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TV Ungarn Caféhaus beschäftigt Menschen mit Handicap

Seit über einem Jahr gibt es in Budapest das erste Kaffeehaus, das Menschen mit Behinderung gründeten. Das Kaffeehaus bietet Arbeit für die, die sonst nur schwer eine Stelle finden, und schafft gleichzeitig die Möglichkeit des Kontakts zwischen Menschen mit Behinderung und der übrigen Gesellschaft.

Von: Mónika Kiss

Stand: 29.01.2017 | Archiv

Caféeingang | Bild: BR

Róbert Radvánszky

Seit einem Jahr arbeitet der Budapester Róbert Radvánszky hier. Es ist der erste Arbeitsplatz in seinem Leben. An jedem Wochentag ist er – in wechselnder Schicht – als Kellner im "Café Ich will nicht aufgeben" beschäftigt. Kaum angekommen begibt er sich hinter die Theke. Die Gäste geben ihre Bestellung auf, dann bringt er das Gewünschte zum Tisch. Robi ist mental beeinträchtigt.

"Ich arbeite seit Januar hier im Café. Ich arbeite gerne hier und ich bin Kellner. Ich bringe den Gästen Kaffee, kalte Getränke, Tee, Mehlspeisen oder Sandwiches."

Róbert Radvánszky

Drei Viertel der Mitarbeiter des Cafés haben ein Handicap. Für die Arbeit in der Küche oder an der Theke und für das Servieren gab es sehr viele Anmeldungen.

"Sie haben meinen Lehrer angerufen und gefragt, ob es jemanden gibt, der arbeiten könnte und geschickt ist. Da sind sehr viele von uns hingegangen, und sie haben geschaut, ob wir das Tablett balancieren können, und uns gefragt, was wir lieber mögen, Küche oder Servieren. Ich habe gesagt, servieren, weil das leichter ist."

Mónika Demeter

Die 30-jährige Évi ist Autistin und die geschickteste Kaffeeköchin. Soeben hat sie im derzeitigen Großbetrieb 23 verschiedene Getränke ausgegeben.

"Ich habe mich für die Küche gemeldet und irgendwie kam ich dann an die Theke. Ich mache gerne Kaffee, das finde ich viel interessanter."

Évi

Szabolcs Papp

Gegründet wurde das "Café Ich will nicht aufgeben", um jungen Menschen mit verminderter Leistungsfähigkeit Arbeitsplätze zu schaffen. Szabolcs Papp, einer der Erfinder, ist selber behindert, bringt es auf den Punkt: Hier wird nicht gezeigt, wie schwer es Behinderte haben, sondern wie wertvoll sie sind.

"Wir haben Kollegen mit mentaler Beeinträchtigung, Gehörgeschädigte, Autisten, solche mit körperlichen Einschränkungen und Sehschwächen. Für manche ist das der erste Arbeitsplatz und sie sind froh, weil sie sich entfalten können. Andere haben schon irgendwo gearbeitet, aber sie fühlen sich hier wohl, weil sie das Gefühl haben, Teil dieses Kaffeehauses zu sein."

Szabolcs Papp, Sprecher der Stiftung 'Ich will nicht aufgeben'

Vielen Gästen geht es ebenso. Erika ist Stammgast – von der ersten Stunde an:

"Ich habe lange gar nicht gewusst, wer welche Behinderung hat, weil ich gar nicht darauf geachtet habe, sondern darauf, dass sie immer sagen: 'Auf dein Wohl!', wie Robi oder Mónika. An eine Behinderung habe ich gar nicht gedacht."

Erika

"Viele unserer Stammgäste kommen, weil sie spüren, dass es hier etwas Zusätzliches gibt. Sie wissen, dass die Mitarbeiter Behinderte sind, aber sie sehen sie nicht als solche, sondern als vollwertige Menschen."

Szabolcs Papp, Sprecher der Stiftung 'Ich will nicht aufgeben'

Neben der Möglichkeit der alternativen Beschäftigung für diese Mitarbeiter bietet das Café auch Raum für Gemeinschaft und Kulturprogramme. Sándor Köleskei organisiert solche Veranstaltungen. Da kann es schon vorkommen, dass ein Gast gar nicht ahnt, wer hier arbeitet.

"Ein Bekannter von mir war ganz verwundert, dass hier jemand mit Down-Syndrom arbeitet, und Autisten und dass diese Menschen immer fröhlich sind und lächeln. Die Gäste sind oft überrascht, weil sie hier so empfangen werden, wie sie es sich von jedem gastronomischen Betrieb wünschen würden."

Sándor Köleskei

Das Café ist selbstverständlich barrierefrei. Niemand findet hier Barrieren, die ihn daran hindern, in das Leben von Menschen mit Beeinträchtigungen einzutreten. Und die, die hier arbeiten, sind sich einig: Sie wollen kein Mitleid, sondern ein Miteinander, denn wie man sieht, wollen sie arbeiten und sie können es auch.


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Jürgen Staiger, Sonntag, 29.Januar 2017, 17:20 Uhr

1. Caféhaus beschäftigt Menschen mit Handicap

Hallo
Zufälligerweise habe ich die Sendung zu obigem Thema gesehen. Ich wollte nur mal darauf hinweisen, dass es sowas bei uns schon länger gibt.

In 72336 Balingen im Kaffeewerk genießBAR (https://www.kaffeewerk-zollernalb.de/) und in der Rösterei in Albstadt arbeiten ebenfalls Menschen mit Handicap und Behinderung.

Diese Einrichtung gibt es schon länger wie obig beschriebenes und wäre m. E. ebenfalls einen Bericht wert.

Freundliche Grüsse

Jürgen Staiger