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alpha-Österreich Mount St. Helens - Der Vulkan lebt

Lupine in Vulkanlandschaft | Bild: ORF, Interspot Film, ZDF/ARTE, NOVA/WGBH und BMUKK in Zusammenarbeit mit Fremantle Media, gefördert durch Fernsehfonds Austria; entwickelt im Rahmen der Discovery Campus Masterschool 2006.

Montag, 08.09.2014
22:00 bis 22:45 Uhr

ARD alpha
2010

Am Sonntag, dem 18. Mai 1980, explodierte um 8.32 Uhr an der Westküste der USA ein Vulkan – der Mount St. Helens. Es war ein Ausbruch von unvorstellbaren Ausmaßen. Binnen weniger Minuten verlor der Berg 400 Meter seines Gipfels und die Schutt- und Aschemassen verwüsteten ein Gebiet, das eineinhalb Mal so groß ist wie Wien. Es war die größte Naturkatastrophe der Neuzeit auf amerikanischem Boden – 57 Menschen und unzählige Tiere starben. Nachdem sich Rauch und Dampf verzogen hatten, bot sich ein unwirkliches Bild: der Vulkan hatte die grünen Wälder und Bergseen in eine Mondlandschaft verwandelt. Doch schon bald nach dem Ende der Eruptionen erwachte auf den zum Teil Hunderte Meter dick mit Asche und Geröll bedeckten Hängen neues Leben. Zunächst in Gestalt einer Lupinenpflanze, der bald wühlfreudige Taschenratten folgten. Sie machten den Boden bereit für die vielen weiteren Pflanzen und größere Tiere, die sich innerhalb weniger Jahre in dem Mars-ähnlichen Terrain ansiedelten. Zwei Jahre lang begleitete ein „Universum“-Team der Wiener Interspot Film mit den Regisseuren Jörg Daniel Hissen und Heinz Leger die Arbeit der Wissenschafter vor Ort. „Mount St. Helens – Der Vulkan lebt“ ist ein bildgewaltiger Film, der die Explosion des Berges und die Wiederkehr des Lebens nicht nur verständlich, sondern erlebbar macht.

Einer der ersten Wissenschafter, der das verwüstete Land zu untersuchen begann, war der Biologe Charlie Crisafulli. Noch heute erinnert er sich mit Schaudern an seinen ersten Eindruck: „Ich kam wenige Tage nach dem Ausbruch an den Mount St. Helens. Als ich hier eintraf, war ich völlig schockiert, richtiggehend sprachlos. Ich konnte einfach nicht glauben, was ich sah. So weit das Auge reichte, gab es kein einziges Anzeichen von Leben. Ich fragte mich, ob Tiere oder Pflanzen so eine Katastrophe überhaupt überleben können, ob es jemals wieder so aussehen würde wie früher, ob es die Natur überhaupt schaffen würde, das Land wieder zu besiedeln.“

So schockierend der erste Eindruck auch war, bald war Charlie Crisafulli klar, dass der Vulkan hier ein riesiges Forschungslabor geschaffen hatte, welches es zu nutzen galt – es war eine einmalige Chance für den Wissenschafter, die er sich nicht entgehen lassen wollte. Und so studiert Charlie Crisafulli seit 30 Jahren die Wiederkehr des Lebens am Mount St. Helens. Von der ersten Minute an galt es Fragen zu klären. Wer siedelte als erstes in der Aschewüste? Wer half wem? Welche Pioniere würden überleben und wer vergeblich gegen die unwirtliche Natur ankämpfen?

Die Arbeit der Wissenschafter brachte erstaunliche Ergebnisse: Dass die erste Pflanze auf den weiten Aschenfeldern eine Lupine war, mochte noch nicht so überraschen, denn diese Pflanzen sind dafür bekannt, dass sie auf kargen Böden überleben können. Doch dass ein kleiner Nager, die Nördliche Taschenratte, eine entscheidende Rolle bei der Rückkehr des Lebens spielen würde, hatte niemand vermutet. Einige dieser etwa hamstergroßen putzigen Tiere hatten das Inferno des Vulkanausbruchs in ihren Bauen überlebt. Während über ihren Köpfen Staubstürme über das Land fegten, ernährten sich die Taschenratten im ersten Sommer hauptsächlich von Überresten abgestorbener Lupinen. Unaufhörlich wühlten sich die Nager durch die verwüstete Landschaft und die Lupinen bildeten dabei eine verlässliche Nahrungsquelle. Im Gegenzug spielten die Taschenratten bei der Verbreitung der Blumen eine wichtige Rolle. Ihr ständiges Graben vermischte die sterile vulkanische Asche mit dem nährstoffreichen Untergrund und bereitete so den Boden für die Wiederbesiedelung durch den Rest der Pflanzenwelt auf. Diese faszinierende Symbiose und weitere spannende Rätsel um die Rückkehr des Lebens am Mount St. Helens sind der Stoff dieser faszinierenden Natur-Dokumentation.

Die Dreharbeiten waren eine große Herausforderung für Material und Team, erzählt Jörg Daniel Hissen: „Tagtäglich mussten wir unser Kameraequipment über die endlose Bimssteinebene schleppen. Immer der sengenden Sonne ausgesetzt, denn am Fuß des Vulkans gibt es keinen Baum, kein Stück Schatten. Dazu kam der feine, in alle Ritzen dringende Staub, als ständige Bedrohung der Kameraausrüstung.“

„Es war manchmal richtig abenteuerlich“, erinnert sich Heinz Leger: „Für die Unterwasseraufnahmen am Sprit Lake mussten wir sowohl die Tauch- als auch die Kameraausrüstung in einem Lastennetz mit dem Hubschrauber einfliegen lassen, denn allein das Gehäuse für die Unterwasserkamera wiegt 70 Kilogramm. Besonders spektakulär waren dann die Aufnahmen der Tausenden Baumstämme, die an der Oberfläche des Sees treiben. Dabei mussten wir immer besonders auf der Hut sein, denn schon ein winziger Lufthauch genügt und alle Stämme treiben auf eine Seite des Sees und man sitzt auf seinem Boot tagelang fest.“

Redaktion: Ulrike Lovett