Blick auf eine Fischtheke in einem kleinen Laden. Hinter der Theke steht der Verkäufer mit einem Fisch in der Hand.
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Paul Lachenmeir, der "Weißfisch-Papst" aus Friedrichshafen in seinem Laden.

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Tschüss Forelle! Welche anderen regionalen Speisefische es gibt

Bayerns gängige Speisefische werden kleiner und seltener. Wer künftig regionalen Fisch essen will, könnte auf sogenannte Weißfische umsatteln. Sie haben einen schlechten Ruf, dabei lassen sich daraus leckere Gerichte zubereiten – wenn man weiß, wie.

Über dieses Thema berichtet: Notizbuch am .

Die Forelle gilt neuerdings als bedrohte Fischart. Die Felchenbestände am Bodensee werden mit einem Fangverbot geschützt und die Renken – das sind die Felchen, die im Chiemsee leben – sind deutlich kleiner als früher. Fischesser, die sich aus heimischen Gewässern bedienen wollen, brauchen also Alternativen.

Option Weißfische – Große Auswahl, viele Gräten

Zu den Weißfischen zählen zum Beispiel Karpfen, Brachsen, Rotaugen, Döbel, Schleien, Giebel und Barben. Ihr Fleisch ist schmackhaft. Was sie aber unbeliebt macht: Sie haben viele Zwischenmuskel-Gräten, die man kaum entfernen kann. Und bei den Karpfen kommt dazu: Das Vorurteil, sie würden moosig schmecken. "Und es ist so schwierig, das zu beseitigen", sagt Paul Lachenmeir, Berufsfischer am Bodensee.

Dabei würden nur die Karpfen moosig schmecken, die aus einem ungepflegten, schlammigen Teich kämen, der im Sommer bestimmte Braunalgen-Typen aufweise: "Das ist wirklich ungenießbar, so ein moosiger Hund", so Lachenmeir. Doch der Bodensee und viele andere Gewässer hätten eine sehr gute Wasserqualität und damit lauter Karpfen mit einem einwandfreien Geschmack.

Wie man die Gräten kleinkriegt

Das Grätenproblem der Weißfische muss man lösen, bevor der Fisch auf dem Teller liegt. Dafür gibt es drei Möglichkeiten:

  • Schröpfen: Mit einem frisch geschärften Messer macht man alle zwei bis drei Millimeter einen Schnitt senkrecht zur Wirbelsäule und fast bis zur Mitte vom Fischkörper. Damit bleibt der Fisch ganz, aber die Zwischenmuskel-Gräten sind in kleine Schnipsel zerteilt, die sich nach dem Braten zusammenziehen und nicht mehr spürbar sind.
  • Sauer einlegen: Wird der Fisch mit einer Säure, also Essig oder Zitronensaft mariniert, lösen sich die Gräten mit der Zeit auf. Das funktioniert zum Beispiel bei der Zubereitung als Brat- oder Bismarckhering, ebenso wie bei der Zubereitung als Ceviche.
  • Mit dem Fleischwolf: Lässt man die Filets der Weißfische durch den Fleischwolf, hat man "Hackfischfleisch". Die Gräten sind dann so klein, dass man sie nach dem Garen nicht mehr spürt.
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Geschröpfter Giebel

Die gute Nachricht: Weißfische werden erst mal nicht knapp

Die meisten Weißfische sind im Gegensatz zu Forellen und Renken widerstandsfähiger gegen den Klimawandel, sie fühlen sich auch im wärmeren Wasser wohl. "Die sind deutlich weniger anspruchsvoll an die Wasserqualität, also was Sauerstoff betrifft", erläutert Michael Schubert vom Institut für Fischerei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Starnberg. Die Weißfisch-Bestände hätten zwar auch abgenommen, weil die Gewässer nicht mehr so nährstoffreich sind wie in den 1980er und 1990er Jahren. "Aber man muss keine Angst haben, dass Weißfische jetzt irgendwie bedroht sind", so Schubert.

Karpfen-Sushi und Rotaugen-Matjes

Bodenseefischer Paul Lachenmeir aus Friedrichshafen hat nicht nur frische Weißfische im Sortiment, er bietet auch Weißfisch-Convenience-Produkte an, die er selbst zubereitet: Sushi mit Fleisch vom grätenfreien Bauchlappen des Karpfens, Rotaugen als Bratheringe, Weißfisch-Matjes aus Rotaugen oder Karpfen, Räucherfischcreme aus Brachsen und Fischpflanzerl aus Rotaugen, Brachsen und Karpfen zum Beispiel. Die Zubereitung ist viel Aufwand.

Doch wer den Verbrauchern zeigen will, dass Weißfische ein Genuss sein können, muss sich ins Zeug legen und einen langen Atem haben, so auch die Einschätzung von Michael Schubert vom Institut für Fischerei in Starnberg.

Weißfisch für Einsteiger

Auch die Initiative "Slow Food" macht sich für die Weißfische stark. Die Slow-Food-Gruppe Niederbayern hat beispielsweise vor zwei Jahren in Kelheim einen Weißfisch-Tag veranstaltet, um das Image von Karpfen, Brachsen und Döbeln zu verbessern. Denn beispielsweise in der Donau gäbe es große Mengen Weißfische für eine nachhaltige Ernährung, so Georg Flingelli, einer der niederbayerischen Slow-Food-Sprecher: "Aber wenn die Nachfrage nicht da ist, und wenn das Wissen um die Weiterverarbeitung nicht da ist, dann wird es nicht mehr gemacht."

Der Hobbyangler schröpft die Schleien, Barben und Brachsen, die er fängt und bereitet sie dann zu. Die einfachere Vorgehensweise: Die Weißfische filetieren und durch den Fleischwolf lassen, "das schafft wirklich jede und jeder". Und dann Fischwürste oder Fischpflanzerl rausbacken, "was ganz Köstliches, mit Kartoffel-Gurkensalat zum Beispiel".

Rotaugen und Karpfen auf der Speisekarte

Einige bayerische Slow-Food-Gruppen versuchen, Wirte dafür zu gewinnen, dass sie Weißfischgerichte anbieten. Weißfisch in die Wirtschaften – das ist auch die Strategie bei den Rotaugenwochen, die heuer im April zum fünften Mal am bayerischen Bodensee stattfinden. "Da kommen die Leute von weiß der Teufel woher, von Österreich, von der Schweiz rüber zum bayerischen Bodensee", berichtet Weißfischer Paul Lachenmeir. Das hätte man sich vor 15 Jahren überhaupt nicht vorstellen können, damals habe man gedacht, Rotaugen seien nur was für Pinguine, freut sich der Bodenseefischer.

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