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Arzt gesucht! Wie lässt sich der Landärztemangel beheben?

In Langenbach im Landkreis Freising macht man sich seit Wochen große Sorgen. Denn: der einzige Hausarzt im Ort hört auf, ein Nachfolger ist noch nicht gefunden und allgemein herrscht Landarztmangel.

Von: Florian Heinhold

Stand: 04.04.2023

Ein Schild mit der Aufschrift «Arzt» hängt an einer Straßenlaterne. | Bild: dpa-Bildfunk/Tom Weller

Der Job als Landarzt bedeutet viel Arbeit, wenig Freizeit und hohes unternehmerisches Risiko. Für viele junge Mediziner stimmt da die Work-Life-Balance nicht mehr. Das hat auch Langenbachs Bürgermeisterin Susanne Hoyer lernen müssen.

"Eine junge Ärztin, die eine Familie gründen will, kann nicht Vollzeit eine Hausarztpraxis führen mit den ganzen Regularien, die dahinter stehen. Dann aber auch noch zu investieren in eine Praxis, eine Ablöse zu bezahlen - das geht nicht mehr."

Susanne Hoyer, Bürgermeisterin, Langenbach

Doch für die Bürgermeisterin ist klar: Jammern hilft nicht. Stattdessen hat sie eine großangelegte Werbekampagne für Langenbachs Suche nach einem neuen Landarzt gestartet. Das Motto: 'Der Bachdoktor'. Falls der zukünftige 'Bachdoktor' nicht in die alte Praxis ziehen, sondern lieber neu bauen möchte, stünde für ihn sogar ein extra Baugrund bereit. 

"Dann habe ich gesagt: Irgendwas muss ich mir überlegen, das geht so nicht, wir müssen hier die Werbetrommel rühren. Wir müssen uns zeigen, wie wir sind, wir müssen sagen: Bei uns ist es schön, bei uns kann man gut leben, bei uns kann man gut arbeiten."

Susanne Hoyer, Bürgermeisterin, Langenbach

Beispiel Bachhagel: Werbekampagnen können zum Erfolg führen

Es gibt durchaus Hoffnung, dass so eine Kampagne wirklich funktionieren kann. In Bachhagel in Schwaben, hatte man vor kurzem genau das gleiche Problem. Weil ein Hausarzt gestorben war und kein Nachfolger gefunden werden konnte, gab es jeden Tag lange Schlangen vor der einzig verbliebenen Arztpraxis. Die Verzweiflung im Ort war groß.  Bis die Gemeinde auch hier eine große Landarzt-Kampagne startete.

Zwei Jahre später, kann Bürgermeister Ingo Hellstern vom Erfolg berichten. Auch die damals überlaufene Hausarztpraxis ist wieder im Normalbetrieb, seit ein neuer Kollege im Ort ist. Wobei Hausarzt Dr. Herman Keis auch warnt: die nächste Krise in der Region ist bereits vorprogrammiert.

"Das Problem an sich ist natürlich in keinster Weise geregelt. Es funktioniert nur, weil nämlich viele Ärzte um die 70 oder sogar 75 noch arbeiten. Und wenn diese Kollegen morgen in Ruhestand gehen würden, dann wäre bereits morgen ein Notstand."

Dr. med. Hermann Keis, Allgemeinarzt, Bachhagel

KVB fordert weniger Bürokratie und mehr Studienplätze

In Mitteleschenbach bei Ansbach treffen wir den Landarzt Hans-Erich Singer von der Kassenärztlichen Vereinigung. Die KVB erstellt den Versorgungsatlas aus dem Engpässe in der medizinischen Versorgung nach Planungsgebieten aufgeschlüsselt ersichtlich sind. Das Problem: Fast 36% der bayerischen Hausärzte sind über 60. In 27 Planungsgebieten besteht oder droht eine Unterversorgung.

"Die Lücke ist da, sie ist nur noch nicht ganz eingetreten, denn der Nachwuchs, der uns übernehmen sollte, der fehlt einfach. Ich vergleiche das mit der Gletscherschmelze. Ein Jahr bevor die Gletscher weg sind, ist die Hälfte noch da. Und ein Jahr später sind sie weg."

Dr. med. Hans-Erich Singer, KVB-Vorstandsbeauftragter Mittelfranken, Mitteleschenbach

Die KVB sagt: Es braucht vor allem deutlich mehr Medizinstudienplätze, und deutlich weniger Bürokratie.

"Man sollte uns die Arbeit nicht schwer machen und denen, die noch da sind, nicht noch mehr Steine vor die Füße werfen. Viele hören vorher auf, der Durchschnitt liegt bei 62, weil die sagen: Ich habe die Nase voll. Es wird immer mehr Zeit auf Bürokratie verschwendet und das kann nicht sein."

Dr. med. Hans-Erich Singer, KVB-Vorstandsbeauftragter Mittelfranken, Mitteleschenbach

Maßnahmen gegen den Landarztmangel

Tatsächlich hat die Politik schon einiges unternommen, um Versorgungsengpässen auf dem Lan entgegenzusteuern. Zum Beispiel gibt es die Landarztprämie, mit der neue Ärzte in strukturschwachen Regionen mit bis zu 60.000 Euro bei der Niederlassung unterstützt werden. An den Universitäten gibt es jetzt die Landarztquote. Junge Menschen bekommen auch mit einem durchschnittlichen Abitur die Chance, Medizin zu studieren, wenn sie sich verpflichten, nach dem Studium Landärzte zu werden.  Bis diese Maßnahme greift, werden aber noch Jahre vergehen. In der Zwischenzeit müssen Gemeinden um Ärzte konkurrieren – die Bachdoktor-Kampagne in Langenbach hat mittlerweile übrigens mehrere Bewerber angezogen.

"Ich möchte den Tag nicht vor dem Abend loben. Aber es gibt sie noch, die Medizinerinnen, die auch sich vorstellen können, als Hausarzt zu arbeiten, auch auf dem Land."

Susanne Hoyer, Bürgermeisterin, Langenbach

Gesundheit drückt die Daumen, dass die Langenbacher bald ihren Bachdoktor finden.


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