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Weichteiltumore Grützbeutel, Atherome, Lipome: Wann sollten die gutartigen Zysten entfernt werden?

Im Normalfall sind sie harmlos und solange sie klein sind, fallen die Knoten kaum auf: Atherome werden auch Talgzysten genannt und entstehen meist am Kopf, Lipome dagegen können am ganzen Körper auftreten, es handelt sich um eine Ansammlung von Fettzellen. Wachsen die Weichteiltumore, dann werden sie zum kosmetischen Problem. Je nach Größe können sie auch Beschwerden auslösen, etwa Blutungen oder Nervenschmerzen. Wie unterscheiden sich die Geschwulste von bösartigen Tumoren und wann sollten sie entfernt werden?

Von: Isabel Hertweck-Stücken

Stand: 25.09.2023

Plötzlich auftretende (auch nicht schmerzhafte) Schwellungen sollten vom Hautarzt untersucht werden – auch wenn sich meist nur gutartige Geschwulste dahinter verbergen.

Boris B. hat die kleine „Beule“ am Kopf schon seit Jahren beobachtet, doch da sie nur linsengroß ist, hat sie ihn nicht besonders gestört. Zuletzt hat sie aber merklich an Größe zugelegt, darum stellt er sich beim Dermatologen vor. Der diagnostiziert schnell eine der häufigsten Befunde in der Hautarztpraxis: einen sogenannten „Grützbeutel“ – auch als „Atherom“ oder „Trichilemmalzyste“ bezeichnet.

"Durch die Lokalisation an der Kopfhaut, durch die Form, rund prall elastisch, gar nicht so weich, gute Verschieblichkeit, wars eigentlich klar, dass es typische sogenannte Trichilemmalzyste ist, also eine Zyste, die dort auftritt, wo viele Haare und auch die Talgdrüseneinheiten sind."

Prof. Dr. med. Frank-Michael Köhn, Dermatologe, München

Bis zu 20 Prozent aller Menschen sind irgendwann im Leben davon betroffen: Fachleute differenzieren noch zwischen Trichilemmalzysten und Epidermalzysten bei denen manchmal ein kleiner schwarzer Punkt, wie bei einem Mitesser, zu sehen ist. Gemeinsam ist allen Unterarten, dass sie von selbst nicht verschwinden.

Ursache und Entstehung

Ein Atherom bildet sich in der Dermis, der Hautschicht, in der die Haarwurzeln lokalisiert sind. Ein Epithel, ein dünnes Häutchen, sondert Talg und haarähnliche Hornschuppen ab, dadurch entsteht eine kleine Zyste. Dieses Häutchen, der „Zystensack“ muss komplett entfernt werden, wenn man das Atherom dauerhaft loswerden will. Das erfordert einen kleinen ambulanten Eingriff in der Hautarztpraxis. Aber nicht jedes Atherom muss zwingend entfernt werden.

"Die müssen nur dann operiert werden, wenn sie eine Dynamik aufweisen, d.h. sie werden größer, wie es bei unserem Patienten war oder wenn sie immer wieder zu Entzündungen neigen."

Prof. Dr. med. Frank-Michael Köhn, Dermatologe, München

Boris B. hat sich für eine Entfernung des Atheroms entschieden. Dabei wird unter örtlicher Betäubung eine Öffnung in die Oberhaut gestanzt, und der Grützbeutel entfernt.

Schwierig wird die Operation dann, wenn der Zystensacks mit dem umgebenden Gewebe verklebt ist. Das passiert z. B. durch Entzündungen, die sich nach „Herumumdrücken“ an der Zyste bilden können oder wenn durch andere Ursachen der Inhalt des Grützbeutels mit dem umgebenden Gewebe in Kontakt kommt und dadurch Entzündungen verursacht.

"Das macht uns das Leben schwer, dann kann man sie auf keinen Fall so einfach entfernen, wie es uns bei dem Patienten gelungen ist, dann muss man wirklich einzelne Teile dieser Zystenwand immer wieder freipräparieren, bis man wirklich alles erwischt hat, damit die Zyste nicht wiederkommen kann."

