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Großbritannien Balance-Kunstwerke

Fingerspitzengefühl bei Windstärke Vier – Adrian Gray sucht den Schwerpunkt.

Von: Larissa Scheeler

Stand: 19.04.2015 | Archiv

Ein Mann mit einer Steinfigur | Bild: BR

"Besser geht's nicht. Es wird nicht lange halten."

Adrian Gray

Adrian Gray ist am Monmouth Beach unterwegs, seinem Freiluftatelier. Hier legt das Meer frei, was er für seine Kunst braucht: Kalksandsteine in allen Formen, möglichst hart, mit rauen Ecken und Kanten. Steine zu balancieren war anfangs nur ein Zeitvertreib am Strand. Dann packte ihn der Ehrgeiz:

"Das sind schwere, große Steine, die auf diesem einen, winzigen Punkt balancieren sollen. Ich möchte die Illusion erzeugen, dass die Skulptur die Gesetze der Physik bricht. Was gut funktioniert, ist eine Seitenbalance auf einer Schräge. Man denkt sofort: Das ist eine Illusion – das geht nicht. Vielleicht ist dieser Stein hart genug, dass er einen zweiten trägt, so dass die Reibung ihn hält. Es ist ein Experiment."

Adrian Gray

Adrian Gray

Sein Zuhause ist etwas abseits des Strands, am Kliff – ohne Strom und Gas; eine bewusste Entscheidung: Adrian leidet unter Elektrosmog und musste nach 12 Jahren seinen Job als Expeditionsführer an den Nagel hängen. Statt auf Achse in Asien, Afrika oder Nordamerika: Leben im Funkloch:

"Es ist ein bisschen wie Camping, aber ich habe schon einen gewissen Komfort: Ich habe einen Holzofen, mit dem ich heize und koche. Ich vermisse den Computer, für Recherchen zum Beispiel, aber das machen Freunde für mich. Man kann sich dran gewöhnen - und für mich ist es einfach ein Gewinn, auf diese Art zu leben. Ich vermisse den ganzen Krempel der modernen Welt weniger, als ich dachte."

Adrian Gray

Adrian versucht, vom Steinbalancieren zu leben. Er verkauft Fotos seiner Skulpturen über seine Website, die ein Freund für ihn betreibt. Im Sommer kann man ihn fast jeden Tag am Strand beobachten: Dann sucht er auch das Gespräch mit seinen Zuschauer, die dann oft Poster und Karten bei ihm kaufen.

"Es ist das Einfache – zwei Steine. Es fesselt die Fantasie, denn es scheint einfach nicht richtig zu sein. Viele Leute gucken mir stundenlang zu. Sie finden es beruhigend. Es gibt ihnen ein gutes Gefühl."

Adrian Gray

Adrian nimmt sich sehr viel Zeit für seine Installationen und Fotos. Steinebalancieren ist kein Job von Neun bis Fünf.

"Wenn ich eine besonders schwierige Balance bauen will, dann dauerte das. Je unmöglicher, umso größer ist das Staunen. Das kann Tage dauern."

Adrian Gray

Steinebalancieren ist harte Arbeit: Adrian sagt, dass es nur mit ganz ruhigen Körper gelingt, die bis zu 20 Kilo schweren Steine zu balancieren. Wie der Stein taumelt und schwingt, bis der Schwerpunkt gefunden ist, lässt sich erspüren.

"Theoretisch soll das nicht umfallen!"

Adrian Gray

"Man konzentriert sich hundertprozentig. Das ist sehr meditativ. Früher habe ich dann nicht geschafft zu meditieren. Steinebalancieren versetzt mich ganz selbstverständlich in diesen Zustand: die Gedanken hören einfach auf zu kreisen. Ich würde liebend gern sagen: Es hat mein Leben ausbalanciert, aber das hat es nicht. Es hat mich in vieler Hinsicht verändert, mich so intensiv damit zu beschäftigen."

Adrian Gray


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