ARD alpha - Campus


8

Dr. Julian Thiele, Materialwissenschaftler Künstliche Zellen - ein Ersatz für lebende Organismen?

Zellen sind kleinste lebende Einheiten in Organismen – aber wie sind sie entstanden? Gab es in der Evolution einfache Vorläufer-Zellen und könnte man diese nachbauen, um nicht nur über die Entstehung des Lebens selbst etwas zu lernen, sondern sogar Ersatzmodelle für lebende Zellen zu schaffen?

Von: Andrea Roth

Stand: 28.01.2023

Und wo lägen die Anwendungsmöglichkeiten dieser künstlichen Zellen? Unter anderem mit diesen Fragen beschäftigt sich das Feld der Synthetischen Biologie.

An der Schnittstelle von Biologie, Chemie und Ingenieurswissenschaften entwickeln Forscher*Innen durch schrittweisen Zusammenbau aus synthetischen Modulen biologische Systeme, die nicht in der Natur vorkommen, jedoch auf deren Prinzipien basieren. Auf diese Weise sollen künstliche Zellen entstehen, die in Struktur und Funktionen lebenden Zellen ähneln. Doch wenn lebende Zellen Jahrmillionen von Evolution hinter sich haben – sie also wirklich gut sind in dem, was sie tun – wozu der experimentelle Aufwand der Nachahmung? Die Vorteile sind vielfältig: Künstliche Zellen könnten durch ihre Robustheit und Einfachheit die Synthese eigentlich zelltoxischer Wirkstoffe ermöglichen, als Ersatz für Tierexperimente dienen, oder als Modell in der Grundlagenforschung, um Ursprünge zellulären Lebens aufzuklären. Auch wenn künstliche Zellen derzeit noch nicht in der Lage sind, entscheidende Eigenschaften lebender Zellen wie Teilung und Selbstregulation in sich zu vereinen, ist der Zeitpunkt aufgrund der Verfügbarkeit synthetischer Bausteine wie DNA oder vollständig nachgebildeter zellulärer Funktionen wie die Proteinsynthese nie passender gewesen, sich der großen Herausforderung biologische Systeme zu erschaffen, zu widmen, die in naher Zukunft als Ersatz für lebende Organismen dienen werden.

Dr. Julian Thiele

Seit März 2020 ist Julian Thiele stellv. AL, Nanostrukturierte Materialien, Leibniz IPF Dresden und seit April 2017 ist Young Investigator und Habilitand, TU Dresden und seit Oktober 2015 ist er Forschungsgruppenleiter, Leibniz IPF Dresden. Von Juli 2014 bis September 2015 war er wiss. Mitarbeiter (Entwicklung von Mikroreaktoren für Sensorik und Biotechnologie), PI G. Cuniberti, TU Dresden und von Juli 2011 bis Juni 2014 Postdoktorand (Design von Polymergelen, Vesikeln und Mizellen als Zellmodelle oder Träger von Zellen), PI W. T. S. Huck, Radboud Universität Nijmegen.

Universitätslaufbahn:

September 2008 – Juni 2011 Dr. rer. nat., „summa cum laude“(Herstellung von Polymersomen in mikrofluidischen Kanalsystemen), PI S. Förster, Universität Bayreuth / PI D. A. Weitz, Harvard Universität
Februar 2008 – August 2008 Diplom, Note 1.0 (Darstellung von Vesikeln und Polymerpartikeln in Mikrokanälen), PI S. Förster, Universität Hamburg
Januar 2007 – Juni 2007 B. Sc., “passed with distinction“ (Supramolecular organic nanotubes), PI K. Wärnmark, Lund Universität

Preise und Auszeichnungen:

Seit Juli 2020 Fellow der Young Academy of Europe (YAE)
Oktober 2019 Georg‐Manecke‐Preis, Georg‐Manecke‐Stiftung, GDCh
Seit April 2017 Young Investigator, Exzellenz‐Förderprogramm, TU Dresden
Juli 2012 – Juni 2014 Feodor‐Lynen‐Stipendiat, Alexander‐von‐Humboldt‐Stiftung
November 2012 Kulturpreis Bayern, E.ON Bayern AG
Juli 2012 Promotionspreis, Otto‐Warburg‐Stiftung, Universität Bayreuth


8