Trump-Effekt Warum Orwells "1984" auf dem ersten Platz der Amazon-Bestseller ist

Brexit, Trump, Terror und Überwachung: Es geht bergab mit der Welt. Auch im Roman "1984" von George Orwell herrscht Weltuntergangsstimmung. Der Klassiker landet nun auf dem ersten Platz der Amazon-Bestseller.

Von: Jenny Stern

Stand: 25.01.2017 | Archiv

Filmplakat von "1984" nach dem gleichnamigem Roman von George Orwell | Bild: picture-alliance/dpa

Winston Smith ist 39 Jahre alt und arbeitet im "Ministerium für Wahrheit" in London. Seine Aufgabe ist es, die Vergangenheit im Sinne der herrschenden Partei anzupassen und umzuschreiben. In seiner Wohnung hängt ein Bildschirm, den er nicht abstellen kann und der ihn ständig überwacht. Winston Smith lebt in einem totalitären Überwachungsstaat, er ist der Protagonist in George Orwells Weltuntergangsroman "1984". Geschrieben hat er den zwar schon vor fast 70 Jahren, nämlich 1948, doch viele Menschen halten ihn für realer denn je.

Anfang dieser Woche erschien der Roman zunächst in der automatisch erstellten Bestsellerliste auf Amazon, am Mittwoch kletterte er schließlich auf den ersten Platz. Auch der dystopische Zukunftsroman "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley war kurzzeitig vertreten. Darin wird eine Gesellschaft im Jahr 2540 beschrieben, die gemäß den Vorgaben einer herrschenden Klasse herangezüchtet und konditioniert wird.

Parallele zwischen Orwells "Neusprech" und Trumps "alternativen Fakten"

Als die Welt nach der Amtseinführung Donald Trumps am Freitag darüber stritt, ob das Event von einem Rekordpublikum verfolgt worden war oder nicht (das wurde es nachweislich nicht), brachte Trumps Beraterin Kellyanne Conway zum ersten Mal den Begriff der "alternativen Fakten" auf.

Das Netz reagierte prompt mit Vergleichen zu Orwells "1984", denn auch dort versucht die Staatspartei seinen Bewohnern eine neue "Wahrheit" und sogar Sprache aufzuzwängen. "Neusprech" erlaubt keine abweichenden Gedanken oder "schädliche" Begriffe. Das Wort Freiheit zum Beispiel wird einfach aus dem Wortschatz gestrichen. Die Sprache soll langfristig so vereinfacht werden, dass sie keinen Spielraum mehr für Andersdenkende bietet, sie könnten ihre Kritik dann einfach nicht mehr ausdrücken. Ganz abgesehen davon kontrolliert die "Gedankenpolizei" sowieso alles und unerwünschte Gedanken würde sie von Anfang an bekämpfen.

Inwieweit der Verkaufsanstieg des Klassikers etwas mit Trump und seinen "alternativen Fakten" zu tun hat, kann man natürlich nicht messen. Sicher ist aber, dass in dieser Woche 75.000 Exemplare gedruckt wurden. Eine deutlich höhere Zahl als sonst, zitiert CNNMoney einen Sprecher vom Verlag Penguin Books.

"1984" landete übrigens nicht zum ersten Mal auf Platz eins bei Amazon: Auch nachdem Edward Snowden über das Überwachungsprogramm der USA und die NSA ausgepackt hatte, stiegen die Verkaufszahlen immens.