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Spanien Karawane der einsamen Herzen

Busfahrt ins Glück: Die Partneraktion "caravana de mujeres", die Karawane der Frauen, bringt in Spanien Frauen aus der Stadt mit Männern vom Land zusammen. Und weckt damit heftigen Protest.

Von: Carolina Machhaus

Stand: 10.01.2016 | Archiv

Die Frauen im Bus | Bild: BR

Auf diesen Tag hat sie sich schon lange gefreut: Yuli Bohorquez lebt seit mehr als 15 Jahren alleine in Madrid und heute will sie das ändern. Mit diesem Bus fährt die 45-Jährige in die spanische Provinz, denn dort will sie den Mann fürs Leben finden.

"Das wichtigste ist, dass wir eine gute Zeit haben und dass wir dort sehr nette Menschen treffen."

Yuli Bohorquez

"Karawane der Frauen" heißt die Reise eines Veranstalters. Auf der Suche nach dem Lebenspartner bringt er alleinstehende Frauen aus Madrid regelmäßig in die Provinz. Dort, so die Reiseleitung, gäbe es nämlich einen Überschuss an heiratswilligen Männern.

"Hände hoch, wer einen Ehemann sucht! Schaut, sie suchen alle Männer und einen Mann mit gutem finanziellen Feingefühl."

Miriam

Auch dieses Mal ist der Bus komplett ausgebucht. Rund 60 Frauen fahren heute mit. Sie zählen zu den mehr als eine Million Singlefrauen im Land. Viele von ihnen sind Witwen.

"Ich glaube, wir schließen uns ein und wir gehen nicht aus, um uns zu unterhalten."

Yuli Bohorquez

"Wir bleiben immer drinnen."

Eine andere Frau

"Ganz genau, wir warten darauf, dass die Liebe an unsere Tür klopft."

Yuli Bohorquez

Nach drei Stunden Busfahrt nähert sich die Karawane der Frauen ihrem Ziel: Mérida, eine hübsche historische Stadt. Doch das Ziel der Karawane ist ein Hotel fünf Kilometer außerhalb. Die Ankunft ist ernüchternd, denn nur wenige Junggesellen sind gekommen. Das liegt offenbar am Wetter, aber auch an den Kosten: 50 Euro für die Teilnahme an diesem Singleevent zahlen die Männer, mehr als doppelt so viel wie die Frauen. Einige suchen ihr Glück heute trotzdem.

"Ja, ja klar, wir sind nervös. Aber wir haben auch großen Hunger. Wir hätten eigentlich um 13 Uhr essen sollen. Jetzt ist es schon 15 Uhr."

Ein Mann

"Ich hoffe die Frauen kommen mit freundschaftlichen Absichten."

Ein anderer Mann

Die Männer sind aus den umliegenden Dörfern; die meisten sind Bauern oder Handwerker, viele ihr ganzes Leben Junggesellen. Einer von ihnen ist der Julio. Vor zwei Jahren war er schon einmal hier. Damals hat er Lupita kennengelernt, die Freundin von Yuli. Gemeinsam machen sich die drei auf einen Spaziergang durch Mérida.

"Ich spüre ein bisschen Neid. Ich weiß auch nicht warum. Es sieht einfach wie Liebe aus und klar, wenn mir so etwas passieren würde, wäre ich natürlich auch sehr froh. Aber gut, es geht eben langsam."

Yuli Bohorquez

Zurück im Hotel: Die meisten der Frauen hier sind über 40 und waren schon mal verheiratet. Einen Mann zu finden, erzählen sie, der bereit sei, mit einer reifen und selbstständigen Frau zu leben, sei nahezu unmöglich.

"Ich habe mich zunächst um meine Kinder gekümmert. Ich hab sie aufgezogen, habe hart gearbeitet und mich dabei selbst vergessen."

Yuli Bohorquez

Dann wird es Zeit für den ersten Tanz. Mittlerweile sind noch mehr Männer aus den umliegenden Dörfern gekommen – das abendliche Massendate beginnt. Feministinnen kritisieren an diesen Treffen, dass die Frauen hier als Ware gehandelt werden. Doch das halten die Frauen hier für Unsinn.
Yuli konzentriert sich unterdessen auf das Wesentliche, und das ist dieser Mann. Er heißt Juan und ist ein Polizist im Ruhestand. Und er ist schnell Feuer und Flamme.

"Ich bin bereit, es mit ihr zu wagen."

Juan

"Ich weiß noch nicht, man muss noch abwarten. Wir haben uns ja gerade erst kennengelernt oder haben gerade erst angefangen uns kennenzulernen. Die Zeit, die Tage, die Wochen, die Monate werden es entscheiden und man muss dann eben sehen."

Yuli Bohorquez

Nach Stunden des romantischen Tête-à-Têtes verabschiedet sich ihr Verehrer. Yuli bleibt wieder alleine zurück, doch trotzdem scheint sie nicht traurig zu sein. Denn eines, sagt sie, habe ihr die Karawane der Frauen gezeigt: begehrt sei sie noch immer.


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