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Medien im Bürgerkrieg Wie Korrespondenten über Syrien berichten

Die Lage in Aleppo wird immer unübersichtlicher. Über Social Media Kanäle verbreiten sich sehr widersprüchliche Meldungen aus der syrischen Großstadt. Wie behalten diejenigen den Überblick, von denen wir eine Einordnung erwarten?

Von: Pia Dyckmans

Stand: 09.08.2016 | Archiv

Rauch über den Gebäuden im Saif al Dawle Bezirk in Aleppo Syrien | Bild: picture alliance

Wer bei YouTube oder Twitter nach Aleppo sucht, der findet Bilder und Videos, die wie Egoshooter Spiele wirken. Aber die kommen nicht aus einem Computerspiel, sondern sind Realität. Aber wer bombardiert da eigentlich wen?

Seit vergangener Woche sind die Kämpfe wieder heftiger geworden. Am Wochenende gab es innerhalb einer halben Stunde fast 500 Tweets. Aber auch wenn man sie alle liest - schlauer ist man hinterher nicht wirklich:

Und mitten in das ganze Chaos twittert der Schweizer Tagesanzeiger:

"Wir haben den Überblick"

Eigentlich sind Korrespondenten eine sichere Quelle, wenn es um Nachrichten aus dem Ausland geht. Sie sind normalerweise vor Ort, sprechen mit den Leuten und können die Lage einschätzen. Normalerweise.

Aber Aleppo ist schon lange kein Normalfall mehr. Es gibt viele Meldungen, dass in der strategisch wichtigen Stadt Rebellen und knapp tausende Zivilisten eingekesselt sind. Demnach will Assad die Rebellen mit Hilfe der Russen aushungern, um die Stadt zurückzuerobern. Es gibt Bilder, wie Kinder im eingekesselten Teil der Stadt Autoreifen anzünden, damit das Militär von Assad und das russische Militär bei Luftangriffen nichts mehr sehen können. Am Wochenende meldeten die Rebellen, sie hätten den Belagerungsring durchbrochen. Aber klar bestätigt werden können diese Information nicht. Wie so oft, wenn es um den Bürgerkrieg in Syrien geht.

Ende vergangenen Jahres waren westliche Korrespondenten zum letzten Mal in der Stadt. Kämpfe, Luftangriffe und die fehlende medizinische Versorgung machen die Lage in Aleppo zu gefährlich. Björn Blaschke berichtet für die ARD über Syrien, sitzt aber knapp 1.500 km entfernt in Kairo. Er war selbst schon oft in Syrien und kennt da viele Leute. Trotzdem hat auch erkeine 100-prozentig sicheren Infos. „Wir stochern sehr häufig im dicken Nebel“, gibt er zu. Grundsätzlich vertraut er keinem, jede Information ist erst einmal nicht sicher, denn es gibt immer eine andere Seite, die der Information wiederspricht.

Trotzdem versucht er so nah wie möglich an die Wahrheit heranzukommen, indem er verschiedene Quellen nutzt: Nachrichtenagenturen, Internetvideos, Twitter und eigene Kontakte.

"Ich bin früher viel in Syrien gewesen und ich war auch viel im Irak unterwegs. Daher kenne ich Leute, die ich auch jetzt noch anrufen und fragen kann: 'Du kennst doch den...' oder 'Kannst du dort mal nachfragen?'. Wir haben auch eine Zweigstelle in Beirut, die hat noch andere Möglichkeiten, weil Beirut im Libanon sehr nah an Syrien liegt. So haben wir verschiedene Möglichkeiten, um Informationen zu verifizieren."

Björn Blaschke, ARD-Korrespondent

Gerade weil es so schwer ist, Informationen zu überprüfen, geht Blaschke deswegen mit ihnen anders um als der normale Twitter User, obwohl er technisch auf demselben Stand ist. Bei Videos aus dem Netz versucht er zum Beispiel so viel Abstand wie möglich zum Material herzustellen.

"Wir haben die Aufgabe zu sagen: Es ist Filmmaterial im Internet aufgetaucht, aber wir wissen nicht, woher es kommt. Die Bilder zeigen dies oder jenes. Damit versuchen wir klar zu kommen und möglichst Abstand zu dem Material aufzubauen."

Björn Blaschke, ARD-Korrespondent

Ein weiterer Vorteil von Korrespondenten: Sie arbeiten im Team und haben zum Beispiel in Deutschland noch einen Pool von Journalisten, die ihre Berichte gegenchecken und die versuchen, logische Zusammenhänge in den Berichtenzu rekonstruieren. Die genaue Situation in Aleppo und dem ganzen syrischen Bürgerkrieg kennt aber gerade niemand. Sich nicht nur auf eine Quelle wie zum Beispiel Twitter oder YouTube festzulegen, bringt aber vielleicht ein wenig mehr Durchblick.


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