Frau steht mit Kind auf dem Arm am Herd und kocht Nudeln.
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Vielen Berechtigten sind die Anträge zu komplex, sagt der Verband alleinerziehender Mütter und Väter. Die Kindergrundsicherung soll das ändern.

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Kinderarmut: Zwei Millionen Kinder auf Bürgergeld angewiesen

Zwar ist die Anzahl der Kinder, die die Grundsicherung benötigen, ähnlich hoch wie 2015. Doch die Zusammensetzung der Gruppe verschiebt sich: Wegen Kriegen und Krisen gibt es mehr ausländische arme Kinder, die Unterstützung zur Integration benötigen.

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Knapp zwei Millionen Kinder sind in Deutschland mit ihren Eltern so arm, dass sie auf Grundsicherung vom Staat angewiesen sind. Die Zahl ist ähnlich hoch wie bereits 2015. Das geht aus einer Auswertung der Bundesagentur für Arbeit hervor, über die die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet und die auch der Deutschen Presse-Agentur vorlag.

Fluchtmigration: Verhältnis bei Kinderarmut hat sich verschoben

Geändert hat sich in diesem Zeitraum das Verhältnis deutscher und ausländischer Kinder im Bürgergeldbezug. Denn durch Flucht kamen ähnlich viele Jungen und Mädchen neu nach Deutschland und ins Hilfesystem hinein, um Unterstützung zur Integration in die deutsche Gesellschaft zu erhalten.

Im März 2023 lebten der Auswertung zufolge insgesamt 1,03 Millionen Kinder deutscher Staatsangehörigkeit von Bürgergeld (früher Hartz IV), verglichen mit 1,57 Millionen im Jahr 2015. Im selben Zeitraum kamen Hunderttausende Kinder aus Kriegs und Krisenländern nach Deutschland: Mehr als 300.000 Kinder flohen vor den Zuständen in Syrien, Irak, Afghanistan und anderen Asylherkunftsländern, seit 2022 rund 270.000 vor dem Krieg in der Ukraine.

"Moralischer Fortschritt": Scholz lobt geplante Kindergrundsicherung

Über die Kindergrundsicherung wird seit Jahren diskutiert - die Bundesregierung will sie noch in ihrer Legislaturperiode einführen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht darin "einen großen, auch moralischen Fortschritt". "Wir wollen, dass es keine Kinderarmut in Deutschland mehr gibt", hatte Scholz bei der sogenannten Sommerpressekonferenz gesagt.

Für alle Kinder soll es einen Garantiebetrag in der Höhe des heutigen Kindergeldes geben. Darüber hinaus sollen Kinder aus ärmeren Familien Leistungen aus einer Hand zustehen, in der das heutige Bürgergeld, der Kinderzuschlag und möglicherweise auch Unterstützungen für Bildung und Freizeitaktivitäten zusammengefasst werden.

Zudem soll es leichter zugänglich sein - was dazu führen dürfte, dass mehr bedürftige Menschen die benötigte finanzielle Hilfe tatsächlich erhalten. Denn: Vielen Betroffenen ist die Antragsstellung etwa für den Kinderzuschlag zu kompliziert. Das bestätigt der Verband Alleinerziehender Mütter und Väter. Die Beantragung sei "in etwa so komplex wie eine Einkommensteuererklärung". Paus hält darüber hinaus auch Erhöhungen für erforderlich.

"Macht abhängiger vom Staat": Unionspolitiker warnt vor Erhöhungen

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Stracke (CSU), warnte die Ampel-Koalition in der "F.A.Z" davor, die Sozialleistungen zu erhöhen. Es bringe die Menschen nicht in den Arbeitsmarkt, sondern mache sie in Wahrheit abhängiger vom Staat.

Zugleich kritisierte Stracke die geplanten Kürzungen zulasten der Jobcenter. "Durch die Kürzungen erschwert die Ampel den Arbeitslosen den Schritt in den Arbeitsmarkt massiv", warnte er. "Sie erhöht damit das Armutsrisiko von Familien und lässt Kinder zurück." Nach dem Anfang Juli vom Bundeskabinett beschlossen Etatentwurf hätten die Jobcenter, die für das Bürgergeld zuständig sind, im kommenden Jahr insgesamt 400 Millionen Euro weniger für Fördermaßnahmen und Personal zur Verfügung.

Kinderarmut beenden? FDP-Politiker macht andere Vorschläge

Der FDP-Sozialpolitiker Jens Teutrine wandte sich ebenfalls gegen den Ansatz höherer Geldleistungen für Grundsicherungsbezieher. "Kinderarmut ist häufig die Folge von Erwerbsarmut der Eltern - immer nur die Geldsumme von Sozialleistungen zu erhöhen, löst diese Ursache allerdings nicht", sagte er. Wirksamer sei "alles, was zur Arbeitsmarktintegration der Eltern beiträgt, wie etwa eine verlässliche Kinderbetreuung, bessere Sprachförderung und gezielte Aus- und Weiterbildungen".

Mit Informationen von dpa, epd, AFP und KNA

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