlichen Krise, als bei Cleveland Krebs im Mund festgestellt wurde. Eine Operation war unausweichlich. Der Historiker Matthew Algeo erzählt:

Grover Cleveland

"Er war sehr besorgt, dass wenn seinem Bart etwas zustößt, dass die Leute dann merken, dass etwas los war. Darum: Keine Narben und 'Rettet den Bart!'"

Matthew Algeo

Um die Operation geheim zu halten, ging der Präsident auf Bootstour: Vier Tage cruisen mit einem Freund.

"Die Operation fand auf der Jacht statt. Sechs Chirurgen, es dauerte 90 Minuten. Sie nutzten Ether als Betäubungsmittel. Sie entfernten den Tumor, fünf Zähne und einen Teil des oberen Kieferknochens."

Matthew Algeo

Clevelands Täuschungsmanöver war erfolgreich - es dauerte Jahrzehnte, bis die geheime Operation bekannt und bestätigt wurde.

Macht und Ohnmacht der Präsidenten

Gerüchte über gesundheitliche Probleme von Präsidenten gab es immer wieder - und immer wieder versuchte das Weiße Haus, alles geheim zu halten.

Der eine hat einen Schlaganfall hinter sich, der andere laboriert am Herzen: Warren Harding (rechs hinten) mit Amtsvorgänger Woodrow Wilson (l.)

Woodrow Wilson erlitt in seiner zweiten Amtszeit einen Schlaganfall und war mehr oder weniger unfähig, sein Amt auszuüben. Sein Nachfolger Warren Harding hatte eine Herzkrankheit, die verborgen wurde. John F. Kennedy - jener Präsident, der beim Mauerbau und der Kubakrise gleich zweimal in globalen Großkrisen gefordert war - trug zwar keinen Cleveland-Bart, doch sein frisch gebräunter Teint verbarg eine Krankengeschichte, die länger war als seine Amtszeit.

Auch Ronald Reagan musste immer wieder operiert werden, um den Krebs im Schach zu halten. Reagan war 69, als er zum Präsidenten gewählt wurde - bislang der älteste Präsident der USA. Hillary Clinton ist 68, Donald Trump bereits 70.

Programme, Blutwerte und Bilder

Zweifel ausräumen könnten umfassende Berichte der Ärzte, deren Veröffentlichung beide bisher abgelehnt haben. Das könnte sich ändern. Einen Standard dafür setzte John McCain. Er war 2008 Kandidat der Republikaner und 71 Jahre alt. McCain legte den Journalisten über tausend Seiten medizinische Dokumente vor, seine Ärzte standen Rede und Antwort. Am Ende siegten die Bilder über Zahlen. Wie der schwitzende Richard Nixon 1960 gegen deutlich vitaler wirkenden John F. Kennedy sah auch John McCain gegen den fast jungenhaften Barack Obama alt aus.

Auch 2016 beherrscht die Gesundheit der Kandidaten nahezu weltweit die Schlagzeilen. Die französische "Libération" sieht bereits einen Wendepunkt der Geschichte gekommen.

"Sollte Trump Obamas Nachfolger werden, dann wissen wir genau, an welchem Ort, an welchem Tag, zu welcher Stunde der Gang der Geschichte sich geändert hat: An einem 11. September, um 9 Uhr morgens. Was für ein Symbol."

Leitartikel der 'Libération'


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Zitter, Dienstag, 13.September 2016, 22:11 Uhr

3.

Wenn man den Atomkoffer trägt sollte man als Präsidentin der USA schon fit sein. Sonst gibt diese Verantwortung keinen Sinn.

  • Antwort von Markus, Mittwoch, 14.September, 08:20 Uhr

    @Zitter: Ach was. Das ist doch alles nur Schauspielerei. The show must go on.

bürger, Dienstag, 13.September 2016, 20:54 Uhr

2. Bürgermeinung:

Eine Nation die vom Krieg zum großen Teil "lebt", muß natürlich einen Führer haben der von vorzüglicher Gesundheit ist!

Markus, Dienstag, 13.September 2016, 18:28 Uhr

1.

Doch das ist persönlich, das ist sogar sehr persönlich. Warum lässt man sich nicht von einem der neuen selbstlernenden Computer regieren. Das ist nationale Sicherheit pur. Man muss nur die Stromversorgung sicherstellen und ab und an diese Cluster einmal warten. Die Dinger arbeiten rund um die Uhr und entscheiden schlicht nach Addition und/oder Vergleich. Aber ich sehe schon, wenns Geld zu verdienen gibt, dann springt unsere Lobby gleich mit auf. Headlines wie - wer zeitig in Rente geht, ist eher tot- wird man jetzt mantraartig wiederholen, bis sie im Unterbewusstsein sind und sich kein Mensch mehr darüber Gedanken macht. Eine tolle Welt ist das. Und der Lohn dafür? Ein Ferrari, ein tolles Haus mit wartender Ehefrau, zwei Kindern und dem Haushund? Marathon ist Pflicht und sich täglich mit der Wasserpulle in der Hand mästen? Na dann wartet einmal bis Euch mit 50 oder 60 Jahren das Leben eines besseren belehrt. Anscheinend noch nie ernsthaft krank gewesen, wie?