Demokratie an der Uni Studierende in Bayern dürfen bald mehr mitreden

In Bayern haben Studierende relativ wenig zu sagen. Das will Wissenschaftsminister Bernd Sibler ändern. So viel mitreden dürfen wie in andern Bundesländern sollen sie aber nicht.

Von: Tobias Krone

Stand: 13.03.2019 | Archiv

Die Regeln für studentische Mitbestimmung an Unis in Bayern sollen geändert werden. | Bild: BR

Wer sich stark politisch für seine Mitstudierenden einsetzen will, hatte es in Bayern schwer. Denn so ein Engagement war bisher nur geduldet. Anders als in anderen Bundesländern haben gewählte Studierendenvertreter hier keinen klar geregelten Rechtsstatus, erklärt der Studierendenvertreter an der Hochschule München, Constantin Pittruff.

"Eine rechtsfähige Studierendenschaft hat die Möglichkeit, eigene Verträge einzugehen. Zum Beispiel bei der Verhandlung von Semestertickets. In Bayern haben wir die Situation, dass wir über die Studentenwerke Verträge eingehen - und wir als Studierenden gar nicht Unterzeichner des Vertrags sind. Man könnte sich das auch einfacher machen."

Constatin Pittruff, Sprecher der Landes-AStenkonferenz Bayern

Studentische Demokratie in Bayern: abgeschafft seit 1974

In allen anderen Bundesländern ist der AStA eine verfasste Studierendenschaft, eine Art eigene kleine Studiregierung, die nicht wie in Bayern vom Staat, sondern von den Studierenden direkt finanziert wird. Dadurch können sie mehr Geld einnehmen und teilweise auch unabhängige Unimedien oder eine eigene Sozialberatung finanzieren, manchmal auch einen günstigen Copyshop. Und natürlich wird heftig im Studierendenparlament diskutiert, wofür der AStA die Gelder ausgibt: Im Prinzip funktioniert so ein AStA wie eine Bundesregierung nur im Kleinen – Studierende lernen hier Demokratie: Wie man Anträge ausfüllt, wie man Haushaltspläne aufstellt und wie man Kompromisse mit politischen Gegnern schließt.

In Bayern hat ein CSU-Minister 1974 dieses System abgeschafft, um "den linken Sumpf auszutrocknen". Seitdem werden die ASten von den Hochschulen mehr oder weniger toleriert. Geschäftsfähig sind sie nicht und damit auch nicht unabhängig von der Univerwaltung.

Der neue Wissenschaftsminister will mehr studentische Mitbestimmung

Doch über den Studierendenparlamenten der Hochschulen und Unis in Bayern weht Frühlingsluft. Zumindest kann man das so interpretieren, wenn man Sätze wie diesen hört. "Studierende müssen querdenken dürfen!" Dass ein CSU-Minister Studis zum Querdenken aufruft, das ist neu. Aber Bernd Sibler will wohl wirklich mehr Möglichkeiten der Mitbestimmung für bayerische Studierende.

"Ich möchte den Akzent setzen, dass wir sie ein Stück ausbauen."

Wissenschaftsminister Bernd Sibler von der CSU

Was er konkret ändern will, soll aber erst im Herbst bekannt werden. Bis jetzt wissen wir nur: Er will die Mitbestimmung überhaupt mal gesetzlich verankern, wie in den anderen Bundesländern auch. Studierendenvertreter hoffen, dass sie damit in Zukunft auch bei Hochschulpolitik im Ministerium mitreden dürfen. So wie der Landesschülerrat. Der hat ein Anhörungs- und Empfehlungsrecht bei schulpolitischen Entscheidungen.

Auf der Wunschliste: Mitreden bei Wohnen und Mensaessen

Gerade treffen sich die bayerischen Studierendenvertreter mit dem neuen Minister, um möglichst viele ihrer Wünsche ins neue Hochschulgesetz zu verhandeln. Auf der Wunschliste stehen zum Beispiel ein*e studentische*r Vizepräsident*in an jeder Hochschule, die Themen der Studierenden ganz oben in der Chefetage vertritt. Auch beim Studierendenwerk wollen sie vertreten sein, um beim Thema Wohnen oder Mensaessen mitzureden. Außerdem wollen die Vertreter*innen Wahlen online durchführen – und dafür bräuchten sie mehr Geld. Mit dem neuen Minister sind sie bis jetzt zufrieden, denn der habe ein offenes Ohr für ihre Wünsche.

So demokratisch wie woanders wird Bayern nicht.

Klar ist aber schon jetzt: Auch Bernd Sibler ist von der CSU. Und die lehnt die Maximalforderung der Studierendenvertreter ab. Eine Verfasste Studierendenschaft wie in den anderen Bundesländern ist mit den bayerischen Konservativen nicht zu machen.

"Grund dafür ist die Zwangsmitgliedschaft, die mit diesem Modell verbunden ist. Wir wollen keine Systeme fördern, wo junge Menschen dabeisein müssen, und Abgaben oder Beiträge zahlen müssen."

Wissenschaftsminister Bernd Sibler von der CSU

Bei diesem Argument schüttelt Studierendenvertreter Constantin Pittruff den Kopf. „Eine Zwangsmitgliedschaft von allen Studis an einer Hochschule ist für uns nicht zwingend erforderlich.“ In Sachsen zum Beispiel gibt es ein Opt-Out-Modell, bei dem, wer den AStA nicht unterstützen will, auch nicht dafür zahlen muss.

Sendung: Filter, 12. März 2019, ab 16 Uhr