Kraftwerk mit rauchenden Schloten vor Sonnenaufgang.
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Braunkohle ist der klimaschädlichste Energieträger. Auf eine Tonne verfeuerte Rohbraunkohle kommt eine Tonne des Treibhausgases Kohlendioxid.

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CO2-Bilanz 2022: Das globale Kohlendioxid-Budget

Neueste Daten zu CO2-Emissionen zeigen: Der weltweite Ausstoß wird 2022 einen neuen Peak erreichen. Ergebnisse, die wohl auch beim aktuellen Klimagipfel COP27 aufgegriffen werden dürften.

Das "Global Carbon Project" hat unter Beteiligung von 105 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 18 Ländern die Trends der globalen Kohlendioxidemissionen für das Jahr 2022 vorgestellt. Dabei geht es nur um den Kohlenstoffdioxidausstoß, nicht um andere Äquivalente wie beispielsweise das Treibhausgas Methan.

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Im aktuellen Kalenderjahr werden die fossilen CO2-Emissionen mit 36,6 Milliarden Tonnen wohl leicht über dem Niveau von 2019 und 2021 (36,4 Milliarden Tonnen) liegen und damit einen neuen Höhepunkt erreichen (im ersten Jahr der Corona-Pandemie 2020 war der Ausstoß um etwa fünf Prozent gesunken). Die Anstiegsrate für 2022 liegt bei etwa einem Prozent. Zum Vergleich: In den 2000er-Jahren war diese bei etwa drei Prozent gelegen, während sie in den 2010er-Jahren nur noch 0,5 Prozent betrug.

Kohlendioxid-Emissionen: Die größten CO2-Verursacher

In Europa werden die CO2-Emissionen 2022 im Vergleich zu 2021 wohl um 0,8 Prozent zurückgehen. Auch in China fällt der Ausstoß, unter anderem aufgrund der strengen Corona-Maßnahmen, leicht um 0,9 Prozent. In den Vereinigten Staaten (1,5 Prozent) und vor allem in Indien steigen die Emissionen voraussichtlich um sechs Prozent. Wichtig anzumerken ist hier aber, dass die Emissionen pro Kopf in Indien immer noch nur ein Drittel der Pro-Kopf-Emissionen in der EU betragen.

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Entwicklung der fossilen CO2-Emissionen nach Ländern

CO2-Ausstoß 2022: Ein neuer Kohle-Peak ist erreicht

Die Klimawissenschaftlerin Dr. Judith Hauck vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) hebt für 2022 besonders den Kohle-Anteil an den CO2-Emissionen hervor: "Es wurde lange davon ausgegangen, dass wir den Peak an CO2-Emissionen aus Kohleverbrennung schon überschritten hätten. Aber das Jahr 2022 könnte hier ein neuer Höchststand sein." Die Daten der Forschenden zeigen diesbezüglich eine Zunahme von einem Prozent gegenüber 2021. Prof. Dr. Jan Christoph Minx, Leiter der Forschungsgruppe Angewandte Nachhaltigkeitsforschung, beschreibt das als besonders besorgniserregend: "Wir stecken immer noch im fossilen Zeitalter fest.

Blick in die Zukunft: So steht es um das CO2-Budget

Weiter verringert hat sich unser Kohlenstoffbudget, mit dem es möglich wäre, unsere Klimaziele noch zu erreichen - und das mit einer gerade mal 50-prozentigen Chance: Laut dem neuen Bericht des Global Carbon Projects bleiben in etwa 380 Milliarden Tonnen für das 1,5-Grad-Ziel, 730 Milliarden Tonnen für das 1,7-Grad-Ziel und 1.230 Milliarden Tonnen für das 2-Grad-Ziel. Für das 1,5-Grad-Ziel wäre ein jährlicher Einschnitt von 1,4 Milliarden Tonnen CO2 nötig. Das entspricht ungefähr dem, was im ersten Jahr der Corona-Pandemie eingespart wurde.

Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Expertenrates für Klimafragen (ERK)
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Deutschland wird seine Klimaziele verfehlen, warnt Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Expertenrates für Klimafragen.

Global Carbon Project: Den Kohlenstoffkreislauf erforschen

Das "Global Carbon Project" veröffentlicht die weltweiten CO2-Zahlen jährlich. Das internationale Forschungsprojekt der Initiative "Future Earth" hat sich der globalen Nachhaltigkeit verschrieben. Zentral dafür ist die Erforschung des Kohlenstoffkreislaufs. 2022 erscheint bereits die 17. Ausgabe des jährlichen Berichts. Schien es noch in den Jahren 2015 und 2016 so, als könnte der Peak der globalen Kohlenstoff-Emissionen bereits erreicht sein, zog der CO2-Ausstoß auch in den darauffolgenden Jahren weiter an. Nur das erste Jahr der Corona-Pandemie bot unserem Klima einen Moment zum Durchatmen und die fossilen Kohlendioxid-Emissionen sanken im globalen Durchschnitt deutlich.

Folgen der CO2-Bilanz: Was wird auf dem Weltklimagipfel entschieden?

Der aktuelle Forschungsbericht dient nicht nur als Grundlage für weitere wissenschaftliche Arbeiten, ihm wird auch eine wichtige Rolle auf der politischen Bühne des Weltklimagipfels COP27 eingeräumt. Im ägyptischen Scharm el Scheich beraten bis zum 18. November knapp 200 Staaten darüber, wie der Klimawandel noch aufzuhalten ist. Besonders die Unterstützung von Entwicklungs- und Schwellenländern durch die Industriestaaten, die in erster Linie den jahrzehntelangen CO2-Ausstoß verursacht haben, sollen bei dem Gipfel in den Fokus geraten. Auf der Agenda steht außerdem die Einhaltung des Paris-Protokolls von 2015 und das damit einhergehende Ziel, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad über der globalen Durchschnittstemperatur aus vorindustriellen Zeiten zu halten.

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Für eine Beurteilung der aktuellen Lage sind deshalb die Daten des Global Carbon Project zentral. Sie machen eine Abschätzung möglich, wie viel Klimagase noch in die Atmosphäre geblasen werden dürfen, bevor die Ziele aus dem Abkommen von Paris nicht mehr umsetzbar sind. Bis zum Jahr 2030 müsste der weltweite Treibhausgasausstoß gegenüber 2019 halbiert werden, bis 2050 sollten die Emissionen auf Netto-Null runtergehen. Der Glaube an die Wirksamkeit von Weltklimakonferenzen jedenfalls ist in den letzten Jahren stark gesunken. Denn die zuletzt abgegebenen Absichtserklärungen reichen längst nicht mehr aus.

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