Pro und Contra Tiere im Zoo: Artenschutz oder Tierquälerei?

Löwen und Elefanten in Deutschland sehen? Das geht nur im Zoo. Was für Zoodirektor Dag Encke ein Beitrag zum Artenschutz ist, sieht Peter Höffken von PETA als Gefängnis. Ein Pro und Contra.

Stand: 16.01.2020

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Pro von Dag Encke, Direktor im Nürnberger Tiergarten

Dag Encke, Direkter im Tiergarten Nürnberg. Bild: picture-alliance/dpa

"Zoos leisten einen erheblichen Beitrag zum Artenschutz – und der wird leider immer notwendiger. Naturschutzorganisationen kümmern sich nicht mehr um einzelne Tierarten, sondern um ökologische Hotspots, an denen es noch die höchste Artenvielfalt gibt. Zoos sind die letzten Organisationen, die eingreifen, wenn zum Beispiel eine kleine graue Papageienart auszusterben droht – die außerhalb dieser Hotspots vorkommt. Es gibt immer mehr Fälle, in denen man Arten nur vor dem Aussterben schützen kann, indem man sie in Gehegen einzäunt.

Natürlich können wir nicht alle Tiere auswildern. Eisbären zum Beispiel sind ja nicht bedroht, weil sie gejagt werden, sondern weil sie verhungern. Da brauchen wir nicht über eine Auswilderung zu diskutieren, die würde nichts bringen. Und dafür zu sorgen, dass es den Tieren im Zoo gut geht, das ist unser zoologisches Handwerk. Es gibt keine andere Form der Tierhaltung, bei der in jedes einzelne Tier so viel Grips und Geld investiert wird.

Ein weiterer Grund, warum es richtig ist, Tiere in Zoos zu halten ist die Bildungsarbeit. Es gibt nirgendwo sonst Einrichtungen, die so geballt und gezielt so viele Menschen an Umwelt- und Artenschutzthemen heranführen wie Zoos. Allein im Tiergarten Nürnberg sind das pro Jahr knapp 20.000 Menschen – neben den eine Million Besuchern. Umweltbildung ist die Grundvoraussetzung dafür, dass irgendein Artenschutzprojekt oder Umweltprojekt auf der Welt gelingt.

Natürlich kommen die Menschen in erster Linie, um einen schönen Tag zu verbringen, aber damit wir den Menschen Bildung vermitteln können, müssen Sie einen Ort schaffen, an dem sie sich gerne aufhalten. Im Zoo sehen die Menschen eben ein viel realistischeres Bild von den Tieren als in einem Film, weil es Verhalten in Echtzeit vermittelt und nicht Verhaltensspitzen im Zeitraffer wie in Tierdokus."

Contra von Peter Höffken, Senior Fachreferent Tiere in der Unterhaltungsbranche bei PETA

Peter Höffken von PETA Deutschland. Bild: PETA Deutschland

"Für uns sind Zoos nichts anderes als Gefängnisse. Es gibt keinen anderen Ort in Deutschland, wo Lebewesen eingesperrt sind, ohne etwas verbrochen zu haben. Es gibt eine ganze Reihe von Tieren, an deren Verhalten man sieht, dass sie leiden: der Menschenaffe, der den ganzen Tag auf einem Fleck sitzt, der Pelikan, der nicht fliegen kann, weil ihm die Flügel gestutzt wurden, der Eisbär, der im Kreis läuft und der Elefant, der diese typische Wippbewegung mit dem Kopf macht. Das begeistert Kinder nicht für den Artenschutz, sondern vermittelt ihnen ein völlig falsches Bild.

Die Wildtiere leiden nicht nur unter zu kleinen Gehegen, sondern auch unter den fehlenden natürlichen Reizen, also Beutetiere, die sie jagen können oder Landschaft, die sich verändert. Die meisten dieser Tiere sind außerdem gar nicht vom Aussterben bedroht. Sie werden eingesperrt, weil sie charismatisch sind und die Besucher unterhalten.

Bedrohte Tiere wie Eisbären oder Menschenaffen, die im Zoo geboren wurden, können außerdem gar nicht ausgewildert werden. Die Tiere, für die das Argument des Artenschutzes wirklich gelten würde, sind letztlich nur eine Handvoll. Die anderen werden ausgestellt, um die Sensationslust der Menschen zu befriedigen."

So viele Zoos gibt es in Deutschland

In Deutschland sind etwa 200 Zoos, Wild- und Tierparks im Verband der Zoologischen Gärten organisiert. Laut dem Verband gibt es außerdem etwa "500 öffentlich zugängliche Wildtierhaltungen, wie Kleinzoos, Tiergehege, Vogelparks, Volieren, Reptilienzoos, Schauaquarien" - von denen etwa 400 nach den Richtlinien der EU als Zoos gelten. Für die Haltung der Tiere gibt es EU-weite Auflagen, nach denen Zoos die Tiere ihren biologischen Bedürfnissen entsprechend halten müssen. Doch die Frage, ob es ethisch vertretbar ist Tiere in Zoos zu halten, beantwortet keine Richtlinie - was denken Sie?