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DB Cargo Kompromiss beim Sparkurs

Eigentlich wollte der Aufsichtsrat der DB die große Schere ansetzen. Heute ist ein Kompromiss beim Sparkurs herausgekommen. Denn Gewerkschaften und Fachleute befürchten, dass die Bahn sonst immer mehr Marktanteile verliert. Ein Ärgernis ist auch Stuttgart 21.

Von: Wolfram Schrag und Ulrich Trebbin

Stand: 15.06.2016

Güterzug | Bild: pa/dpa/Oliver Berg

Die Deutsche Bahn betreibt über ihre Tochter DB Cargo im Moment 1.500 Stationen, an denen Güter umgeschlagen werden. Ein ganz wichtiger Standort ist zum Beispiel der größte Güterbahnhof Europas in Maschen bei Hamburg. Dort werden die Containerzüge zu den deutschen Häfen zusammengestellt. Es gibt aber auch jede Menge kleine Umschlagplätze, wo nicht wirklich was los ist. Und von diesen wollte die Bahn 215 dichtmachen. DB-Vorstand Richard Lutz gab die Richtung vor:

"Wir haben unsere Ziele nicht erreicht: Und zwar sowohl bei Produktqualität und Kundenzufriedenheit, als auch bei Umsatz und Ergebnis. Kunden zahlen nicht für Ineffizienzen."

DB-Vorstand Richard Lutz

Güterverkehr auf dem Abstieg

Die Gründe dafür sind allerdings vielfältig: Die Gütersparte der Bahn leidet momentan vor allem unter den billigen Spritpreisen. Von wegen Güter gehören auf die Bahn! Sie werden immer öfter mit dem Lastwagen transportiert. Dann hat der Lokführerstreik im vergangenen Jahr viele Kunden vertrieben. Sie sind zur privaten Konkurrenz abgewandert und kamen nicht mehr zurück. Und ein weiteres sind auch Managementfehler im Gütergeschäft der DB, so Professor Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin:

"Der Verkehr auf den Hauptachsen ist eben ein großer Fluss, der gespeist wird aus vielen kleinen Bächen. Und wenn man sozusagen bei jeder Krise ein paar dieser Bäche wieder zumacht, dann wird irgendwann auch der Fluss austrocknen. Und dass die DB nun achselzuckend eine Rückzugsstrategie fährt, ist natürlich auch verkehrspolitisch bedenklich."

Prof. Christian Böttger, Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin

Keine Stellen gestrichen

Das sah auch die Gewerkschaft EVG so. Sie konnte in den vergangenen Wochen eine Vielzahl von Beschäftigten im Güterbereich mobilisieren. 2.100 Stellen sollten gestrichen werden. Auch wenn es einen Beschäftigungspakt gibt, haben sich Bahn und Gewerkschaft nun verständigt. Es sollen weniger als 200 Güterverkehrsstellen dicht gemacht werden. Von konkreten Stellenstreichungen ist nicht mehr die Rede.

Eine der weitere Problemzonen der Bahn ist der Personenverkehr. Mit der Freigabe der Fernbuslinien sind viele Passagiere umgestiegen. Die Bahn fuhr in die roten Zahlen. Im letzten Jahr hatte Bahnchef Rüdiger Grube deshalb Großes versprochen:

"Wir wollen die Deutsche Bahn schlanker, effizienter und kundenorientierter machen."

Bahnchef Rüdiger Grube

Fehlende Erfolge

Mit dem Konzept „Zukunft Bahn“ sollte alles besser werden. Doch blieben die Erfolge bislang aus. Die Züge im Fernverkehr sind nur noch zu 70 Prozent pünktlich. Denn die Bahn muss im Moment Milliarden in die Sanierung ihrer Trassen stecken - das hatte sie jahrelang vernachlässigt. Für das Chaos bei den vielen Baustellen der Bahn ist Bahnvorstand Volker Kefer verantwortlich. Er hat deshalb seinen Rückzug bis spätestens September 2017 angekündigt. Bahnchef Grube hat sich damit aber nur Zeit erkauft - und zwar bis Jahresende. Sollte er seinen Laden nicht in den Griff bekommen, wird sein Vertrag im kommenden Jahr sicher nicht verlängert.

Stuttgart 21 wird teurer

Im Aufsichtsrat der Bahn sorgte heute das Megaprojekt Stuttgart 21 für Ärger. Denn es wird teurer und dauert länger. Der Aufsichtsrat fragt sich, warum er "zu spät über Kostensteigerungen und Bauverzögerungen informiert wurde".

Konkrete Beschlüsse zu Stuttgart 21 sind heute offenbar nicht gefallen: Vor drei Jahren hatte der Aufsichtsrat das Budget auf 6,5 Milliarden Euro aufgestockt - quasi als Obergrenze aller Kosten bis zur Fertigstellung, die bisher für Ende 2021 anvisiert wird. Dieser finanzielle Rahmen ist aber offenbar schon jetzt ausgeschöpft.


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Parteiloser, Freitag, 17.Juni 2016, 00:24 Uhr

2. Welche Partei vertritt noch ein zukunftsorientiertes Bahnkonzept?

Flickschusterei erkenne ich in jeder Partei. Da ein bißchen CO2, da ein bißchen Besteuerung oder Maut, ein bißchen E-Mobil Förderung das nicht wettbewerbsfähig sein wird, aber wer vertritt einen Plan für mehr Güterverkehr weg von der Strasse?

Herbert Hirni, Donnerstag, 16.Juni 2016, 11:34 Uhr

1. Was ist das für eine verkorkste Verkehrspolitik?

Güter auf die Bahn? - Na, denkste. Dafür müsste man ja viele Milliarden ausgeben, um die Bahn rundum zu erneuern. Automatisierung? Überall, nur nicht bei der Bahn.
Loführer? - Fahren kurzsichtig und streiken sich selbst ins Aus. Investitionen in die Infrastruktur? Pustekuchen. Viel leichter lässt sich das ja auf der Strasse eintreiben.

Also akzeptieren wir mehr Staus auf den Strassen, mehr katastrophale LKW Unfälle mit übermüdeten, Smartphone abgelenkten Brummi-Fahrern, die zugleich um den Faktor 100 000 (ARD Bericht!) die Strassen ruinieren und der Steuerzahler, sowie Mautpflichtigen bezahlen die Infrastruktur?
Super Konzept!
Dabei sind die Gesamtschäden für die Volkswirtschaft noch nicht komplett. Die höhere CO2 Emmissionen und der dadurch nicht bezifferbaren gesundheitlichen Schädigungen sind noch gar nicht eingerechnet. Und für was? Damit die Wirtschaft mit Billigst-Lkw Fahrern Kosten spart? Profit etwas einseitig generiert wird? Just-in-time Transport nicht mit Bahn?