BR Fernsehen - Tatort


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Interview mit Udo Wachtveitl "Zwei einsame Wölfe, das ist ja schon nix"

Stand: 05.11.2008 | Archiv

Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl | Bild: BR/Bavaria Film / Jo Bischoff

Der Tatort greift immer wieder gesellschaftlich heiße Themen auf, wie gefällt Ihnen das persönlich?

Ja, ich finde es muss um was gehen! Nicht nur um die Frage, wer der Mörder ist, sondern darum, etwas von der Welt zu erfahren. Das ist ja die Grundvereinbarung bei jedem "Tatort", dass der Zuschauer an die Hand genommen und durch eine ihm bis dahin fremde Welt geführt wird.

Haben Sie eine Ahnung, warum die Franzosen gerne Ganovenfilme drehen, während wir Deutsche Kommissar-Filme lieben?

Die alte linksrheinische Lust am Bestreiten der Autorität? Vielleicht sind die Franzosen auf der Seite einer individuellen Moral und die Deutschen auf der Seite des Gesetzes. Vielleicht die deutsche idealistische Idee, dass Gesetz und Moral deckungsgleich sein sollten, dass also die Rechtspraxis moraldurchtränkt sein soll. Was eigentlich kein schlechtes Ideal wäre, besser als so ein schickes Flirten mit dem Regelverstoß.

Leitmayr und Batic glauben also an das Gute?

Die Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec, li.) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl)

Jedenfalls leiden wir nicht an der Erkenntnis, dass die Welt im Grund verrottet und verloren ist. Wir sind keine professionellen Pessimisten, wir versuchen tapfer, ein Mindestmaß an Ordnung zu schaffen. Und wo die Welt schlecht ist, da leisten wir tapfer Widerstand.

Wie spiegelt sich diese Haltung im Humor der Kommissare?

Unser Humor ist kein böser und zynischer. Oft versucht man sich ja durch zynischen Humor die Welt vom Hals zu halten. Und wir haben, hoffe ich, meistens einen anderen Humor - einen positiven. Es gibt so eine zynische Weltverneinung, die einfach nur eine scheiß-schicke Pose ist: Lederjacke, Pappbecher zerknüllen und "manchmal hasse ich meinen Job" murmeln. Und das ist dann die Aufforderung an den Zuschauer mich toll zu finden, weil ich leide. Ich rede jetzt nicht einer Happy-go-Lucky-Haltung das Wort. Man muss die Welt in ihrer Gesamtheit in all ihren Facetten und Strömungen begreifen.

Bayerisch ist ja zur Zeit als Dialekt geradezu en vogue. Aber im Tatort geht es mäßig zu, was die Mundart betrifft. Warum?

Es ist eine mit Einsicht geschluckte föderale Kröte, diese Zahmheit im Dialekt. Von mir aus könnt’s ruhig a bisserl mehr sein. Aber für die Leute im Norden wollen wir ja auch verständlich sein.

Die meisten Fernsehkommissare werden als einsame Wölfe beschrieben. Sie sind ja auch beide Singles. Ein Clou, damit Sie für romantische Damen zur Projektionsfläche werden?

Ach, manchmal umweht uns so ein Hauch "einsamer Wolf". Aber eigentlich stimmt das nicht ganz. Wir sind ja schon nicht einsam, weil wir zu zweit sind. Und zwei einsame Wölfe ist ja schon nix - irgendwie!


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