Food Forschung am Fraunhofer Institut Wie aus der Lupinen-Pflanze Käse wird
Wissenschaftlerin Andrea Hickisch vom Fraunhofer Institut in Freising will aus Pflanzen alternative Milchprodukte herstellen. Pflanzlichen Joghurt hat sie schon entwickelt. Schafft sie es auch aus Lupinen Käse herzustellen?
Wenn es gelingt, aus Pflanzen unserer heimischen Äcker Lebensmittel herzustellen, die Milch ersetzen, dann sind wir ein großes Stück weiter, um dem Hunger in der Welt zu stillen. Die Wissenschaftlerin und Lebensmitteltechnologin Andrea Hickisch stellt sich dieser Aufgabe. Sie hat sich auf die Lupine spezialisiert und will aus ihr Alternativen zu Molkereiprodukten herstellen.
„Die Lupinen (Lupinus; von ahd. luvina, zu lat. lupus „Wolf“)
Selten auch Wolfsbohne oder Feigbohne genannt, sind eine Pflanzengattung in der Unterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae) innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae oder Leguminosae). Zur gleichen Familie gehören beispielsweise Erbse, Kichererbse und Erdnuss. In Mitteleuropa trifft man am häufigsten die Vielblättrige Lupine (Lupinus polyphyllus) an. Lupinen gibt es als Gemüsepflanze, Futterpflanze, Zierpflanze und Wildpflanze.
Die Samen insbesondere wilder und Gartenlupinen enthalten Lupinin, einen giftigen Bitterstoff, der den Tod durch Atemlähmung verursachen kann. Bestimmte Zuchtformen hingegen sind ungiftig und nicht bitter. Sie können jedoch für Allergiker problematisch sein. (Quelle: Wikipedia)
Für ihr Forschungsprojekt ist sie ganz bewusst zum Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung in Freising gegangen:
"Ich hab mich genau darauf beworben, weil ich das so spannend fand, dass man eigentlich diese ganze Prozesskette miterlebt. Und da kann ja auch so viel schief gehen. Und das war für mich schon irgendwie spannend - weil man ja nicht weiß, ist es denn überhaupt möglich."
Andrea Hickisch, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer Institut
Bevölkerungswachstum erfordert neue Wege in der Nahrungsmittelproduktion
Ungefähr siebeneinhalb Milliarden Menschen leben zur Zeit auf der Erde und die Weltbevölkerung wächst unaufhaltsam. Nicht alle können von tierischen Produkten satt werden. Das liegt nicht nur am Preis, sondern auch am Platz. Denn um tierische Produkte herzustellen, braucht man eine wesentlich größere Fläche als für pflanzliche Lebensmittel. Zudem gerät die Massentierhaltung immer stärker in die Kritik. Alles Gründe für die 33-jährige Lebensmitteltechnologin Andrea Hickisch nach neuen pflanzlichen Lebensmitteln zu forschen:
Portrait Andrea Hickisch, Projektleiterin und Lebensmitteltechnologin am Fraunhofer Institut in Freising
"Mir ist es wichtig, dass es neben diesen Kuhmilchprodukten einfach noch andere Produkte gibt, also die Alternativen – weil ich finde, dass wir vielleicht ein bisschen zu viel Fleisch konsumieren oder auch Milchprodukte und wie die Tiere gehalten werden, ist ein bisschen schwierig und von dem her ist es mir so wichtig, dass wir da einfach eine Alternative schaffen."
Andrea Hickisch, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer Institut
Die Grundlage hierfür findet sich auf unseren heimischen Ackern: die Lupine. Die blau oder weißblühende Wildblume wächst oft an Böschungen oder am Straßenrand und ist eine anspruchslose Pflanze. Mit ihren proteinreichen Samen könnte sie Soja ersetzen und für ihren Anbau müssen keine Regenwälder abgeholzt werden, zudem ist die Lupine nicht gentechnisch verändert. Doch ein Problem gibt es: die Samen der Hülsenfrucht Lupine schmecken sehr bitter, grasig-bohnig. Nicht gerade ideal, um daraus Lebensmittel herzustellen.
Proteine aus der Lupinen-Pflanze
Protein-Isolat, das Resultat von 25 Jahren Forschungsarbeit. Dieses geschmacksneutrale Protein stammt vom der Lupine.
Seit 1989 forschten die Wissenschaftler Dr. Peter Eisner und Stephanie Mittermaier am Freisinger Fraunhofer Institut, um diesen Geschmack zu eliminieren. Mit Erfolg: 2014 erhielten die Forscher den Deutschen Zukunftspreis für ihre weltweit einzigartige Arbeit. Das von ihnen gewonnenen Protein-Isolat aus der Lupinen-Pflanze bildet heute die Grundlage für alle Neuentwicklungen au dem Lebensmittelmarkt.
Molkereiprodukte aus Lupinen-Pflanzen?
Schon sind diverse Fleischersatzprodukte hergestellt worden. Die Pflanze ist sehr gesund, weil sie viel Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe enthält, aber kein Cholesterin und kaum Fett. Alternativen für den Molkereibereich aus der Lupine zu gewinnen, ist aber ungleich schwieriger. Die Lebensmitteltechnologin Andrea Hickisch tüftelte am Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung in Freising vier Jahre lang, bis es ihr gelang, einen schmackhaften Lupinen-Joghurt herzustellen. Er steht seit 2015 unter dem Namen „with luve“ in den Supermarkt-Regalen.
Die Herstellung von Pflanzenjoghurt als Doktorarbeit
Ein besonderes Problem war stets die Textur des Lupinen-Joghurts, also wie fühlt sich der Joghurt im Mund an. Dies ist auch das Thema ihrer Doktorarbeit, an der sie seit sechs Jahren schreibt. Doch da sie nur am Wochenende und nach Feierabend Zeit dafür findet, zieht sich das Ganze. Die Arbeit als Projektleiterin im Freisinger Fraunhofer Institut lastet die 33-jährige voll aus:
"So die meiste Zeit verbring ich eher damit, Versuche zu planen, zu organisieren, wann, wo, wie, was läuft. Und meine Studenten sind ja ganz viel für mich im Labor, Gott sei Dank, sonst würde ich das alles gar nicht schaffen. Ansonsten wertet man halt Daten aus am Computer, man bereitet Präsentationen vor für Konferenzen, man schreibt Berichte – so ist es ganz vielfältig, was man da so machen muss."
Andrea Hickisch, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer Institut
Der erste Käse aus Lupinen. Leider kein Schnittkäse, sondern eher wie Feta. Die Versuche gehen weiter.
Doch nun hat die Wissenschaftlerin ein neues Ziel: ein Schnittkäse aus Lupinenprotein - das ist bislang noch niemandem gelungen. Wir haben die Forscherin bei dieser Aufgabe begleitet und konnten hautnah den Versuch miterleben.