Respekt - Respekt

Was wir von Sophie Scholl lernen können

RESPEKT Was wir von Sophie Scholl lernen können

Stand: 06.05.2021 12:39 Uhr

  • Die Weiße Rose war eine vor allem aus Student:innen bestehende Widerstandsgruppe gegen die Nationalsozialisten.
  • Die Geschwister Hans und Sophie Scholl kamen wegen ihres christlichen Glaubens in Konflikt mit dem totalitären System der Nazis.
  • Beim Verteilen von Flugblättern wurden die Geschwister Scholl verraten und wenige Tage später, am 22. Februar 1943, hingerichtet.
  • Auch heute gibt es in vielen Ländern mutige junge Menschen, die gegen Unrechtsregimes aufstehen und ihr Leben riskieren.
  • Malala Yousafzai, Joshua Wong, Chelsea Manning gehören dazu.

Hans und Sophie Scholl

Die "Weiße Rose" prangerte ab Juni 1942 die Verbrechen der Nationalsozialisten an und rief zum Widerstand auf. Der innere Kreis der Gruppe bestand aus den Geschwistern Hans und Sophie Scholl, den befreundeten Studenten Alexander Schmorell, Christoph Probst und Willi Graf sowie dem Universitätsprofessor Kurt Huber. Insgesamt sechs Flugblätter verfasste die Widerstandsgruppe und verschickte sie massenhaft per Post in ganz Deutschland und verteilte sie heimlich. Ein Flugblatt gelangte nach England, wurde dort millionenfach vervielfältigt und 1943 von Flugzeugen der Royal Airforce über ganz Deutschland abgeworfen. Ihren Mut bezahlten alle sechs Mitglieder des inneren Kreises der Weißen Rose mit dem Leben: Sie wurden entdeckt und zum Teil nach Schnellverfahren 1943 hingerichtet.

"Man hat sich ausgetauscht. Man hat sich motiviert. Man hat dem anderen, wenn er mal wieder nicht so gut drauf war, auch geholfen. Sie haben sich gegenseitig auch in ihrer Unterschiedlichkeit akzeptiert und waren sehr tolerant miteinander. Auch natürlich, weil ihnen der gemeinsame Widerstand wichtig war."

Markus Schmorell, Weiße Rose Stiftung e.V.

Auf den Spuren der Geschwister Scholl

Mit einer App kann man im nahen Umfeld der Ludwig-Maximilians-Universität einige Orte erkunden, an denen die Geschwister Scholl unterwegs waren. Einige der "Original-Töne" aus dem RESPEKT-Film sind aus der App übernommen.
Sightseeing Munich: Sophie Scholl und die Weiße Rose

Start: Haupteingang Ludwig-Maximilians-Universität Geschwister-Scholl-Platz 1 80539 München
Ende: Lichthof der Ludwig-Maximilians-Universität Geschwister-Scholl-Platz 1 80539 München
Dauer der Tour: ca. 90 Minuten

Nicht bloß "ein Konzert auf einer Wiese"

In Themar, einer kleinen Stadt im Süden Thüringens, treffen sich regelmäßig Rechtsextremist:innen und Neonazis. Zum Beispiel organisieren sie Rechtsrock-Konzerte. Thomas Jakob ist mit seinen Mitstreiter:innen aktiv und wehrt sich gegen die Nazi-Aufmärsche. Aber viele Menschen sagen: "Ach, das ist nicht so schlimm, die machen ein bisschen Musik und dann räumen sie ja die Wiese wieder auf", so der Aktivist. Ihm geht es um Aufklärung. Dazu hat er Hunderte Plakate mit Sprüchen entworfen, die er und seine Freund:innen bei Naziveranstaltungen hochhalten, um die Menschen aufzuklären.

"Wir haben bewusst gesagt: Das ist ein Vernetzungsort, wir haben gesagt: Man muss diese Verharmlosung wegnehmen und wir müssen darauf aufmerksam machen, dass dieser Rassismus und Rechtsextremismus tötet."

Thomas Jakob, Aktivist gegen Rechts

Chelsea Manning: knapp an der Todesstrafe vorbei

Beispiele für Mut finden sich weltweit: Chelsea Manning aus den USA gab 2010 Geheiminformationen über schwerste Menschenrechtsverletzungen durch US-Soldaten während der Kriege in Irak und in Afghanistan sowie im Gefangenenlager Guantanamo an Wikileaks weiter. Wegen Hochverrats drohte ihr die Todesstrafe. 2013 wurde sie zu 35 Jahren Haft verurteilt. Seit ihrer Begnadigung 2019 setzt sich Chelsea Manning weiter für Menschenrechte ein.

Malala Yousafzai: ein Teenie gegen die Taliban

Am 9. Oktober 2012 überfallen die Taliban im Norden Pakistans einen Schulbus. In ihm sitzt auch Malala Yousafzai. Die Taliban schießen ihr in den Kopf. Ein gezielter Anschlag, denn die damals 15-jährige Malala schreibt einen Blog für die BBC. Darin fordert sie das Recht auf Bildung ein und kritisiert die Taliban. Malala überlebt den Angriff und wird berühmt. Weltweit solidarisieren sich viele Menschen. Ihre Mission von da an: Bildung für Frauen. Sie wird zur Aktivistin und engagiert sich weltweit für den Bau von Schulen. 2014 erhält Malala Yousafzai den Friedensnobelpreis als jüngste Preisträgerin aller Zeiten.

