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Vergleich der Wahlprogramme Familienpolitik: Es geht um Geld und Gerechtigkeit

Die Parteien haben in diesem Bundestagswahlkampf die Familie wieder entdeckt. In allen Wahlprogrammen finden sich ausführliche Passagen, wie Familien in der nächsten Legislaturperiode besser unterstützt werden sollen. Fast immer geht es dabei ums Geld. Aber auch die Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern spielt eine Rolle.

Von: Tanja Oppelt

Stand: 13.09.2017 | Archiv

Piktogramm Familie | Bild: BR

Die Deutschen werden immer älter, die Geburtenrate steigt nur sehr langsam, und in vielen Branchen können Stellen für Facharbeiter nicht mehr besetzt werden. Die Parteien versuchen Antworten zu finden auf die Herausforderungen des demographischen Wandels.

"Durch eine Politik, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert, ist es möglich, dass die Geburtenrate ansteigt und mehr Mütter arbeiten. Davon profitiert der Arbeitsmarkt sehr stark. Und man muss auch bedenken, dass über 14 Millionen Wähler Eltern von minderjährigen Kindern sind – also eine sehr große Wählergruppe."

Martin Bujard, Forschungsdirektor am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Martin Bujard untersucht am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden die Lebenswelt junger Familien. Er sagt: Nahezu alle jungen Eltern in Deutschland wollen Beruf und Familie vereinbaren. Väter wollen mehr Zeit mit den Kindern verbringen, Mütter mehr arbeiten. Das so genannte „Hausfrauenmodell“ wünscht sich kaum einer. Trotzdem fallen viele Eltern nach der Geburt des Kindes in alte Rollenmuster zurück.

"Dadurch, dass die Frau sich zum großen Teil um das Kind kümmert, allein durch das Stillen im ersten Jahr, hat sie da mehr Erfahrung. Dadurch setzt sich das Ganze fort. Man muss ganz bewusst dagegen steuern. Da es ein großes Problem für junge Paare ist, ist es auf jeden Fall eine Aufgabe für die Politik."

Martin Bujard, Forschungsdirektor am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Familiengeld, Baukindergeld und Kindergeld 2.0

Die SPD will vor allem durch das so genannte Familiengeld gegensteuern. Wenn beide Elternteile zu annähernd gleichen Teilen im Job reduzieren und zwischen 26 und 36 Stunden pro Woche arbeiten, gibt’s 300 Euro pro Monat vom Staat, Alleinerziehende bekommen die Hälfte.

"Beim Familiengeld geht es darum, dass es legitim sein muss, auch mal die Arbeitszeit zugunsten der Familie zu reduzieren. Unsere Arbeitswelt ist fest von der Vorstellung geprägt, wenn sie Vollzeit an Bord ist, das ganze Leben lang."

SPD-Vizevorsitzende Manuela Schwesig

Als Schwesig noch Bundesfamilienministerin war, scheiterte sie mit dem Familiengeld an der Union. CSU-Generalsekretär Scheuer sieht darin unnötige Bürokratie.

"Für uns ist das Grundprinzip: Am besten ist es, wenn in der Familie das Einkommen stimmt, weil alle in Arbeit sind. Oder die, die es wollen, in Arbeit sind. Deswegen sollten wir ganz vorsichtig sein noch mehr Ballast und unflexible Regeln auf die Wirtschaft hinauf zu stülpen."

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer

Menschen sollen selbst entscheiden, wie sie ihr Zusammenleben gestalten und ihren Alltag organisieren, heißt es im gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU. Die Union will das Kindergeld pro Kind um 25 Euro monatlich erhöhen und für Eigentumswohnung oder Haus ein Baukindergeld von 1.200 Euro pro Jahr einführen. Für Grundschulkinder soll es einen Rechtsanspruch auf Betreuung geben. Auch die FDP will den Familien viel Freiheit lassen und flankierend unterstützen. Das “Kindergeld 2.0“ soll den finanziellen Rahmen setzen und mehr digitale Heimarbeitsplätze die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Die AfD schlägt bei der Familienpolitik nationale Töne an: Der Erhalt des eigenen Staatsvolkes sei vorrangig, heißt es im Wahlprogramm. Und: Kinder unter drei Jahren fühlten sich bei den Eltern am wohlsten. Es müsse möglich sein, dass eine Familie von einem Gehalt leben könne.

Familienpolitik aus Sicht der Kinder

Grüne und Linke verfolgen einen ganz eigenen Ansatz: Sie denken Familienpolitik nicht von den Eltern sondern von den Kindern her. In den letzten Jahren ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland stetig gesunken, die Kinderarmut aber nicht. Grünen-Spitzenkandidatin Göring-Eckardt findet das beschämend:

"Ich finde, wenn es einen Punkt gibt, wo man nicht mehr rumdrucksen kann und nur sagen kann: ‚Wir machen was am Kindergeld‘, dann ist es die Bekämpfung der Kinderarmut. Ich will, das jedes Kind, dass in Deutschland geboren wird, erstens einen deutschen Pass hat und zweitens die gleichen Chancen wie jedes andere."

Grünen-Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt

Die Grünen wollen 12 Milliarden Euro in Familien und Kinder investieren: In flächendeckende Ganztagsschulen, einen Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung und eine eigene Grundsicherung für Kinder – unabhängig vom Einkommen der Eltern. Das fordert auch die Linke. Anders als die Grünen wollen die Linken die KiTa-Gebühren abschaffen. An der Stelle gibt es Berührungspunkte mit der SPD, die die KiTas schrittweise gebührenfrei machen will.


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