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Zecken Hochsaison für die lästigen Blutsauger

Jetzt im Frühsommer sind Zecken wieder überall unterwegs. Die Blutsauger können gefährliche Krankheiten übertragen. Reporterin Veronika Keller spricht mit Forschern, Ärzten und Outdoor-Expertinnen, darüber wie wir uns vor den kleinen Biestern schützen können.

Von: Florian Heinhold

Stand: 15.05.2023

Reporterin Veronika Keller begibt sich für Gesundheit! auf Zeckenjagd. Das geht ganz einfach: Mit einem weißen Leintuch über ungemähtes Gras und durch Büsche streifen und schon bleiben allerhand Spinnen und Insekten daran hängen. Schon nach zwei Versuchen hat sie eine Zecke erwischt. Denn gerade jetzt, wenn die Menschen die ersten warmen Tage genießen wollen, haben die kleinen Blutsauger Hochsaison.

Das Problem: Zecken sind nicht nur lästig, sondern sie können auch gefährliche Krankheiten wie FSME und Borreliose übertragen. Um mehr darüber zu erfahren, fährt Veronika Keller mit der gefangenen Zecke ans Nationale Referenzzentrum für Borrelien am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Oberschleißheim.

Borreliose – eine heimtückische Erkrankung

Am Landesamt für Gesundheit in Oberschleißheim trifft Veronika Keller den Zeckenexperten Dr. Volker Fingerle. Er leitet das Nationale Referenzzentrum für Borrelien und kann die gefangene Zecke auf den ersten Blick bestimmen: Es handelt sich um Ixodes ricinus, genauer um ein ausgewachsenes weibliches Exemplar. Im Volksmund wird diese Art auch als Holzbock bezeichnet. Die jungen Exemplare, die Nymphen, sind winzig klein, gelten aber als besonders gefährlich, weil man sie oft gar nicht bemerkt.

"Bei dieser Zecke handelt es sich um Ixodes ricinus. Die Nymphen gelten als Hauptüberträger der Lyme-Borreliose."

Dr. med. Volker Fingerle, Infektionsepidemiologe, Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Oberschleißheim

Die Bakterien, die Borreliose auslösen können, nennt man Borrelien. Wie viele Zecken Borrelien in sich tragen, ist von Ort zu Ort sehr unterschiedlich – in manchen Regionen ist jede dritte Zecke befallen. Borreliose ist eine ernste Krankheit. Um die Bakterien zu übertragen, muss eine Zecke viele Stunden unentdeckt am Körper festgesaugt sein.

"Die häufigste Erkrankungsform ist die Wanderröte. Da entsteht rund um den Zeckenstich herum ein roter Fleck, der nach außen wandert. Und natürlich kann es schwere Krankheitsformen geben. Da können grundsätzlich alle Gehirnstrukturen betroffen werden, also das kann richtig gefährlich werden. Es gibt - glücklicherweise sehr wenige - Fälle, wo man an einer Herzbeteiligung verstirbt."

Dr. med. Volker Fingerle, Infektionsepidemiologe, Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Oberschleißheim

Auwaldzecke

Das Zecken-Problem in Bayern könnte größer werden, weil sich durch die Erderwärmung neue Zeckenarten bei uns niederlassen und überwintern können. Von der tropischen Riesenzecke Hyalomma bis zur Auwaldzecke.

"Das sind mögliche Profiteure des Klimawandels. Man findet sie immer häufiger in Deutschland, sie scheinen sich auszubreiten."

Dr. med. Volker Fingerle, Infektionsepidemiologe, Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Oberschleißheim

Mit neuen Arten könnten auch neue Krankheiten wie das Krim-Kongo-Fieber zu uns kommen.

FSME – Virenerkrankung mit potenziell schwerem Verlauf

Neben Borreliose verursachen Zecken in Bayern vor allem die Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME.  In der Kinderarztpraxis von Philipp Schoof in München darf Reporterin Veronika Keller bei einer FSME-Impfung dabei sein. Die ist vor allem in Süddeutschland wichtig. Auf der Karte des Robert Koch Instituts ist mittlerweile fast ganz Bayern als Risikogebiet eingestuft. Und Kinderarzt Philipp Schoof weiß, dass die Krankheit gefährlich verlaufen kann.

"FSME verursacht meistens, wenn sie denn klinische Symptome macht, Erkältungssymptome. Aber leider kommt es dann immer wieder zu Fällen, bei denen sich tatsächlich die Hirnhaut beziehungsweise das Gehirn entzündet."

Philipp Schoof, Kinderarzt, München

Die Impfung bietet einen guten Schutz vor FSME. Für die Grundimmunisierung braucht man erstmal drei Impfdosen – danach sollte alle drei bis fünf Jahre aufgefrischt werden. Kinderarzt Philipp Schoof erlebt es häufig, dass Eltern denken, FSME sei vor allem eine Kinderimpfung. Dabei ist das Gegenteil richtig, gefährdet sind vor allem Erwachsene.

"Wir impfen die Kinder und die Eltern staunen dann teilweise. Weil die Wahrscheinlichkeit, dass ich als Erwachsener schwer erkranke, ist größer als beim Kind. In der Gesamtbevölkerung sind die Daten sehr schlecht in Bayern, wir haben nur 20 Prozent der Erwachsenen geimpft."

Philipp Schoof, Kinderarzt, München

Prävention und schnelles Entfernen

Erwachsene müssen also ganz besonders aufpassen. In Au in der Hallertau trifft Veronika Keller die Jägerin Ramona Fehringer. Für Jäger, Förster und alle, die sich viel in der Natur aufhalten, sind Zecken ein Dauerärgernis.

"Ich hatte fünf bis sechs Zecken, im Gegensatz zu meinem Mann, der hatte schon 20."

Ramona Fehringer, Bayerischer Jagdverband

Ramona Fehringer hat sich für den Bayerischen Jagdverband schon viel mit Zecken befasst und kennt sich bestens aus, welche Werkzeuge es gibt, um Zecken wieder loszuwerden, wenn sie sich erstmal festgesaugt haben. Im Grunde ist es ganz egal, ob man auf Zeckenhebel, Zeckenkarten, oder eine klassische Pinzette setzt. Wichtig ist, dass die Parasiten mit einem Ruck komplett entfernt werden. Und dass man eine Zecke so schnell wie möglich nach dem Stich entfernt.

Zeckenzange

Am besten schützt man sich bei Ausflügen in die Natur durch lange Kleidung, was im Sommer allerdings oft unbequem ist. Helle Kleidung hilft zwar nicht, die Zecken fernzuhalten, sorgt aber dafür, dass man sie rechtzeitig erkennt, bevor sie zustechen. Für Haustierbesitzer gilt das gleiche wie für Jägerin Ramona und ihren Jagdhund Doro – nach jedem Ausflug gründlich absuchen. Denn Haustiere werden nicht nur selbst gestochen, sie bringen die Zecken auch in Haus und Wohnung.

Wer also gut aufpasst und sich impfen lässt, kann die ersten warmen Tage mit einem guten Gefühl und ohne Angst vor Zecken genießen.


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