Prof. Dr. med. Frank-Michael Köhn, Dermatologe, München

Lipome: (meist) gutartige Fettgeschwulste

Auch bei Raphael D. zeigen sich plötzlich seltsame „Beulen“ – bei ihm treten sie allerdings am ganzen Körper auf: Das findet der ehemalige Triathlet beunruhigend.

"Tatsächlich habe ich bei dem ersten Lipom einen Chirurgen konsultiert. Da war dann schnell klar: Wenn es verschieblich ist und nicht wächst und nicht wehtut, ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Lipom."

Raphael D., Patient

Entstehung von Lipomen

Lipome sind entartete Fettzellen, die sich im Unterhautfettgewebe stark ausbreiten können. Optisch sind sie eine Beeinträchtigung, wenn sie z. B. im Gesicht und Halsbereich auftreten, sie können aber auch in anderer Hinsicht Probleme machen.

"Sie können auch z. B. auf Nerven drücken und dann Sensibilitätsstörungen verursachen. Also es gibt eine ganze Reihe von Gründen, die eine Operation sinnvoll und medizinisch angezeigt machen."

Prof. Dr. med. Riccardo Giunta, Direktor Abt. für Handchirurgie, Plastische Chirurgie, Ästhetische Chirurgie, Klinikum LMU München

Lipome können unter der Haut, aber auch tiefer, nämlich im Muskel sitzen. Je nach Lokalisation und Größe des Lipoms empfiehlt Prof. Giunta einen Spezialisten für komplexere anatomische Strukturen und ästhetische Gewebsrekonstruktion aufzusuchen.

Operative Entfernung von Lipomen

Bei einem ambulanten Eingriff wird bei Raphael D. ein kleines Lipom am Brustkorb entfernt: Das Fettgewebe, das von einem feinen Häutchen umschlossen ist, wird herausdrückt, bindegewebliche Verklebungen vorsichtig gelöst. Das Präparat wird später feingeweblich untersucht, um auszuschließen, dass es sich um einen seltenen bösartigen Tumor, ein sogenanntes Liposarkom handelt.

"Die Alternative die Fettabsaugung, die immer wieder ins Gespräch kommt, eignet sich dann, wenn man sicher ist, dass es ein gutartiger Tumor ist", erklärt Prof. Giunta. Vorteil der Fettabsaugung sind die vergleichsweise kleinen Narben, die in der Haut entstehen. Nachteil der Fettabsaugung: die feingewebliche Untersuchung ist nicht mehr möglich.

Das Lipom von Raphael D. ist zum Glück gutartig. Wenn Lipome gehäuft auftreten, ist das meist der Fall. Auch Lipome müssen nicht zwangsläufig entfernt werden – unauffällige Lipome, die nicht wachsen, und den Patienten funktionell oder ästhetisch nicht stören, müssen nicht operiert werden.

Erfolgreiche Atherom-Entfernung und mögliche Rezidive

Vier Monate später ist bei Boris B. von dem kleinen Eingriff zur Atheromentfernung nichts mehr zu sehen und zu spüren. Die Narbe ist verheilt, die Haare sind wieder gewachsen.

Wenn nach kurzer Zeit an gleicher Stelle wieder ein Atherom auftritt, kann das verschiedene Gründe haben. Z. B. kann sich aus einem kleinen Rest des Zystensacks ein neues Atherom entwickeln oder ein kleines Atherom, das dem ursprünglichen benachbart war, wächst zu einem größeren Atherom heran. Es kann durchaus sein, dass sich beim betroffenen Patienten an anderer Stelle wieder ein Atherom entwickelt, denn manche Menschen haben eine gewisse erbliche Veranlagung dazu. Auch bei Lipomen gibt es Hinweise auf eine erbliche Komponente.

In den sehr selten auftretenden Fällen, wenn die Hautgeschwulste sich diffus ausbreiten, spricht man von einer Lipomatose.

Wenn Atherome oder Lipome aus rein ästhetischen Gründen entfernt werden sollen, müssen Patienten den Eingriff selbst bezahlen. Wenn eine medizinische Notwendigkeit zur Entfernung vorliegt, übernimmt die Krankenkasse die Kosten.


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