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Wirtschaftsminister in China Zwischen Diplomatie und harter Kante

Mit seiner harten Linie gegenüber China hat der Wirtschaftsminister zuletzt einiges getan, um sich in Peking unbeliebt zu machen. In der chinesischen Regierung hat das für soviel Unmut gesorgt, dass sogar der deutsche Gesandte ins Außenministerium einbestellt wurde. Heute ist Gabriel in China eingetroffen.

Von: Axel Dorloff

Stand: 01.11.2016

German Minister for Economic Affairs and Energy Sigmar Gabriel, second from left, and Chinese Premier Li Keqiang, second from right, hold a meeting at the Great Hall of the People in Beijing  | Bild: picture-alliance/dpa/AP Images

Als Wirtschaftsminister Gabriel am Morgen in Peking gelandet ist, waren die Temperaturen in Chinas Hauptstadt nahe dem Gefrierpunkt. Spötter könnten behaupten, die Außentemperatur sei ein Gradmesser für die Stimmung zwischen Deutschland und China. Denn der Ärger war schon da, bevor Gabriel überhaupt ins Flugzeug stieg.

Ankunft in Peking


Die chinesische Regierung hatte gestern den deutschen Gesandten in Peking ins Außenministerium einbestellt. Das wurde zwar offiziell nicht bestätigt, aber auch nicht bestritten. Die Sprachregelung der Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Sawsan Chebli, in Berlin blieb vage.

"Weil ich nicht sagen kann, ob es tatsächlich so stattgefunden hat. Ansonsten haben wir ja häufig über das Instrument der Einbestellung gesprochen. Das ist ein Instrument, was in der Diplomatie angewandt wird. Und ich kann Ihnen hier keine pauschale Aussage darüber machen, ob es immer negativ ist oder zu Verwerfungen dadurch kommen kann – oder einfach nur ein freundliches Gespräch ist."

Sawsan Chebli, Sprecherin des Auswärtigen Amtes

Wirtschaftsminister Gabriel im Flugzeug

Beim gestrigen Einzelfall in Peking ist es vermutlich so, dass zwar freundlich warmer Tee gereicht wurde, wie in China üblich. Der Ton war aber wohl eher etwas rauer. Denn die Chinesen sind sauer. Darüber, wie in Deutschland die Debatte über chinesische Investitionen geführt wird. Und darüber, dass die Bundesregierung vergangene Woche die geplante Übernahme des deutschen Chip-Herstellers Aixtron durch chinesische Investoren nicht genehmigt hat. Und dass Minister Gabriel im Vorfeld seines Besuchs gleich mehrfach die Wettbewerbsbedingungen für deutsche Unternehmen in China scharf kritisiert hat. Unter anderem mit dem Begriff „Foulspiel“.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie in Peking ist da diplomatisch etwas geschickter – aber ebenso deutlich:

"Wir möchten Gleichbehandlung haben, d.h. wir haben in Deutschland und in Europa Rahmenbedingungen, die relativ offen sind. Wir begrüßen das ausdrücklich, dass chinesische Investoren jetzt verstärkt auch in Deutschland investieren. Wir möchten aber die gleichen Rahmenbedingungen auch hier haben. Und das sehen wir nach wie vor in vielen Bereichen nicht, u.a. eben beim Joint Venture Zwang oder auch bei der öffentlichen Auftragsvergabe."

Hanna Müller, Leiterin des BDI-Büros in Peking

Deutschland ist der größte Handelspartner Chinas in Europa. Aber deutsche Unternehmen haben in China mit Hindernissen zu kämpfen. Die Klagen: schlechter Marktzugang, fehlende Rechtssicherheit, Einschränkungen beim Internet, Diebstahl geistigen Eigentums und der Joint-Venture Zwang.

Alles Dinge, die Gabriel bei seinem Besuch in China ansprechen wird. Die generelle Übernahme-Lust deutscher und europäischer Unternehmen durch die Chinesen wird aber bleiben, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Wang Zhile:

"Bislang hat China High-End-Produkte aus Deutschland gekauft. Jetzt ist die Strategie eine andere. Statt der Produkte will China nun die Unternehmen kaufen. In der Logik der Entwicklung unserer Wirtschaft ist das der normale Gang."

Whang Zhile, Wirtschaftswissenschaftler Peking

Denn China will selbst zum Hochtechnologie-Land werden. Und weil man das Know-How in vielen Bereichen nicht hat, soll es aus Deutschland dazu gekauft werden. Aber die deutsche Politik gegenüber Investitionen verändert sich. Und deshalb ist klar: die Gespräche von Minister Gabriel in Peking werden schwierig. Die Stimmung der deutschen Unternehmen in China ist so schlecht wie selten und die Chinesen sind schon im Vorfeld sauer. Wenn Minister Gabriel in Peking als erstes Chinas Handelsminister Gao Hucheng trifft, beginnt eine schwierige Gradwanderung zwischen Diplomatie und Kritik.


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