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Ruhmeshalle Happy Mondays - Pills 'N' Thrills And Bellyaches

Wie fast jede legendäre Bandgeschichte hat auch die der Happy Mondays mit Drogen zu tun. Ende der 80er schafft die Band aus Manchester den Sound für eine Partygeneration. Hier gibt es keine Message, nur hemmungslosen Hedonismus.

Von: Felicia Reinstädt

Stand: 27.04.2012 | Archiv

Der englische Tänzer und Percussionist Bez der Popband Happy Mondays, aufgenommen im Jahre 1998 in Manchester, Großbritannien (ACHTUNG: Nur zu redaktioneller Verwendung). Foto: Martyn Goodacre +++(c) dpa - Report+++ | Bild: picture-alliance/ dpa

Vor ein paar Jahren hatten ein paar Freunde und ich einen Lieblingssport: Einmal im Jahr nach London fliegen und in den Second Hand Plattenläden CDs um die Wette kaufen. Unser Startpunkt: Der "Cheapo Cheapo", ein modriger Basement Store in Soho. Hier höre ich auch zum ersten Mal die Happy Mondays. Und bin verwirrt: Diese Band vereint alles, was ich an Musik zu dieser Zeit nicht mag. Funkige Gitarrenriffs, psychedelische Keyboardsounds, cheezy Disco-Samples und monotone Drum-Rhythmen. Dazu ein nur so hingerotzter Gesang. Und doch macht genau diese Kombination für mich plötzlich unglaublich Sinn.

Pills'N'Thrills und der Aufstieg der Rave-Bewegung

"Pills'N'Thrills And Bellyaches" ist das dritte Album der Happy Mondays. Und wie ich damals im Plattenladen, klauben sich auch die Mondays ihren Sound aus allen Ecken des Musikkosmos zusammen. Und treffen damit genau den Spirit jener neuen Partygeneration, die sich Ende der 80er von Manchester schnell über die ganze Insel ausbreitet. Die Party People tanzen in alten Fabrikhallen wie dem Haçienda zu den neuen Clubbeats aus Chicago und Ibiza, die Pille für die nicht enden wollende Party heißt Ecstacy, der Zeitgeist: hemmungsloser Hedonismus. Und in all dem sind die Happy Mondays ganz vorne mit dabei. Sie leben in jedem Atemzug das aus, was sie auf der Bühne predigen. Ihre Tourneen sind ein einzig wilder Drogen-, Sex- und Partytrip.

Man mag es kaum glauben, dass die Mondays an irgendeinem Punkt ihrer Karriere überhaupt physisch dazu fähig waren, etwas Großes zu Stande zu bringen. Aber sie haben es getan. Als klassische Rockformation kombinieren sie als Erste House mit Gitarrenmusik und beeinflussen damit auch maßgeblich andere Bands ihrer Zeit. Wie Primal Scream, The Farm oder The Charlatans.

Bellyaches und der Abstieg der Madchester-Szene

Happy Mondays - Pills 'N' Thrills And Bellyaches (Cover)

Was bei den Happy Mondays aus Zufall, Langeweile, Genialität oder einfach dank des richtigen Produzenten und der richtigen Substanzen entstanden ist, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Nach "Pills N' Thrills And Bellyaches" folgt jedenfalls der schnelle Absturz: Die Band fliegt für neue Aufnahmen auf die Bahamas, verhökert dort im Rausch das komplette Studio-Equipment und bietet zum Schluss ihrem Label Factory Records die Mastertapes zum Verkauf an. Für läppische 50 Pfund. Kurz darauf ist das Label pleite, die Mondays lösen sich im Chaos auf, die anderen Bands der Madchester-Szene werden schnell von den neuen Helden der Britpop-Szene abgelöst.

Auch ich habe inzwischen viele meiner Londoner Hamsterkäufe weiterverkauft. Die Happy Mondays allerdings habe ich behalten. Denn ihre Musik ist die Essenz der ganzen Ära, das Ergebnis einer langen Partynacht. Eben Pills, Thrills und der große Kater am Morgen danach.


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