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Woran liegt das? Immer mehr Netzhautablösungen

Wenn sich die Netzhaut von der sie versorgenden Aderhaut löst, kann sie nicht mehr ernährt werden. Wird eine abgelöste Netzhaut nicht zeitnah wieder befestigt, erblindet das betroffene Auge.

Von: Antje Maly-Samiralow

Stand: 11.09.2023

Netzhautablösungen nehmen zu. Laut einer Studie der Universitäten Regensburg und Ulm sogar deutlich.

"Wir hatten im klinischen Alltag den Eindruck, dass Netzhautablösungen immer häufiger werden und haben daraufhin unsere Daten einmal analysiert und haben tatsächlich festgestellt, dass wir wesentlich mehr Netzhautablösungen operieren als vor 20 Jahren. Es zeigte sich in beiden Universitätskliniken ein erheblicher Anstieg zwischen 2005 und 2022 von 12 auf 51 Fälle pro Monat in Regensburg und von 16 auf 75 Fälle pro Monat in Ulm. Auch das statistische Bundesamt zeigt, dass wir vor 20 Jahren 10.000 Fälle in ganz Deutschland operiert haben, inzwischen sind es 25.000 Netzhautablösungen."

Prof. Dr. med. Horst Helbig, Facharzt für Augenheilkunde, Direktor der Klinik und Polyklinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Regensburg

Welche Ursachen für Netzhautablösungen gibt es?

Ab einer Kurzsichtigkeit von -3 Dioptrien aufwärts steigt das Risiko für eine Netzhautablösung erheblich.

Eine Zunahme von Netzhautablösungen wird auch aus anderen europäischen Ländern sowie aus den USA und Australien gemeldet. Als wesentliche Ursachen gelten eine stark ausgeprägte Kurzsichtigkeit. Ab einer Kurzsichtigkeit von -3 Dioptrien aufwärts steigt das Risiko für eine Netzhautablösung erheblich, etwa um das Zehnfache. Zudem tragen Männer ein höheres Risiko, eine Ablatio zu erleiden.
Als deutlicher Risikofaktor gelten zudem Operationen am Grauen Star. Wobei der Zeitpunkt, mithin das Alter, in dem sich Patienten einer Katarakt-OP unterziehen, eine große Rolle spielen. Je früher der Graue Star operiert wird, desto größer ist das Risiko für eine nachgelagerte Netzhautablösung, die erst Jahre nach der Katarakt-OP auftreten kann. Diese zeitliche Verschiebung bringt es mit sich, dass eine Kausalität zwischen Operation des Grauen Stars und einer Netzhautablösung vielfach nicht erkannt oder ins Kalkül gezogen wird.

Altersbezogenes Risiko für eine Ablatio nach Katarakt-OP

"Die Zunahme an Netzhautablösungen nach einer Katarakt-Operation sehen wir eher in den Altersgruppen der 40-54jähringen bzw. 55-64jähringen. Etwa mit 75 Jahren flacht das Risiko wieder ab. In Relation zur Altersgruppe der über 75jährigen ist das Risiko bei der Altersgruppe der 40-54jährigen etwa um das sechsfache erhöht, in der Gruppe der 55-64jährigen um das vierfache und in der Gruppe der 65-74jährigen Menschen nur noch um das zweifache."

Prof. Dr. med. Horst Helbig, Facharzt für Augenheilkunde, Direktor der Klinik und Polyklinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Regensburg

Ein Grund für das deutlich erhöhte Risiko für Netzhautablösungen in diesen jungen Altersgruppen besteht offenkundig in der Zunahme von Katarakt-OPs, die nicht medizinisch indiziert sind.

"Die Operation des Grauen Stars ist ja so ziemlich das Dankbarste, was man in der Medizin tun kann. Wenn eine trübe Linse entfernt wird, und eine klare Linse eingesetzt wird, und der Patient am nächsten Tag nach einer viertelstündigen OP wieder gut sieht. Was wir in letzter Zeit aber beobachten, ist, dass nicht nur trübe Linsen operiert werden, sondern auch klare Linsen, um die Brille auszugleichen. Und das geht natürlich in Richtung Lifestyle-Operation, hat aber die gleichen Risiken wie eine Graue-Star-Operation. Das sind insbesondere junge Menschen mit Kurzsichtigkeit, und die haben dann das Risiko, eine Netzhautablösung zu bekommen."

Prof. Dr. med. Horst Helbig, Facharzt für Augenheilkunde, Direktor der Klinik und Polyklinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Regensburg

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