Hubert Aiwanger sagte in der BR24 Wahlarena, Isar 2 habe 15 Prozent des bayerischen Stroms produziert. Es waren zwischen 12 und 18 Prozent.
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Hubert Aiwanger sagte in der BR24 Wahlarena, Isar 2 habe 15 Prozent des bayerischen Stroms produziert. Es waren zwischen 12 und 18 Prozent.

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Der Anteil des Atomkraftwerks Isar 2 an Bayerns Energiemix

Hubert Aiwanger sagte in der BR24 Wahlarena, dass das AKW Isar 2 dem bayerischen Stromix 15 Prozent des Energiemix eingebracht hat. Der #Faktenfuchs legt dar: Es waren zwischen 12 und 18 Prozent.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Wahlarena am .

Dieser Text ist Teil des Faktenchecks der BR24 Wahlarena vom 20.09.2023 mit Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und erstmals am 21.09.2023 erschienen. Den Artikel finden Sie hier.

Die Behauptung:

Hubert Aiwanger, Freie Wähler: "Zunächst mal war es in meinen Augen, obwohl ich kein Atomfetischist bin, ein Fehler, dass wir Isar 2 bei Landshut, das ist sogar in meinem Stimmkreis, jetzt vom Netz genommen haben. Das hat 15 Prozent des bayerischen Stroms erzeugt. Und wir hatten dort noch Brennstäbe, die liegen jetzt noch dort, die noch für vier Monate den Vollbetrieb gewährleisten hätten können, wir hätten den jetzigen Winter noch mit abdecken können, hätten viel Fracking-Gas sparen können."

Richtig oder falsch?

Größtenteils richtig. Bei der Prozentzahl, die laut Hubert Aiwanger den Anteil von Isar 2 an der bayerischen Stromerzeugung angibt, liegt er um drei Prozentpunkte falsch.

(Wir prüfen nicht die politische Einschätzung, ob die Abschaltung von Isar 2 ein Fehler war oder nicht, sondern die überprüfbaren Tatsachenbehauptungen.)

Die Fakten:

Laut Betreiber produzierte das Kernkraftwerk Isar 2, das seit der Nacht zum 16. April 2023 abgeschaltet ist, im Jahr rund 11 Terawattstunden Strom und somit jedes Jahr rund zwölf Prozent des gesamten bayerischen Stroms. Damit lag Aiwanger in der Wahlarena um drei Prozentpunkte zu hoch. Diese Aussage des Betreibers trifft bis 2021 zu. Ab 2022 stieg der Anteil, den Isar 2 an der Bruttostromerzeugung hatte, auf rund 18 Prozent, weil das AKW Gundremmingen zum Jahreswechsel 2021/2022 abgeschaltet wurde. Dazu unten mehr.

Isar 2 und Grundremmingen sind abgeschaltet

Im Freistaat erzeugten die beiden Kernkraftwerke Isar 2 und Gundremmingen im Jahr 2021 zusammen 29,3 Prozent des produzierten Stroms. Das geht aus Daten des bayerischen Landesamtes für Statistik hervor, die auch das bayerische Wirtschaftsministerium veröffentlichte. Diese 29,3 Prozent entsprachen im Jahr 2021 23,5 Terawattstunden Strom.

"Für das Schätzjahr 2022 ist die Bruttostromerzeugung aus Kernenergie bekannt und wird gegenüber 2021 aufgrund der Abschaltung des KKW Gundremmingen um 11,22 TWh sinken", heißt es in der Energiedaten-Schätzbilanz des bayerischen Wirtschaftsministeriums. Insgesamt wurden in Bayern 2022 der Schätzung zufolge 68,24 Terawattstunden Strom hergestellt (endgültige Zahlen liegen immer erst mit Verzögerung vor).

  • Alle aktuellen #Faktenfuchs-Artikel finden Sie hier.

