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Prof. Dr. Thomas Schmitt, Biogeograph Gene in Raum und Zeit - was verraten sie über die Dynamik der Artenvielfalt?

Mit welchen Methoden der Wissenschaft heute die Ausbreitung der Arten erforscht werden, lernen wir von dem Biogeographen Thomas Schmitt. Wie verbreiten sich zum Beispiel Tagfalterarten wie der Waldteufel über die Welt? Ein Beispiel zum Verständnis evolutionsbiologischer Prozesse.

Von: Andrea Roth

Stand: 28.01.2023

Die Analyse der raum-zeitlichen Dynamik von Verbreitungsgebieten steht im Mittelpunkt der biogeographischen Forschung. Hierdurch werden wichtige Grundlagen zum Verständnis von evolutionsbiologischen Prozessen und ökologischen Zusammenhängen, aber auch für die Naturschutzbiologie geschaffen.

Vor allem die großen Fortschritte in der Molekularbiologie in den letzten Jahrzehnten haben die Möglichkeiten für biogeographische Analysen stark verbessert. Es entstand das Forschungsfeld der Phylogeographie.

Prof. Dr. Thomas Schmitt und sein Team erforschen diese Dynamiken der Verteilung der Tier- und Pflanzenarten im Bereich der Phylogeographie. Hierunter versteht man, dass mittels der aktuellen Verteilung der genetischen Information im Raum die Dynamik von Verbreitungsgebieten in der Vergangenheit rekonstruiert werden kann.

Durch das Driften der afrikanischen auf die eurasische Platte vor knapp sechs Millionen Jahren kam es zu einer Landbrücke zwischen Marokko und Iberien, über die ein intensiver biotischer Austausch der Tier- und Pflanzenarten stattfand. Dieser lässt sich bis heute in biogeographischen Mustern nachweisen. Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters der letzten 2,6 Millionen Jahre mit sich abwechselnden Warm- und Kaltzeiten hatten ebenfalls große Auswirkungen auf die Verteilung des Lebens. Außerhalb der Tropen zogen sich wärmeliebende Arten in Richtung des Äquators zurück und überlebten in Refugien. Für Europa befinden sich diese weitgehend im Mittelmeerraum. Auf Grund dessen komplexer Strukturen führte dies zu starken Zerstückelungen von Verbreitungsgebieten, mit dem Resultat der Evolution von diversen genetischen Linien in den unterschiedlichen Teilbereichen. In Warmzeiten erfolgte dann Expansion aus diesen Refugien nach Norden, was sehr stark von den Gebirgssystemen als Barrieren beeinflusst wurde. An kalte Bedingungen angepasste Arten weisen oft umgekehrte Dynamiken auf: sie sind unter Kaltzeitbedingungen oft weitverbreitet und ziehen sich während Warmzeiten in die Hochlagen der Gebirge und in die Arktis zurück. Diese Dynamiken lassen sich über die Analyse der genetischen Strukturen über die Verbreitungsgebiete hinweg rekonstruieren.

Prof. Dr. Thomas Schmitt

Seit 2014 ist Thomas Schmitt Universitäts Professor (W3) für Entomologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Von 2001 bis 2014 war er an der Universität Trier zuerst Junior Professor (W1)  für Molekular Biogeografie, 2003-2009, Postdoc, 2001-2003, dann Universitäts Professor (W2) für Molekular Biogeografie (2009-2014).
Von 1996 bis 2001 war er an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit der Dissertation von 1996 bis 1999, Verteidigung 1999 und Postdoc-Zeit von 2000 bis 2001.
Von1989 bis 1996 hat er an der Universität des Saarlandes biologie studiert und 1996 mit Diplom abgeschlossen, 1993 hatte er an der Universitdade de Lisboa in Portugal studiert.


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