Joshua Wong: das Gesicht der Regenschirm-Bewegung

Als sein Name 2014 in der ganzen Welt bekannt wird, ist Joshua Wong 18 Jahre alt. Er wird zum Gesicht der sogenannten Regenschirm-Bewegung in Hongkong. Mit Schirmen versuchen sich die Demonstrant:innen vor der Polizei zu schützen. Die Aktivist:innen fordern freie Wahlen und legen wochenlang die Metropole lahm. Joshua Wong gilt in der Volksrepublik China als Extremist. Aktuell sitzt er wieder in Haft. Es ist die dritte Gefängnisstrafe für den 24-Jährigen. Doch der Aktivist gibt nicht auf und will auch weiterhin für Demokratie in seinem Heimatland kämpfen.

Widerstandsgruppen im Nationalsozialismus

  • Nur wenige in der deutschen Bevölkerung widersetzten sich aktiv der nationalsozialistischen Diktatur von 1933 bis 1945.
  • Gewerkschaftliche Widerstandsgruppen organisierten Sabotageaktionen, zum Beispiel in Rüstungsfabriken oder bei der Eisenbahn.
  • Mehrere Tausend Jugendliche, meist aus dem Arbeitermilieu, waren vor allem im Ruhrgebiet und um Köln aktiv. Sie nannten sich die "Edelweißpiraten" oder waren in der sogenannten Swing-Jugend aktiv.
  • Der evangelische Pfarrer Dietrich Bonhoeffer und der katholische Jesuitenpater Alfred Delp bezahlten mit ihrem Leben für ihren Widerstand.
  • Die "Herbert-Baum-Gruppe" bestand vor allem aus jungen Jüdinnen und Juden. Viele kamen aus kommunistischen und sozialistischen Kreisen.

Motivation für Widerstand

Der Widerstand gegen die Nationalsozialisten kam aus unterschiedlichen Bereichen: Gewerkschafter:innen setzten beim Widerstand vor allem darauf, die Produktion zu sabotieren, zum Beispiel von Waffen. Einige wenige gläubige Menschen konnten das Tun der Nationalsozialisten nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren und gingen deshalb in den Widerstand. Auch bei den Geschwistern Scholl spielte der religiöse Glaube eine Rolle: In ihrer Jugend waren sie in den gleichgeschalteten nationalsozialistischen Jugendorganisationen. Doch was sie dort erlebten, war für sie nicht akzeptabel. Pfarrer und Pater waren auch wegen ihres Glaubens im Widerstand. Und natürlich einige der Menschen, die von Hitler verfolgt wurden: Jüdinnen und Juden, Kommunist:innen und Sozialist:innen.

Zahlen und Fakten: Quellen

Edelweißpiraten, Swing-Jugend
Christen und kleinere religiöse Gemeinschaften: BPB, Gedenkstätte deutscher Widerstand Berlin, BPB Widerstand
Dietrich Bonhoeffer: Gedenkstätte deutscher Widerstand Berlin, Planet Schule
Bundeszentrale für politische Bildungsarbeit (Hg.): Informationen zur politischen Bildung (Heft 330), Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Bonn 2016, S. 32 f.
Pater Alfred Delp: Deutsches historisches Museum, Gedenkstätte deutscher Widerstand Berlin
Bundeszentrale für politische Bildungsarbeit (Hg.): Informationen zur politischen Bildung (Heft 330), Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Bonn 2016, S. 54
Kreislauer Kreis: Deutsches historisches Museum, Gedenkstätte deutscher Widerstand Berlin
Bundeszentrale für politische Bildungsarbeit (Hg.): Informationen zur politischen Bildung (Heft 330), Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Bonn 2016, S. 52 ff.
Verbindung Alfred Delps zum Kreislauer Kreis
Benz, Wolfgang / Pehle, Walter H. (Hg.): Lexikon des deutschen Widerstandes. 2. durchgesehene Auflage, Frankfurt/Main 1994, S. 277.
Jüdischer Widerstand: Bundeszentrale für politische Bildungsarbeit (Hg.): Informationen zur politischen Bildung (Heft 330), Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Bonn 2016, S. 68

"Herbert-Baum-Gruppe", ebd. S. 30

Fazit

Die Geschichte von Sophie Scholl und der Weißen Rose ist eine Geschichte über Mut in schweren Zeiten. Zwar kann man die Zeit damals nicht mit heute vergleichen. Aber egal zu welcher Zeit: Es ist immer wichtig, dass man seine Stimme erhebt. Viele, auch sehr junge Menschen, trauen sich überall auf der Welt, öffentlich zu sagen, wenn etwas falsch läuft. Dazu braucht es keine großen Statements oder Aktionen. Wichtig ist eben nur, dass man was tut. Denn nichts zu tun und nichts zu sagen, wird meist als stilles Einverständnis gewertet.

Autorin: Monika von Aufschnaiter

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