2022 produzierte das AKW Isar 2 18 Prozent des bayerischen Energiemixes

Von den im Jahr 2021 durch Kernkraft produzierten 23,5 Terawattstunden muss man also 11,22 Terawattstunden abziehen, die ab 2022, nach der Abschaltung von Gundremmingen, wegfielen. Mit dieser Rechnung kommt man auf die Menge des von Isar 2 produzierten Stroms im Jahr 2022 – dies sind 12,3 TWh.

Berechnet man daraus den Anteil am insgesamt in Bayern erzeugten Strom, ergibt sich für Kernenergie ein Anteil von 18,02 Prozent am bayerischen Strom für 2021, nur erbracht von Isar 2. Der davor übliche Anteil von etwa zwölf Prozent stieg auf diese rund 18 Prozent. Aber nicht, weil Isar 2 mehr produziert hätte, sondern weil die Gesamtstromerzeugung in absoluten Zahlen deutlich geringer wurde – durch die Abschaltung von Gundremmingen. Das bayerische Wirtschaftsministerium bestätigte dem #Faktenfuchs nach der Wahlarena diese Rechnung.

Betreiber von Isar 2 äußert sich nicht zu "Gedankenspielen"

Zu den Brennstäben: Der Betreiber von Isar 2, PreussenElektra, hatte im vergangenen Jahr dem BR bestätigt, dass die alten Brennelemente noch für eine kurze Laufzeitverlängerung bis März des folgenden Jahres ausreichen würden, wenn man die Leistung des Atomreaktors drossle. Derzeit aber will sich Preussen-Elektra "zu Gedankenspielen über einen Weiterbetrieb von Isar 2 nicht äußern", wie eine Sprecherin dem #Faktenfuchs in einer Mail schrieb. Die Brennelemente seien zwischenzeitlich in das Brennelement-Lagerbecken gestellt worden, darüber hinaus bereite der Betreiber den Rückbau der Anlage vor.

Um den von CSU und Freien Wählern vorgeschlagenen Weiterbetrieb von Isar 2 hatte es eine Debatte gegeben.

Der TÜV Süd hatte im April 2022 in einem vom bayerischen Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Papier (eine Zusammenfassung findet sich auf der Seite des Umweltministeriums) geschrieben, dass er keine sicherheitstechnischen Bedenken gegen einen Weiterbetrieb von Isar 2 über das Jahresende hinaus habe. Aus dem von den Grünen geführten Bundesumweltministerium (BMUV) kam Kritik an dem Papier. Es genüge den atomrechtlichen Erfordernissen nicht und sei "kein Gutachten", schrieb das BMUV damals. Auch Greenpeace und die bayerische SPD kritisierten das TÜV-Schreiben.

Laut Medienberichten hatte die TÜV-Bewertung ergeben, dass mit den vorhandenen Brennstäben ein Weiterbetrieb um einige Monate möglich gewesen wäre. Ob Isar 2 damit mehr Strom produziert hätte oder es lediglich die Zeit gestreckt hätte, in der es dieselbe Menge an Strom produziert hätte, war Gegenstand von Debatten.

Zum Fracking-Gas: Über die drei LNG-Terminals in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Lubmin kamen im ersten Halbjahr 2023 33,8 Terawattstunden der nach Deutschland importierten 526 Terawattstunden Gas. Das entspricht einem Anteil von 6,4 Prozent. LNG-Gas ist verflüssigtes Erdgas und kommt vor allem aus den USA nach Deutschland. In den USA wird es überwiegend durch Fracking gewonnen.

Gasverbrauch in Bayern nahm zuletzt ab

Der Gasverbrauch in Bayern allerdings ist zuletzt gesunken. Für das Schätzjahr 2022 werden laut der Energiebilanz deutliche Rückgänge beim Primärenergieverbrauch (IST) insbesondere bei Kernenergie und Erdgas erwartet (S.3; der Rückgang des Gasverbrauchs ist auch in der Grafik auf S. 4 des Papiers zu sehen).

Eine Aussage über den Gasverbrauch, speziell aus LNG-Erdgas ("Fracking-Gas"), im kommenden Winter ist derzeit noch nicht möglich.

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